Erste Ergebnisse zur Ursache der hohen Anzahl toter Seehunde liegen immer noch nicht vor. Noch sollen die Ausmaße keine „dramatischen Dimensionen“ angenommen haben. Ein Grund könnte Parasiten sein.

Tönning. Tierärzte suchen weiter nach der Ursache für den Tod ungewöhnlich vieler Seehunde an der Westküste von Schleswig-Holstein. Bislang lägen keine Ergebnisse dazu vor, teilte der Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz am Freitag in Tönning mit. Sie würden für kommende Woche erwartet. Die Zahl der tot aufgefundenen Tiere stieg inzwischen auf 230.

Es würden auf den Nordseeinseln Sylt, Helgoland, Föhr und Amrum weiterhin schwer kranke und tote Seehunde gefunden, teilte die Naturschutzbehörde weiter mit. Etwa seit Anfang Oktober beobachteten die Experten dort vermehrt tote Tiere. Ihren Angaben zufolge ist die Häufung ungewöhnlich, hat bisher allerdings keine dramatischen Dimensionen. Die Untersuchungen sollen nun vor allem klären, ob Grippe- oder Staupeviren im Spiel sind.

Grippe-Erreger waren demnach schon im August bei mehr als 100 Seehunden nachgewiesen worden, die auf der dänischen Insel Anholt verendet waren. Staupeviren hatten 1998 und 2002 bei zwei verheerenden Epidemien einen Großteil der Seehundbestände in der Nordsee ausgelöscht, die sich danach aber wieder sehr gut erholten. Staupe ist ein masernähnlicher Erreger, der auch Hunde befällt.

Schuld am Seehundsterben könnten auch Parasiten sein, die die inneren Organe der Tiere befallen. So gab es 2009 in Schleswig-Holstein eine ungewöhnliche Häufung von Todesfällen bei jungen Seehunden. Mehr als 900 Tiere starben, das war vermutlich ein Großteil des damaligen Geburtsjahrgangs. Bei Obduktionen stießen Tierärzte häufig auf hochgradigen Lungenwurm-Befall. Die konkreten Ursachen für derartige Schwankungen der natürlichen Sterblichkeitsrate sind allerdings unklar.

Die Zahl der Seehunde in der Nordsee erreichte in den vergangenen Jahren neue Höchststände. 2013 lebten an den Küsten Deutschlands, Dänemarks und der Niederlande laut offiziellen Schätzungen knapp 40.000 Tiere. Etwa 12.00 hielten sich an den schleswig-holsteinischen Küsten auf. Zu Beginn der Seehund-Zählungen in den 1970er Jahren gab es im gesamten Wattenmeer nur noch rund 4000 Tiere. In Schleswig-Holstein halten sich die Tiere nahe der nordfriesischen Inseln und Helgolands auf. Dort rasten sie an Stränden und auf Sandbänken, wo sie im Sommer auch ihre Jungen zur Welt bringen.

Niedersachsen startet Kontrollflug auf der Suche nach toten Seehunden

An der Suche nach den Ursachen für das Seehundsterben in Schleswig-Holstein wollen sich auch Spezialisten aus Niedersachsen beteiligen. Neue Erkenntnisse soll am Samstag ein Kontrollflug entlang der niedersächsischen Nordseeküste bringen. Verendete Tiere sollten auf Viren oder andere Krankheitserreger untersucht werden, kündigte das Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Laves) in Oldenburg an. Anders als in Schleswig-Holstein gab es an der Küste zwischen Ems und Elbe aber bislang keine auffällige Häufung von toten Tieren.

„Es herrscht erhöhte Wachsamkeit“, sagte Laves-Sprecherin Hiltrud Schrandt. Hinweise auf Erkrankungen und ein größeres Seehundsterben lägen in Niedersachsen jedoch nicht vor.