Günther Fielmann hat die Branche der Augenoptiker revolutioniert und aus dem Nichts einen großen Handelskonzern geschaffen. Zum 75. Geburtstag denkt Fielmann an seine Nachfolge im Unternehmen.
Hamburg. Der Unternehmer Günther Fielmann hat Deutschland verändert. In nahezu jeder Fußgängerzone findet sich eine Filiale seiner Optik-Kette. Allein in Deutschland sind es ungefähr 580, dazu 100 Geschäfte im Ausland. Jede zweite Brille in Deutschland wird von Fielmann verkauft, 90 Prozent der Bevölkerung kennen das Unternehmen. Millionen Kunden tragen seine Produkte, mehr als 16 000 Mitarbeiter arbeiten für Fielmann. Am Mittwoch (17.9.) wird der Brillenkönig 75 Jahre alt. Er verzichtet auf öffentliche Ehrungen und feiert im kleinen, privaten Kreis.
Sein Imperium schuf der gebürtige Schleswig-Holsteiner aus dem Nichts. Nach einer unauffälligen Nachkriegsjugend, Optiker-Lehre und einem Berufsstart als Angestellter eröffnet Fielmann 1972 im Alter von 33 Jahren im niedersächsischen Cuxhaven sein erstes Geschäft. Das war so etwas wie der Urknall in der verschlafenen Optiker-Branche, die Innovationen desinteressiert gegenüberstand. Fielmann begnügt sich mit einer geringeren Marge, schaltet den Zwischenhandel aus, gibt den Kunden Garantien – der junge Unternehmer setzt auf strikte Kundenorientierung. „Der Kunde bist Du“, gibt Fielmann seinen Mitarbeitern als Motto auf den Weg.
In Kiel eröffnet Fielmann 1982 sein erstes Super-Center
Der endgültige Durchbruch kam 1981, als Fielmann den Krankenkassen die Kassenbrille abhandelte und durch eine Vielzahl von modernen Modellen ersetzte. „Bis dahin musste jeder Brillenträger den Nachweis seines geringen Einkommens auf der Nase tragen“, erinnert sich Fielmann. Kassenbrillen wurden erstattet, wer mehr wollte, musste zahlen – die traditionellen Optiker erreichten so Margen von bis zu 30 Prozent. In Kiel eröffnet Fielmann 1982 sein erstes Super-Center, ein Optik-Fachgeschäft neuer Dimension mit 7000 Brillen. In den achziger Jahren erreicht die Fielmann-Kette eine Dimension, in der nicht mehr jede große Neueröffnung den Bestand des Unternehmens bedroht. „In der Anfangsphase war es immer das gleiche Spiel. Wir ritten einmal über den Bodensee und zurück“, sagte Fielmann in einem NDR-Interview. „Wir haben immer wieder alles riskiert.“
Es folgt der Börsengang 1994 und die Expansion ins Ausland, die allerdings immer verhalten blieb und sich vor allem auf die Schweiz und Österreich fokussierte. Zeitweise hatte Fielmann größere Pläne in Europa, doch noch sieht er die Expansion in Deutschland nicht abgeschlossen. Zudem ist Fielmann vorsichtiger als in den Anfangsjahren. Das Unternehmen ist schuldenfrei, hoch liquide und zu mehr als 70 Prozent in Familienbesitz. Längst ist Fielmann nicht nur Händler und Handwerker, sondern auch Produzent von Brillen mit einem Produktionszentrum im brandenburgischen Rathenow. Als Ziel formuliert Fielmann, deutschlandweit je 100 000 Einwohner eine Niederlassung zu betreiben; da fehlen noch ungefähr 200.
Neben seinen unternehmerischen Erfolgen engagiert sich Fielmann als Öko-Landwirt. Mehr als 2300 Öko-Artikel sind im Hofladen von Hof Lüthjensee zu kaufen. Mit den Betrieben Hof Ritzenau und Gut Schierensee in Kiel, wo Fielmann auch wohnt, bewirtschaftet er mehr als 2000 Hektar in Schleswig-Holstein. Auch das Schloss Plön hat Fielmann gekauft und renoviert; dort werden Augenoptiker für die gesamte Branche ausgebildet. „Es gibt auch eine Welt neben der Augenoptik“, sagte er einmal der „Welt am Sonntag“. Fielmann spendet viel, für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Ökologie und Naturschutz. Er hat seine Mitarbeiter über Aktien am Unternehmen beteiligt und pflanzt für jeden von ihnen jedes Jahr einen Baum.
Bis 80 will er nicht Vorstandschef bleiben
In einem Alter, in dem Normalbürger schon seit zehn Jahren den Ruhestand genießen, macht sich auch Günther Fielmann Gedanken um die Nachfolge im Unternehmen. Bis 80 will er nicht Vorstandschef bleiben. Fielmann hat spät geheiratet, mit 48 Jahren. Die damals 19-jährige Studentin Heike Eggert, die sich als Brillen-Model in der Fielmann-Zentrale etwas dazuverdienen will, wird seine Ehefrau und bekommt die Kinder Marc (1989) und Sophie-Luise (1994). Die Verbindung hält zwölf Jahre.
„Mit meinen Kindern habe ich großes Glück“, sagte Fielmann dem Journalisten Harald Czycholl, der zum 75. Geburtstag ein Buch über den Brillenkönig veröffentlicht (Wachholtz-Verlag). Sein Sohn bereite sich nach seinem Studienabschluss an einer Elite-Universität auf eine größere Rolle im Unternehmen vor und werde die Zeit und Unterstützung bekommen, die er benötige. Auch die Tochter, die Psychologie studiert, sei für eine Aufgabe im Unternehmen prädestiniert.
In dem Buch gewährt Fielmann ungewohnt tiefe Einblicke in sein Seelenleben. „Das Leben auf dem Land hat mich geprägt“, sagt er in einem Gespräch. „Schon als Kind träumte ich von einem eigenen Bauernhof.“ Und wie passt dazu Fielmanns kleiner Ferrari-Fuhrpark? „Ein wenig Unvernunft steht jedem Menschen zu. Es ist einfach schön, in einem Ferrari schnell zu fahren.“