Über eine Internet-Seite wurden Wohnungen angeboten, die gar nicht existieren. Die Opfer zahlten jeweils Hunderte Euro an. Kurz vor der Abreise ist die Internet-Seite dann nicht mehr verfügbar.

Westerland. Die junge Familie aus dem Saarland, nennen wir sie Wagner, war voller Vorfreude, endlich einmal die berühmte Insel Sylt persönlich kennenzulernen. Kurzfristig hatten sie sich entschlossen, mit ihrem kleinen Sohn ein paar Tage auf dem Nordsee-Eiland zu verbringen. Und sie waren hocherfreut, dass sie schon schnell und unkompliziert die passende Wohnung gefunden hatten. Doch die Freude währte nicht lange.

Die Wagners haben, wie es heutzutage üblich ist, im Internet recherchiert. Sehr schnell landeten sie auf der Seite www.traum-wohnung.org. Die dort angebotenen Unterkünfte mit den klangvollen Namen „Schwalbennest“ oder „Robbenhöhle“ machten einen guten Eindruck: moderater Preis, nicht zu billig, aber für die Sommerferienzeit durchaus günstig. Kontakt mit dem Vermieter oder Vermittler hatten sie per E-Mail und sogar telefonisch. Zunächst jedenfalls. Sie bekamen einen täuschend echt aussehenden Mietvertrag zugeschickt, erledigten aus ihrer Sicht alle Formalitäten und – sie leisteten eine Anzahlung, in Höhe von mehreren Hundert Euro.

Kurz vor ihrer Abreise jedoch stellten die Wagners fest, dass die Internetseite nicht mehr erreichbar war. Dass E-Mails mit Fehlermeldung zurückkamen und unter der Telefonnummer sich nur noch ein Anrufbeantworter meldete. Die Wagners machten das, was heutzutage in solchen Fällen ebenfalls üblich ist: Sie wandten sich mit ihrem Problem an die Internetgemeinde und schilderten ihren Fall im „Küstenforum“. Dort gab es sehr schnell Hinweise, dass das Schicksal der Familie Wagner kein Einzelfall ist, dass sie offenbar hochprofessionellen Betrügern aufgesessen sind. Denn die angebotenen Wohnungen existieren nicht oder sind zumindest nicht zu vermieten.

Mehr als 20 Anzeigen sind bisher bei der Polizei eingegangen

So wie den Wagners ist es in den vergangenen Wochen zahlreichen Urlaubern gegangen, die über die Internetseite eine vermeintliche Ferienwohnung gebucht haben. „Bei uns sind etliche Strafanzeigen eingegangen“, sagt Kriminalhauptkommissar Ralf Stolle, Chef der Sylter Kripo. Am Mittwochnachmittag zählten die Beamten mehr als 20 Fälle. Die Polizisten schätzen den Schaden derzeit auf bis zu 40.000 Euro. „Das Ausmaß und der Umfang der Anzeigen sind noch nicht vollständig“, so der Kripo-Mann, „da immer noch weitere Anzeigen aus dem gesamten Bundesgebiet eintreffen.“

Mehr als einen Monat lang, so die Ermittler, war die Webseite mit den vermeintlichen Schnäppchen online. Vor wenigen Tagen wurde sie vom Netz genommen. „Sie wurde durch die Täter professionell gestaltet“, sagt Ralf Stolle. Eine Flensburger Telefonnummer auf der Seite sollte Vertrauen erwecken. Ferner waren die Mitarbeiter stets freundlich und informativ. „Doch die dort angegebenen Namen, Adressen und sonstigen Daten zu den Unterkünften existieren nach bisherigen Erkenntnissen nicht oder wurden aus irgendwelchen Adressverzeichnissen herausgenommen.“

Das zeigt auch das Beispiel der Familie Wagner, die bei Aufkommen des Verdachts selbst recherchiert hat. Sie riefen bei einem Hotel schräg gegenüber der vermeintlichen Ferienwohnung an und baten um Hilfe. Mitarbeiter klingelten unter der angegebenen Adresse und stellten fest, dass es sich um ein Privathaus handelte. Die Besitzer erzählten, dass schon ein paarmal Touristen bei ihnen vor der Tür standen und einziehen wollten.

Diese Fälle kennt auch Kristina Kreiss von der Sylt Tourismus-Service GmbH, die in den vergangenen Tagen mehrere Anrufe von Betrugsopfern bekommen hat. „Wir sind dann bemüht, Hilfestellungen bei der Suche nach alternativen Unterkünften zu geben und raten den Urlaubern, sich umgehend an die Kriminalpolizei zu wenden“, sagt Kreiss.

Diesen Tipp gibt auch Steffi Böhm, Bürgermeisterin von Kampen auf Sylt. „Es ist traurig, dass Menschen, die sich auf den Jahresurlaub freuen und dafür gespart haben, so etwas passiert“, sagt Böhm. Sie hofft, das die geprellten Touristen noch kurzfristig etwas auf Sylt bekommen haben.

... und wie Sie sich schützen können

Internetbetrüger werden immer professioneller. Umso schwieriger wird es für Online-Kunden, die Maschen der Kriminellen zu erkennen. „Einen hundertprozentigen Schutz gibt es deswegen nicht“, sagt Stefan Jung, Sprecher des Landeskriminalamtes in Kiel. Dennoch gibt es Tipps, die Urlauber bei Buchungen auf einem Online-Portal beachten sollten.

Woran kann ich erkennen, ob eine Internetseite seriös ist?

„Wir raten jedem, unbedingt zu überprüfen, ob die Internetseite ein Impressum hat“, sagt Kristina Kreiss vom Sylt Tourismus-Service. Stefan Jung vom LKA fügt hinzu: „Wichtig ist dabei, darauf zu achten, dass der Anbieter einen Sitz in Deutschland hat.“ Dann sollten Interessierte kontrollieren, ob es diesen Firmensitz tatsächlich gibt. Mit dem Namen des Inhabers oder Geschäftsführers sowie der Adresse lässt sich über Suchmaschinen herausfinden, ob diese Firma tatsächlich existiert. Eine weitere Möglichkeit ist laut Jung die Who-is-Abfrage im Internet. Auf den Internetseiten diverser Anbieter (zum Beispiel: www.denic.de oder www.whois2.org) lässt sich überprüfen, wo eine Internetadresse registriert ist. Beispielsweise ist die Website der Betrüger, die auf Sylt vermeintliche Ferienwohnungen anbieten, in Malaysia registriert. „Dann sollten bei jedem die Alarmglocken angehen“, so Jung.

Wie kann ich mich vergewissern, dass die Angebote real sind?

„Zunächst sollte man auf das Preis-Leistungs-Verhältnis achten“, so Jung. Sind die Preise deutlich niedriger als bei anderen Anbietern, sollte man stutzig werden. „Verdächtig ist auch, wenn ein Anbieter noch ganz viele Traumwohnungen auf Sylt zu moderaten Preisen anbietet, alle anderen Anbieter aber nichts mehr frei haben.“

„Zudem sollten man die Adresse der Ferienwohnung bei Suchmaschinen eingeben und beispielsweise über Google Maps gucken, ob es tatsächlich an der Adresse das Haus gibt“, sagt Jung. Ferner empfiehlt er die Recherche im Internet, ob es zu der Unterkunft Bewertungen von anderen Urlaubern gibt. „So könnte man auch erfahren, ob Betrüger hinter dem Angebot stecken. Denn negative Erfahrungen werden in der Regel sofort online veröffentlicht“, sagt LKA-Mann Stefan Jung.

Existieren noch keine Bewertungen, rät Jung, die örtliche Tourismus-Zentrale anzurufen und zu fragen, ob die Angebote seriös sind. „Die Mitarbeiter sind oft die Ersten, die von Betrugsopfern kontaktiert werden.“ Auch Nachfragen bei Vermittlungsagenturen oder Ferienhausverbänden könnten hilfreich sein.

Haben Urlauber eine Möglichkeit, ihr Geld zurückzubekommen?

Bei Überweisungen, wie im aktuellen Fall, nicht, bestätigt ein Sprecher der Hamburger Sparkasse: „Die Überweisung ist für den Empfänger eine Garantie, dass er das Geld bekommt. Eine Rückbuchung ist nicht möglich.“ Lediglich bei Lastschriftverfahren oder wenn Urlauber per Kreditkarte die Reise gebucht haben, kann der Betrag von der Bank zurückgebucht werden.