Zwei Menschen schweben nach Aufprall eines Ausflugsschiffes auf Anleger noch in Lebensgefahr. An Bord befanden sich auch mehrere Schulklassen. Das Schiff sollte nach Sylt weiterfahren.

Wittdün. Gegen 11 Uhr ist am Mittwoch im Wittdüner Hafen der Nordseeinsel Amrum im schleswig-holsteinischen Wattenmeer ein Fahrgastschiff der Firma Adler gegen einen Anleger gefahren. 27 Fahrgäste verletzten sich, sechs davon schwer. Zwei Personen schweben noch in Lebensgefahr. Sie mussten mit Hubschraubern in Krankenhäuser in Husum, Flensburg und Kiel transportiert werden.

„Nach den ersten Meldungen haben wir sehr schnell den Apparat hochgefahren“, sagt Wolfgang Boe, Pressesprecher der Wasserschutzpolizei Husum. „Sechs Hubschrauber wurden alarmiert und flogen auf die Insel.“ Auf dem Anleger wurde ein Notfallzentrum eingerichtet. Das noch schwimmende Schiff wurde evakuiert. Juliane Peter, Pressesprecherin der Adler-Reederei, rechnet mit einem Sachschaden in Höhe von 20.000 Euro.

Die Fähre war um 9.15 Uhr in Nordstrand gestartet und sollte nach zwei Zwischenstopps (Hallig Hooge und Amrum) um 11.50 Uhr in Hörnum auf Sylt festmachen. Doch beim Anlegen in Wittdün (Amrum) geschah es. Wegen eines Defekts bei der Motorsteuerung rammte das Schiff gegen 11 Uhr den Anleger. Passagiere wurden über das Deck geschleudert, Taschen und Koffern flogen durch die Luft – so schilderten Zeugen den Aufprall. „Es war Chaos, viele Verletzte, man lag übereinander“, sagte der Augenzeuge Hans-Peter Prings.

Nach der Havarie konnte man jedoch sehen, dass die Maschinen die Schiffsschrauben im Heckbereich drehten und das Wasser quirlten, sagt ein Augenzeuge. Was wirklich passiert war und ob die Version des Kapitäns stimmt, müssen jetzt Experten an Bord des Schiffes klären, sagt Boe. Der Kapitän habe beim Anlegemanöver im Hafen von Wittdün festgestellt, dass das Schiff nicht auf die Steuerbefehle reagiert. Die „Adler-Express“ sei mit einer Geschwindigkeit von rund acht Knoten (rund 15 km/h) gegen die Pier geprallt, erklärt der Husumer Polizeisprecher.

Der Kapitän rief: „Festhalten! Festhalten!“


An Bord des Ausflugsschiffs waren 234 Passagiere, darunter Kinder aus mehreren Schulkassen, viele Senioren sowie sechs Besatzungsmitglieder. Die knapp 42 Meter lange „Adler-Express“ knallte nach Aussagen eines Zeugen beim Anlegen „mit ziemlicher Wucht“ gegen den Anleger. Viele Passagiere konnten sich bei dem heftigen Aufprall nicht auf den Beinen halten und stürzten übereinander, sagte ein Zeuge.

Ein Passagier, der das Anlegemanöver von weit vorne im Bugbereich aus beobachten wollte, berichtete, dass der Kapitän kurz vor dem Unglück über Lautsprecher warnte. „Er rief noch: „Festhalten! Festhalten!“ - dann war es auch schon passiert“, sagte Hans-Peter Pringser: „Es war Chaos, viele Verletzte, man lag übereinander“, sagte er. Ihm selber sei nichts passiert. Viele Passagiere erlitten Prellungen und Schürfwunden. Viele hatten vor dem Aufprall bereits ihre Sitzplätze verlassen. Sie standen mit ihrem Gepäck an Deck und warteten, aussteigen zu können.

Für die Helfer gab es Großalarm. Sie waren anfangs mit sieben Rettungshubschraubern, einem Seenotrettungskreuzer sowie mehreren Notärzten und Rettungswagen vor Ort. Unterstützung gab es von Kräften der Bundespolizei und der Bundeswehr. Die Schwerverletzten wurden unverzüglich zu verschiedenen Krankenhäusern auf dem Festland gebracht.

Zurück blieben geschockte Passagiere. Die Reederei versprach: Wer sich nicht auf eigene Faust ein Ersatz-Schiff für die Weiterfahrt suchen könne, werde von einem anderen Adler-Schiff zurück nach Nordstrand gebracht.

Die „Adler-Express“ der Reederei Adler-Schiffe kann maximal 420 Passagiere mit einer Geschwindigkeit von 24 Knoten (rund 45 Kilometer pro Stunde) transportieren. Das Schiff wurde 1993 vom Stapel gelassen.