Die Kieler Woche wird zum Politikum: Am 20. Juni sollte eigentlich die russische Fregatte „Boiky“ einlaufen. Doch die Bundesregierung verweigert die Einlaufgenehmigung. Dies entzweit den Norden.

Im offiziellen Programm der Kieler Woche ist sie noch fester Bestandteil des Fördefestivals: Am 20. Juni ab 7 Uhr sollte die „Boiky“ mitsamt den anderen Gastschiffen im Kieler Hafen einlaufen und dort zehn Tage lang zu besichtigen sein. Daraus wird nichts. Die deutschen Behörden habe der im Jahr 2011 vom Stapel gelaufenen Korvette unter Verweis auf die Ukraine-Krise ein Einlaufverbot erteilt. Über die Sinnhaftigkeit dieser Maßnahme streitet jetzt die Kieler Politik.

Ministerpräsident Torsten Albig, zuletzt immer gut für starke Worte, wählt in dieser heiklen Sache die diplomatische Form der Kritik. „Die Kieler Woche ist nicht nur ein großes Fest des Segelsports, sondern auch der Völkerverständigung“, erklärte der SPD-Politiker auf Anfrage der „Welt“, „je mehr Nationen daran teilnehmen desto besser ist es“. Die Frage des Einlaufverbots sei aber nicht Sache der Landesregierung, sondern „Angelegenheit des Bundes“.

Die „Boiky“ mit ihrer rund 150-köpfigen Besatzung war zunächst von der Stadt Kiel als Veranstalterin der Kieler Woche zum Besuch des Hafen-Festes eingeladen worden. In der vergangenen Woche bestätigte die Marine dann, dass dem knapp 105 Meter langen Kriegsschiff der russischen Marine von den zuständigen Bundesministerien keine Einlaufgenehmigung erteilt wird. Diese Entscheidung, so ein Sprecher des Bundesverteidigungsministerium, stehe „im Kontext der aktuellen politischen Lage“. Grundlage dieser Bewertung ist ein Beschluss des Nato-Rats vom 1. April 2014, in dem die militärische und zivile Zusammenarbeit des Verteidigungsbündnisses mit Russland auf Eis gelegt wurde.

Kubicki: „grundfalsches“ Signal

Während die Kieler Staatskanzlei diplomatische Töne anschlug und die Bundesregierung nicht zu Revision dieser Entscheidung auffordern mochte, wurde die Kieler FDP-Fraktion weitaus deutlicher. Allen voran mal wieder Wolfgang Kubik, der auch stellvertretender Bundesvorsitzender seiner Partei ist.

Der Liberale forderte Ministerpräsident Albig auf, umgehend bei seinem Parteifreund, Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, zu intervenieren und auf eine Einlaufgenehmigung für die „Boiky“ zu drängen. Das Teilnahmeverbot, so Kubicki weiter, sei ein „grundfalsches“ Signal. Es sei „geradezu aberwitzig“, dass der deutsche Astronaut Alexander Gerst mit einer russischen Rakete zur Raumstation ISS fliegen dürfe, der Freundschaftsbesuch eines russischen Schiffes auf der Kieler Woche dagegen untersagt werde.

Außer Kubicki hatten sich zuvor auch der Kieler Stadtpräsident und hochrangige Vertreter der Evangelischen Kirche für die „Boiky“ eingesetzt. So forderte der Kieler Probst Thomas Lienau-Becker Außenminister Steinmeier (SPD) in einem Offenen Brief auf, die Teilnahme des russischen Schiffes an der Kieler Woche doch noch zu genehmigen. Durch das Einlaufverbot, so der Probst, werde „die kostbare Gelegenheit vertan, in einer politisch angespannten Zeit die Basis in den deutsch-russischen Beziehungen zu stärken“.

In diesem Fall nicht an der Seite ihres alten Koalitionspartners Kubicki findet sich die CDU-Fraktion im Kieler Landeshaus. Deren Sprecher Dirk Hundertmark findet das Einlaufverbot für die „Boiky“ zwar „bedauerlich“, betont aber zugleich, dass es nun mal ein Einlaufverbot von russischen Schiffen für die Häfen der Nato-Partner gäbe, an das sich Deutschland als Nato-Partner zu halten habe. „Das ist nun einmal so.“

Zur Kieler Woche lädt die Stadt Kiel traditionsgemäß auch ausländische Marineeinheiten an die Förde. In diesem Jahr werden unter anderem Kriegsschiffe aus Polen, den Niederlanden, Frankreich und Litauen erwartet. Auch ein internationaler Minenjagdverband der Nato hat sich angekündigt.