Im Sommer 2013 fiel in einem Wald bei Lübeck eine junge Frau einer brutalen Messerattacke zum Opfer. Nun ist der 46-jährige Angeklagte wegen Mordes zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden.

Schwerin. Sie wollte sich am Morgen nur sportlichen Schwung holen für den Tag, an dem ein Familienausflug in der alten Heimat geplant war. Doch als sich die 29 Jahre alte Frau, die zu Gast bei den Eltern in Lübeck war, im Juli 2013 von ihrem Sohn zum Joggen verabschiedete, war es ein Abschied für immer. Nach wenigen Kilometern lief sie ihrem Mörder fast in die Arme. Eine tragische Zufallsbegegnung. Der 46-Jährige stach der arglosen Läuferin mit einem Butterflymesser in den Hals. Es war Mord, entschieden die Richter am Schweriner Landgericht am Mittwoch und verurteilten den Mann aus Lübeck zu einer lebenslangen Haftstrafe.

Das Gericht folgte in seiner Urteilsbegründung der Argumentation der Staatsanwaltschaft und stellte auch die besondere Schwere der Schuld fest. Damit ist eine vorzeitige Entlassung nach 15 Jahren nicht möglich. Der Täter habe einem kleinen Kind die Mutter genommen. „Damit hat er schwere Schuld auf seine Schultern geladen“, sagte der Vorsitzende Richter Robert Piepel.

Zudem sah das Gericht mit Heimtücke und niederen Beweggründen gleich zwei Mordmerkmale als erfüllt an. Ein klares Motiv konnte das Gericht nicht erkennen, schloss aber sexuelle Absichten aus. Der Mann habe schon bei früheren Straftaten eine große Aggression gegen Frauen gezeigt. Er schlug und drillte seine vier eigenen Kinder, wie sich in dem über 14 Verhandlungstage dauernden Prozess herausstellte.

Der Staatsanwalt hatte in seinem Plädoyer von einem kaltblütigen Mord ohne jeden Anlass gesprochen. Der 46-Jährige, der das Opfer nicht kannte, habe am Tattag – womöglich aus Frust über sein eigenes Leben – „irgendeinen Menschen töten“ wollen. Die Verteidigung hingegen hatte verlangt, wegen gefährlicher Körperverletzung mit Todesfolge die Haftstrafe auf elfeinhalb Jahre zu begrenzen. Der Verteidiger ließ nach der Urteilsverkündung offen, ob er in Revision gehen wird.

Der Vertreter der Nebenkläger, Rechtsanwalt Henning Heintzenberg, zeigte sich „sehr zufrieden“ mit dem Urteil. Die Persönlichkeit des Opfers sei vom Richter „sehr gewürdigt“ worden, stellte er fest. Das sei nicht üblich bei Urteilsverkündungen, aber wichtig für die Angehörigen. Seine Mandanten – die Eltern, der italienische Ehemann sowie der zweijährige Sohn des Opfers – waren nicht im Saal zu sehen.

DNA-Spuren führten auf die Spur des 46-Jährigen

Der Fall hatte im vorigen Sommer in Norddeutschland für Bestürzung gesorgt und große Trauer ausgelöst. Die 29-Jährige wurde vor Gericht von Bekannten und Verwandten als lebensfroh, offen und herzlich beschrieben. „Ein wahrer Sonnenschein“, sagte Richter Piepel. Die junge Physiotherapeutin war mit ihrem Sohn in den Urlaub nach Lübeck gefahren. Die Stadt, in der sie aufwuchs, in der ihre Eltern lebten und mit der sie viele schöne Erinnerungen verband. Sie hatte in Italien geheiratet und dort auch eine neue Heimat gefunden. Das junge Paar war voller Pläne, der Umzug in die Schweiz und ein beruflicher Neustart dort standen bevor.

Ihr Mörder nahm das Urteil zur Kenntnis, wie er sich fast immer zeigte im Prozess: regungslos. Lange hatte der vorbestrafte Mann geschwiegen, sich kurz vor Ende dann aber doch überraschend zu der Tat bekannt. Er hatte sie allerdings als Unfall geschildert und gesagt, er habe nur jemanden verletzen wollen, um ins Gefängnis zu kommen, damit die Mutter seiner Kinder ihm nicht weiter die Verantwortung für den Nachwuchs aufbürden könne.

Dieser Version folgte das Gericht nicht. Das Geständnis sei „lebensfremd und unglaubhaft“. Er habe in voller Tötungsabsicht gehandelt und sich auch den Tatort – eine Lichtung nahe des ehemaligen Grenzstreifens östlich von Lübeck – bewusst ausgesucht. Auch ohne Geständnis sei die Beweislage erdrückend gewesen, sagte der Richter. DNA-Spuren am Tatmesser hatten wenige Tage nach dem Angriff auf die Spur des 46-Jährigen geführt. Der genetische Fingerabdruck war aus früheren Ermittlungen in den Datenbanken gespeichert.

Der Mann hatte kurz vor der Tat eine Umschulung zum Lageristen abgeschlossen und war auf Arbeitssuche. Er lebte von seiner langjährigen Lebensgefährtin getrennt. Zweimal bereits hatte er in den 80er Jahren Frauen überfallen und war dafür verurteilt worden. Eine Psychiaterin stellte eine Persönlichkeitsstörung bei dem Täter fest, verneinte aber eine verminderte Schuldfähigkeit. Die Gutachterin hält ihn jedoch auch in Zukunft für gefährlich für die Gesellschaft. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.