Koalition will Sparkassengesetz im Eilverfahren kippen, Glücksspielrecht ändern und ersten Haushalt durchbringen. Opposition sauer.

Kiel. Im Kieler Landtag werden die Wogen in dieser Woche noch höher schlagen als sonst. Mit der Änderung des Glücksspielrechts fast zeitgleich zu Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, einem „Gefahrenabwehrgesetz“ gegen einen Einstieg der Hamburger Haspa bei der Sparkasse Hohenwestedt und dem Landeshaushalt fallen von Mittwoch bis Freitag Entscheidungen, die es in sich haben und die Opposition auf die Zinnen treiben werden. Schon am Dienstag zogen CDU und FDP kräftig vom Leder.

Reizthema Nr. 1: Glücksspiel. Vor allem auf Druck von SPD-Fraktionschef Ralf Stegner will die Koalition endlich das CDU/FDP-Gesetz aufheben und den Beitritt zum Staatsvertrag der anderen 15 Länder beschließen. Der Vorgang hat zum Teil skurril wirkende Aspekte. So verbietet der Staatsvertrag Online-Poker und begrenzt die Zahl der Sportwetten-Lizenzen auf 20, während es im noch geltenden schwarz-gelben Landesgesetz kein Limit gibt. Auf dessen Basis wiederum hat das Innenministerium inzwischen nicht nur 13 Poker-Lizenzen erteilt, sondern auch 22 für Sportwetten, also schon mehr, als nach dem künftig geltenden Staatsvertrag zulässig sind. „Das ist ein Stück aus dem Tollhaus“, meinte FDP-Fraktionsvize Christopher Vogt zu der Situation.

Welche juristischen Folgen diese Konstellation haben wird, weiß wohl niemand. Verärgert sind CDU und FDP nicht nur darüber, dass die neue Koalition ihr Gesetz kassieren will, das im Gegensatz zum Staatsvertrag von der EU ohne Bedenken gebilligt wurde. Sie kritisieren das Bündnis aus SPD, Grünen und SSW auch dafür, dass es die Neuregelung am Donnerstag durchziehen will, fast zeitgleich zu Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zu dem ganzen Komplex. „Das ist ein Ritt auf der Rasierklinge“, sagte CDU-Glücksspielexperte Hans-Jörn Arp zum Vorgehen der Koalition.

Reizthema Nr. 2: Sparkassengesetz. Rot/Grün/Blau will mit einer Änderung des schwarz-gelben Gesetzes verhindern, dass die – nicht öffentlich-rechtliche – Haspa mit 25,1 Prozent bei der Sparkasse Hohenwestedt einsteigt. Laut SPD-Fraktionschef Stegner richtet sich das nicht gegen Sparkassen, die so ihre Eigenkapitalbasis stärken und sich somit für strengere internationale Vorgaben (Basel III) rüsten könnten. Es gehe vielmehr darum, die Gefahr der Privatisierung öffentlich-rechtlicher Sparkassen in ganz Deutschland auszuräumen.

Die Koalition will die Gesetzesänderung im Eilverfahren durchziehen, mit erster Lesung am Mittwoch und Abstimmung nach zweiter Lesung am Freitag. Für eine Anhörung bleibt demnach nur die Mittagspause am Donnerstag. FDP-Fraktionsvize Vogt rügte am Dienstag das Hauruck-Verfahren. Von einem Blindflug zulasten der Sparkassen sprach der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP, Heiner Garg.

Reizthema Nr. 3: Haushalt. Die Opposition wirft der Koalition vor, sie schlucke wieder das süße Gift der Verschuldung. Kredite in Höhe von 450 Millionen Euro sollen aufgenommen werden und damit deutlich mehr, als es 2012 waren. Wegen hoher Steuereinnahmen lag die Neuverschuldung womöglich – die Abschlusszahlen liegen noch nicht vor - unter 100 Millionen Euro, nachdem 941 Millionen eingeplant waren. Die Koalition macht mit dem Etat 2013 Kürzungen der schwarz-gelben Vorgänger zumindest teilweise rückgängig: Dänische Schulen, Blinde und Frauenhäuser bekommen wieder mehr Geld vom Land. Sie reserviert auch 380 000 Euro für den möglichen Aufbau eines Bio-Science-Centers in Mölln. Auf Basis einer Studie soll entschieden werden, ob das Land dafür Exponate aus einem schlecht laufenden Öko-Zentrum von Ex-Umweltminister Berndt Heydemann in Mecklenburg-Vorpommern kauft. Das von der Koalition heftig kritisierte Vorhaben ist auch in der Koalition umstritten.

CDU und FDP wollen mit eigenen Anträgen erreichen, dass die Neuverschuldung niedriger ausfällt, als von Rot/Grün/Blau geplant. Besonders ein 50-Millionen-Euro-Programm zur energetischen Gebäudesanierung stößt bei der Opposition auf Kritik. Die Altschulden des Landes werden auch 2013 den Haushalt enorm belasten: Fast eine Milliarde Euro müssen wieder nur für Zinsen aufgebracht werden – bei Ausgaben von insgesamt „nur“ 9,65 Milliarden.

Angesichts der drei Schwerpunktkomplexe verblassen die anderen Landtagsthemen in dieser Woche. Das Parlament befasst sich auch mit der Lage der Hochschulen, einem Landesprogramm gegen Rechtsextremismus, der Video-Überwachung an Bahnhöfen, mit Umweltfragen und der Finanzierung des Kita-Ausbaus.