Schleswig-Holsteins CDU-Landeschef de Jager bekam bei seiner Wiederwahl auf dem Parteitag eher mäßige Zustimmung.

Neumünster. Schleswig-Holsteins CDU-Landeschef Jost de Jager muss sich mit mäßigem Rückhalt in seiner Partei zufriedengeben. Der 47-Jährige erreichte bei seiner Wiederwahl nach CDU-Angaben 81,13 Prozent der Stimmen. 215 Delegierte stimmten beim Landesparteitag am Sonnabend in Neumünster für de Jager, 50 gegen ihn, acht enthielten sich. Ein „lupenreiner Aufbruch“ sei nicht gelungen, meinte der Landeschef zum Abschluss der Veranstaltung. Mit Blick nach Berlin versicherte de Jager aber: „Wir haben die Kurve gekriegt hier in Schleswig-Holstein. Wir schaffen das.“ Der Landeschef freute sich über SMS-Glückwünsche von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zur Wiederwahl und betonte: „Wir gucken nach vorn“.

De Jager hatte vorab auf eine Zustimmung von 80 bis 90 Prozent gehofft. Knapp sechs Monate nach der verlorenen Landtagswahl wollte er die Nord-CDU auf programmatische Erneuerung, Aufbruchstimmung und „Mannschaftsspiel“ einstimmen – auch angesichts der in 2013 anstehenden Kommunal- und Bundestagswahl. Die eher mäßige Zustimmung bei seiner Wiederwahl erklärte der CDU-Politiker unter anderem mit der Wahlniederlage der Union. Mit 30,8 Prozent hatte die CDU das schlechteste Ergebnis seit 1950 erzielt. Zudem verpasste de Jager den Einzug ins Parlament, weil die Landesliste nicht zum Tragen kam.

Ohne Mandat fehle ihm eine Plattform, hatte de Jager wiederholt gemahnt. Aber auch im Gerangel um eine Direktkandidatur zur Bundestagswahl konnte sich der CDU-Landeschef parteiintern nur knapp durchsetzen. „Es war auch ein hartes Jahr. Insofern ist das Ergebnis auch Teil des Zustands“, sagte de Jager. Laut CDU-Satzung werden die Enthaltungen bei der prozentualen Berechnung nicht mitberücksichtigt. Sonst hätte de Jager sogar die Marke von 80 Prozent verfehlt. 2011 hatte er noch ein Spitzenergebnis von 94 Prozent bekommen. Die Stimmung beim Landesparteitag nehme er aber so wahr, „dass wir den Aufbruch wollen“, sagte der CDU-Politiker.

In einer rund 45-minütigen Rede hatte der 47-Jährige seine Partei zu einer programmtischen Erneuerung aufgefordert. „Ich möchte heute das Signal des Aufbruchs senden. Wir sind wieder da. Und wir nehmen uns vor, die beiden Wahlen im kommenden Jahr zu gewinnen“, rief de Jager den Delegierten in seiner Rede zu, für die er minutenlangen Applaus erhielt. „Wir müssen zeigen, dass wir die Heimatpartei sind“, betonte de Jager und sparte mit Blick auf den bisherigen Kurs der Partei nicht mit Kritik. „Wir müssen uns thematisch breiter aufstellen.“ Die Union dürfe den Fokus nicht mehr so eng wie bisher auf die Finanz- und Wirtschaftspolitik richten.

Außerdem soll die Nord-CDU das Wählerpotenzial sowohl in Städten als auch ländlichen Regionen stärker mobilisieren. In den Städten gebe es besondere Themen wie etwa das Zusammenleben mit Migranten und Probleme in sozialen Brennpunkten. „Es fängt damit an, dass wir als CDU diese Probleme aufgreifen und benennen, was wir lange nicht getan haben“, gab de Jager zu.

Auch der frühere Landtagspräsident Torsten Geerdts (CDU) zog eine schonungslose Bilanz nach der Wahlniederlage – und forderte nachdrücklich zum Handeln auf. Die Nord-CDU habe in nur 20 von 55 Städten mit mehr als 10.000 Einwohnern die Mehrheit der Erst- und Zweitstimmen gewonnen. Von den größeren Städten sei dies nur bei zwei von zehn der Fall gewesen. Geerdts forderte, die Nord-CDU müsse sich auch mehr um jüngere Menschen und Frauen bemühen. „Im Kieler Landtag gibt es derzeit keinen CDU-Abgeordneten, der jünger als 40 Jahre ist“, kritisierte er.

Außerdem sei der niedrige Anteil von weiblichen Mitgliedern bei der Nord-CDU mit knapp 23 Prozent schlecht. Er forderte dazu auf, den Umgang mit Frauen in der Partei zu ändern. Oft bekämen sie „die schlechtesten Wahlkreise, die man sowieso nicht gewinnen kann.“ Geerdts, der nach Medienberichten ins Führungsteam der schleswig-holsteinischen CDU wechseln sollte, sagte am Rande des Parteitags, er bleibe Kreisvorsitzender von Neumünster. Zu Vorstandsambitionen wollte er sich nicht weiter äußern.

Das Führungsteam um de Jager wurde zum Teil erneuert. Katja Rathje-Hoffmann, Vorsitzende der Frauen-Union des Landes, sowie der Landeschef der Jungen Union (JU) Frederik Heinz wurden neu als Stellvertreter in den Landesvorstand gewählt. Die frühere Kieler Oberbürgermeisterin Angelika Volquartz und der frühere JU-Vorsitzende Rasmus Vöge hatten auf eine erneute Kandidatur verzichtet. Reimer Böge, Vize-Vorsitzender der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament, und der Bundestagsabgeordnete Ingbert Liebing blieben im Amt.

Mit ins Führungsteam kam auch Gert Meyer, CDU-Kandidat bei der jüngsten Kieler Oberbürgermeisterwahl. Er wurde als stellvertretender Schatzmeister gewählt. Meyer hatte das Rennen gegen die SPD-Kandidatin Susanne Gaschke zwar verloren, aber de Jager zufolge ein hervorragendes Ergebnis erzielt. Meyer steht für den Anspruch der Nord-CDU städtischer zu werden.

Mit Blick auf die Kommunal- und Bundestagswahl gab de Jager sich kämpferisch – und siegesgewiss gegenüber der politischen Konkurrenz. Mit der Koalition von SPD, Grünen und SSW ging er hart ins Gericht und sprach von einer „Küstennebel-Ampel“. De Jager kritisierte: „Viel Gerede aber wenig konkrete Handlungen. Das ist die Wahrheit über diese Regierung.“ In zwei Jahren solle die programmatische Erneuerung der Nord-CDU abgeschlossen sein und eine „Road Map“ vorliegen, meinte de Jager. Der Erfolg der Union hänge aber auch vom Teamgeist der Partei ab, betonte er. „Ich allein werde es nicht leisten können.“