Umfrage ergibt: Auf Deutschlands reichster Insel bringt Arbeit oft nicht einmal den Mindestlohn ein. Gewerkschaft klagt über unfaire Arbeitsbedingungen.
Sylt/Niebüll. Sylt ist nach Gewerkschaftseinschätzung eine Billiglohn-Insel. Auf der Insel der „Schönen und Reichen“ liegen die Arbeitslöhne zum Teil unter dem Bundesdurchschnitt, wie eine Umfrage des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) ergeben hat. „Auf Sylt arbeiten, heißt mehr Stress für weniger Geld“, sagte DGB-Geschäftsführerin Susanne Uhl am Mittwoch im nordfriesischen Niebüll.
Während die Handwerker auf Sylt in der Regel nach Tarif bezahlt werden, müssen sich 41 Prozent der übrigen Pendler mit weniger begnügen, wie die Umfrage ergab. In vielen Branchen werde nicht einmal der monatliche Mindestlohn von 1428 Euro Brutto für 168 Stunden Arbeit erreicht: Jeder vierte Pendler (26 Prozent) muss für weniger als 8,50 Euro pro Stunde arbeiten. „Ausgerechnet dort, wo sich Millionäre tummeln, werden überdurchschnittlich geringe Löhne gezahlt“, sagte Uhl.
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Mit ihren Umsätzen könnten die Sylter Betriebe das Fehlen fairer Löhne und humaner Arbeitsbedingungen nicht begründen, ergänzte Finn Petersen von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG): „Sylt ist wohl eher ein Ort, an dem Arbeitgeber sich besonders sicher fühlen, weil ihnen dort weniger Kunden kritisch auf die Finger gucken“, sagte Petersen.
Doch Sylt präsentiert sich nicht nur mit kleinen Löhnen. Auch der Arbeitsdruck auf der Promi-Insel nimmt „dramatisch zu“. Zwei von drei Beschäftigten fühlen sich in ihrem Job „sehr häufig oder oft“ gehetzt, ergab die Gewerkschafts-Umfrage. „Sie haben in der Urlaubswelt das Gefühl, in der gleichen Zeit immer mehr schaffen zu müssen“, sagte Uhl. Dazu kommen die Überstunden: 16 Prozent der Befragten müssen regelmäßig mehr als 15 Überstunden pro Woche machen. Das sind laut DGB fast doppel so viele wie im Bundesdurchschnitt (9 Prozent).
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Fazit der Gewerkschaftler ist, dass die Kontrollbehörden auf Sylt aktiver werden müssen. Die Gewerbeaufsicht, damit Arbeitszeiten und Gesundheitsschutz eingehalten werden, und den Zoll zur Überprüfung der Mindestlöhne beim Bau und der Gebäudereinigung.
Für seine Umfrage hatte der DGB in der dritten Augustwoche 402 Sylt-Pendler befragt. Die Ergebnisse würden nicht den Anspruch erheben, repräsentativ zu sein, würfen jedoch ein Schlaglicht auf die Themen, sagte DGB-Sprecher Günter Beling.
(dpa)