Wedel. Kunst mit maritimen Motiven: Wedeler feiert runden Geburtstag. Woher sich der bekannte Maler seine Inspiration holt – und was ihn nervt.
Der Künstler Ole West aus Wedel malt gern maritime Motive – wann wird er das erste Schiff im neuen Schulauer Hafen zeichnen können? Ein Grinsen und ein leicht höhnisches Lachen können sich West, der am Montag, 22. Mai, seinen 70. Geburtstag feiert, und seine Ehefrau Elke nicht verkneifen.
„Wohl gar nicht, auch wenn ich manchmal Science-Fiction-Bücher lese, die ebenfalls in ferner Zukunft spielen. Ich weiß es wirklich nicht, das kann ich nicht beantworten“, sagt West, der gern an der Mole im Hamburger Yachthafen unweit dieses Areals seiner großen Leidenschaft nachgeht.
Wedel: Künstler Ole West: Seit 70 Jahren in „Traumwelt“ abgetaucht
Die ersten Planungen für den neuen Schulaufer Hafen hatten 2008 begonnen. Während die Außenbereiche aktuell umgebaut werden, fehlt für das Hafenbecken selbst noch ein finales Konzept.
Dann flaniert Ole West eben an anderer Stelle entlang der Elbe. Ohnehin ist Kunst für ihn niemals ortsgebunden, seine Leidenschaft für das Malen besteht schon seit vielen Jahrzehnten. Das Maler-Gen ist in der Familie fest verankert.
Durch seinen Vater kam der Wedeler Ole West zum Malen
Zum Malen kam er durch seinen Vater, den Kunstmaler Gerhard West. Er sei „erblich vorbelastet“. Als Kind, Jugendlicher, Erwachsener – Ole West hat schon immer gezeichnet. Die Kunst habe ihn stets beschäftigt und glücklich gemacht. Niemand habe Druck ausgeübt, in die Fußstapfen des Vaters treten zu müssen. „Das kam einfach von innen und war nie geplant“, sagt der Wedeler.
Sein Vater siedelte nach dem Zweiten Weltkrieg im Jahr 1945 von Rostock nach Wedel über. Im Malerhaushalt gab es vieles, was das Künstlerherz begehrt – zumindest Papier und Stifte.
„Ich bin schon als Kind quasi abgetaucht in meine Traumwelt. In der Grundschule, sollten wir, daran erinnere ich mich genau, einen Verkehrsunfall malen. Ich habe zwei olle Segelschiffe zusammenstoßen lassen“, sagt er. Der trockene Kommentar seiner Frau: „Thema verfehlt.“
Ole West: Ohne meine Ehefrau hätte ich das alles nicht erleben können
Seine Grundschulzeit verbrachte West in der ABC-Schule, die mittlerweile Standort der kommunalen Musikschule ist.
Wenn Ole West schon gefühlt 70 Jahre in seiner Traumwelt lebt, muss seine Frau als Gegenpol doch der Realist in der Beziehung sein? „Absolut. Ohne Elke hätte ich das alles nicht erleben können.“ Seit 38 Jahren sind beide verheiratet.
Von 1975 bis 1979 studierte er dann an der Fachhochschule für Gestaltung in Hamburg – die Fachrichtungen waren Kinder- und Jugendbuchillustration und Malerei.
1984 zog das Ehepaar nach Norderney
„Wir sind 1984 nach Norderney gezogen. Da konnten wir noch lange nicht von der Kunst leben“, erinnert sich Elke West, seit 38 Jahren die Frau an seiner Seite. Sie war zuvor Erzieherin, ehe sie sich letztlich entschied, mit und für die Kunst ihres Ehemanns zu arbeiten – unter anderem als Verlegerin seiner Bücher.
Geld kam zu Beginn auf der ostfriesischen Nordseeinsel beispielsweise durch die Gestaltung von Speisekarten in die Haushaltskasse. Es gab zudem eine „gefühlte Sicherheit“, insgesamt vier gesunde Hände zu haben, die sonst auch durch ehrliche Arbeit für ein Einkommen hätten sorgen können.
West wollte zu jenem Zeitpunkt einfach „frei malen an der See.“ Den Schritt vom Festland auf die Insel inklusive eines entspannten Lebensgefühls, bereute lange niemand. Kam dann fast 25 Jahre später endgültig der Insel-Koller? „Nein, es war einfach an der Zeit für eine Veränderung“, sagt West über die Wedel-Rückkehr Ende 2008.
Die Kunstkarriere verlief typisch norddeutsch eher sutsche – also eher gemächlich, entspannt – es ging in kleinen Schritten aufwärts. „Es lief zu Beginn ganz langsam an und ist dann allmählich gewachsen. Uns geht es sehr gut, Wir sind sehr dankbar über unser Leben, das wir führen können“, sagt Ole West.
Ole West hat immer „unbändige Lust auf die Kunst“
Druck, Kunst zu schaffen, mache man sich selbst. „Ich glaube, jeder Künstler kennt diesen Schaffensdruck“, so der Wedeler. Produktiv ist er so gut wie immer, weil er einfach unbändige Lust auf die Kunst habe. „So eine echte Blockade gab es auch nie. Oder ich wollte sie nicht wahrhaben“, sagt West. Es komme extrem selten vor, dass er bemalte Blätter aus Unzufriedenheit wieder zerreißt, meint seine Ehefrau.
Das Ehepaar hat über all die Jahren das Reisen geliebt. Immer im Gepäck – Mal-Utensilien. Nur einmal nicht, als sie – mutmaßlich – in Skandinavien unterwegs waren. „Ich hatte ihm gesagt, ‘Mach mal Urlaub’ und nimm nichts mit. Das war eine ganz schlechte Idee, Das war der schlimmste Urlaub überhaupt. Ole hatte die ganze Zeit schlechte Laune“, erinnert sich Elke West an einen der wenigen nicht ganz so harmonischen Urlaube, die nicht mehr übermäßig präsent im Gedächtnis blieben.
Gemalt wird auch auf Reisen, unter anderem in der Antarktis, Grönland, Island, Irland, Schottland oder Kanada. Strand-Urlauber sind die Wests nicht. Eher auf der Suche nach Abenteuern in malerischen Landschaften, die erkundet werden wollen.
Immer dabei sind mindestens die Utensilien „Federtasche, viele Bleistifte, vor allem weiche, Deckweiß, mein Skizzenbuch, Buntstifte.“ Der maritime Einfluss seiner Bilder ist schon in frühen Tagen in Wedel entstanden. Zwei Leuchttürme seien etwa vom Wedeler Strandbad aus an der Elbe zu sehen.
Die Inspiration für die Kunst kommt durch den Alltag
„Wenn ich in den Alpen oder im Schwarzwald aufgewachsen wäre, hätte ich sicher andere Motive gewählt. Aber ich bin Norddeutscher durch und durch. Ich liebe das Meer, die Küste, den Strand und die Weite einfach“, sagt er.
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Woher holt Ole West sich die Inspiration für seine Bilder? „Da spielt wirklich alles rein, mit dem ich mich beschäftige. Das Reisen oder die Literatur etwa“, sagt West. Sein Kopf sei wie ein Würfelbecher – „und was dann am Ende rauskommt, ist Ole West“, meint seine Frau Elke.
Der Wedeler Maler macht sich permanent Gedanken über mögliche Motive
In all den Jahren sei es so gut wie nie vorgekommen, dass er nicht wisse, was er malen solle. Der bekannte Rabe, von West „Fusselvogel“ genannt, etwa entstand, nachdem er eine von einer Windböe erfasste Möwe beobachtet hatte. Gedanken macht er sich permanent.
„Eigentlich ist es immer so: es gibt zu wenig Zeit für zu viele Ideen“, so der bodenständige Künstler. Nervt das nicht auch manchmal? Ole West; „Ja, man muss mit dem Überfluss erst einmal klar kommen. Das ist manchmal nicht einfach.“
Neben der Kunst und dem Lesen beschäftigt sich Ole West auch mit seiner Gitarre oder hört Musik. Seine Sammlung besteht zu „80 Prozent aus Folk-Musik“. Ein Beispiel: Jerry Garcia. Der englischsprachige Blues der 1960er-Jahre hat es ihm besonders angetan, West bevorzugt die akustische Urform ohne übermäßig viel elektronisches Tam-Tam. Ein echter Norddeutscher braucht sowieso nicht so viel Gedöns.