Schenefeld. Der Reitstall in Schenefeld war eine Gastro-Institution, auch in Hamburgs Westen. Warum das Ehepaar Gnewuch aufhört – und wer folgt.
Mit einem Kellner und einer Küchenhilfe fingen Dörte und Heinz Peter Gnewuch im Januar 1974 in Schenefeld an. Im Lauf der Jahre baute das Ehepaar ein kleines Gastro-Imperium auf, führte vier Betriebe – darunter drei in Schenefeld. Das Flaggschiff war und blieb der Reitstall Klövensteen.
Und dort, wo die Gnewuchs anfingen, ist jetzt eine Ära zu Ende gegangen. Nach 49 Jahren haben beide Ende Februar ihr Stammlokal, das eine Institution im Hamburger Westen ist, aufgegeben. „Es ist viel Wehmut dabei. Aber irgendwann muss man aufhören“, sagt Heinz Peter Gnewuch.
Reitstall Klövensteen: NDR-Koch gibt sein beliebtes Restaurant ab
Bis zum 50. Jahrestag der Übernahme am 28. Januar 2024 durchzuhalten, war keine Option. „Das ist kein Bürojob, sondern harte körperliche Arbeit“, sagt Dörte Gnewuch. Sechs Tage die Woche hätten sie von morgens bis abends gearbeitet, maximal vier Wochen im Jahr Urlaub gemacht. Sie ist inzwischen 74, ebenso wie ihr Mann. „Irgendwann ist man ausgebrannt“, sagt er.
In sehr jungen Jahren – er war 19, sie 18 – haben sich beide im Dithmarscher Hof in Itzehoe kennen- und lieben gelernt. Beide waren Auszubildende, beide stammten aus Norddeutschland, die gemeinsame Küchenlehre schweißte zusammen. Mit 21 Jahren wurde Heinz Peter Gnewuch Küchenleiter im Ratskeller in Neumünster. „Der Chefkoch war verstorben, ich musste ins kalte Wasser springen.“
Schenefeld: Alle drei vorherigen Pächter gingen pleite
Er schulterte die Herausforderung, um wenig später eine noch größere anzupacken: den Reitstall Klövensteen. „Mein Schwiegervater hat dort die Pferde gemanagt und mich auf die Idee gebracht.“ Die Startvoraussetzungen waren alles andere als glänzend. „Alle drei vorherigen Pächter sind pleite gegangen. Eigentlich war das nicht mehr als ein Imbiss.“
Doch das sollte sich ändern. Die neuen Pächter packten an, die Karte wurde Schritt für Schritt erweitert. Neues kam dazu, altbewährtes erhielt einen neuen Namen. „Dann gab es den Klövensteentopf, der war vorher in Neumünster der Ratsherrntopf.“
Schenefeld: Selbst aus Blankenese kamen die Gäste
Das Konzept funktionierte. Die Gäste kamen in Scharen. Erst aus Schenefeld, dann aus den umliegenden Orten bis weit nach Hamburg hinein. Selbst aus dem noblen Blankenese zog es viele in das Lokal mit Blick in die Reithalle, wo sich bis nur behutsam etwas geändert hat.
Die Gnewuchs wohnten sechs Jahre lang über der Küche, ehe der Erfolg anderes möglich machte. Es ging 1980 in das erste eigene Haus in Schenefeld. Auch weitere gastronomische Standbeine kamen dazu. Die Restauration in der RCS SportWelt wurde übernommen. „32 Jahre waren wir dort, bis das abgebrannt ist.“
2000 kam das Hotel Klövensteen als Standbein dazu
Im Jahr 2000 kam das Hotel Kövensteen nach Vergrößerung, Verdoppelung der Kapazitäten und Aufwertung auf Vier Sterne dazu, das den Gnewuchs zur Hälfte gehört. Eine ihrer beiden Töchter führte lange Zeit das Vier-Sterne-Hotel, dessen Restaurant den Namen des Mitbesitzers trägt: Peters Bistro. Inzwischen werden Hotel und das dortige Restaurant vom Sohn des anderen Mitbesitzers geführt.
Die Gnewuchs haben sich zuletzt auf ihr Stammlokal konzentriert. Eben den Reitstall, mit dem alles begann. Dort kannten sie nahezu jeden Gast persönlich. 95 Prozent der Besucher waren und sind Stammgäste. Viele hielten den Gnewuchs jahrzehntelang die Treue, feierten dort all ihre Familienfeste, vererbten ihre Liebe zu dem Lokal quasi an die nachfolgende Generation.
Schenefeld: Zwei Mitarbeiter waren es zu Beginn, jetzt sind es 18
Über 18 Mitarbeiter verfügt der Reitstall Klövensteen heute. Viele halten dem Lokal ebenfalls über Jahrzehnte die Treue, nehmen teilweise lange Arbeitswege in Kauf. Personalprobleme gab es nie. Als in der Corona-Pandemie das Lokal achteinhalb Monate geschlossen war, stockten die Gnewuchs das Kurzarbeitergeld der Mitarbeiter kurzerhand aus der eigenen Tasche auf.
Der Herd des Reitstalls war für Heinz Peter Gnewuch ein Karrieresprungbrett. Er war nebenbei Fernsehkoch beim NDR, zeigte in mehr als 30 Sendungen seine (Koch)Kunst. Er schrieb diverse Kochbücher, verkaufte 65.000 Exemplare. Zehn Jahre lang war er Ausbildungswart beim Kreisverband des Hotel- und Gaststättenverbandes. Mehr als 200 Lehrlinge hat das Ehepaar über die Jahre ausgebildet.
Schenefeld: Dörte und Heinz Peter Gnewuch wollen jetzt viel reisen
Am Ende ihrer beruflichen Karriere sind beide nicht mehr nur Pächter des Reitstalls, sondern auch Mitbesitzer der gesamten Anlage. Was jetzt kommt? „Wir werden viel verreisen“, sagt Dörte Gnewuch. Doch Kreuzfahrten oder Weltreisen werden es nicht sein.
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„Der Norden ist auch schön“, sagen beide. Und wenn es mal nicht Büsum ist, dann Bayern. Am Ammersee wohnt eine der Töchter, der Enkel wird in diesem Jahr eingeschult. Die Gnewuchs können dabei sein – weil keine Arbeit mehr ruft.
Reitstall Klövensteen wird im März umgebaut, im April ist Wiedereröffnung
Bis zum Schluss haben beide Vollgas gegeben. Voriges Wochenende wurde an zwei Tagen Abschied gefeiert. Der Reitstall war noch einmal brechend voll. Am Dienstag war die Übergabe an ihre Nachfolger.
Wieder wird ein Ehepaar gemeinsam die Verantwortung tragen. Daniel (34) und Charlotte Ambratis (28), die sich während ihrer Tätigkeit auf dem Süllberg in Blankenese kennengelernt haben, lassen im März den Reitstall aufpolieren. Dann ist wegen Umbau geschlossen.
Anfang April ist Wiedereröffnung. Vieles wird wie immer sein. Auch die Mitarbeiter sind dann dieselben. Aber auch auf einige Neuheiten können sich die alten und neuen Gäste freuen.