Pinneberg. Mittelblocker Florian Krage hat in Rio mit dem deutschen Team das Ticket für die Olympischen Spiele gelöst. Wie sein Traum wahr wurde.
Ein wenig klein waren die Augen schon noch, und auch die Stimme klang noch etwas angekratzt. Aber das zufriedene Lächeln und seine gute Stimmung sprachen Bände darüber, wie sich Florian Krage nun einige Nächte nach seiner Rückkehr aus Brasilien fühlte. Kunststück, kein Jetlag der Welt hätte dem gebürtigen Pinneberger die Glücksgefühle madig machen können, die den Volleyball-Mittelblocker seit Tagen im Griff haben. Der einleuchtende Grund: Der 2,08 Meter große, schlanke Hüne hat mit dem deutschen Nationalteam ungeschlagen das Qualifikationsturnier in Brasilien gewonnen und gegen sieben andere Länder das Ticket für Olympia 2024 in Paris erspielt.
Volleyball Nationalspieler: Zum Turnierabschluss spielt Krage beim 3:0-Sieg über die Ukraine durch
Seinen persönlich ganz großen Tag hatte Krage zum Turnierabschluss. Gegen die Ukraine durfte er beim 25:17, 25:12, 25:13 von Beginn an durchspielen. „In den Spielen vorher bin ich zwar auch immer wieder eingewechselt worden, aber es lief so gut bei uns, und die Jungs der ersten Sechs hatten so gut durchgehalten, dass da kein Grund für Umstellungen bestanden hatte“, sagte Krage.
Der 26-Jährige machte aber deutlich, dass ein Teamsport – insbesondere gegen Weltklasse-Spitzenmannschaften wie Kuba, Brasilien oder Italien (jeweils 3:1 gewonnen) – auch abseits des Spielfelds stattfindet. „Wir auf der Bank haben in den Matches unsere Bestes gegeben, die Jungs lautstark auf dem Feld zu unterstützen“, sagte Krage, der von 2014 an seine ersten Volleyballjahre beim VfL Pinneberg bestritten hat. „Bei sieben Spielen in nur neun Tagen ist es dann kein Wunder, dass meine Stimme doch ein wenig gelitten hat.“
Während der Stippvisite beim Heimatverein VfL Pinneberg gibt es ein Glas Honig für den rauen Hals
Gegen den rauen Hals hatte VfL-Geschäftsführer Uwe Hönke genau das Richtige für den heimgekehrten Helden, der auf eine kleine Stippvisite bei seinem Heimatverein vorbeischaute. Zuvor hatte ihn schon eine kleine Sparten-Abordnung der VG Halstenbek-Pinneberg am Flughafen in Hamburg-Fuhlsbüttel in Empfang genommen.
Neben zwei VfL-Kaffeebechern („Ich trinke richtig gern und viel Kaffee.“) gab es für Krage ein Glas Honig aus den vereinseigenen Bienenstöcken am Fahltskamp. Nicht ganz ohne Gegenleistung – der 62-fache Nationalspieler „musste“ das Trikot mit seiner Nummer 18 unterschreiben, das Hönke bereits zu einem früheren Anlass bekommen hatte.
Die möglicherweise wichtigste Belohnung musste sich Florian Krage indes selber schenken. „Wir waren alle nach diesen knapp zwei Wochen komplett fertig; ich hätte einfach nicht in der Economy in den engen Reihen sitzen können und brauchte für mich unbedingt auf dem Rückflug ein Upgrade“, sagte der Mann mit den unfassbar langen Beinen.
Der Blockriese wollte für den elfstündigen Flug von Rio nach Amsterdam zumindest eine kleine Erleichterung. „Ich bin lediglich auf mehr Beinfreiheit gegangen, die Economy plus hat dann auch ,nur‘ etwas unter 300 Euro mehr gekostet, aber die Idee hatten noch einige Teamkameraden“, erzählte Krage schmunzelnd. „Da saßen dann vier Zwei-Meter-Leute nebeneinander in Sitzen, die dafür nicht so ganz ausgelegt waren. Aber da die letzten Nächte in Rio ohnehin kurz waren, ging das schon.“ Und nach zwei Nächten zu Hause und mehr oder weniger guten Ausschlafens („Der Jetlag hat es schon in sich.“) war dann das Gröbste überstanden.
Der wahr gewordene Traum ist Resultat einer stetigen Entwicklung von Florian Krage
Dass Florian Krage nun diesen Sportlertraum mit der Perspektive Olympia 2024 leben darf, das ist Konsequenz einer beständigen Weiterentwicklung des Pinnebergers aus dem Quellental. Nach fünf Jahren Jugendvolleyball beim VfL und ersten Auftritten des Mittelblockers im Herrenteam hatte sich Krage 2016 in den Fokus von Stefan Hübner, dem Trainer von Bundesligist SVG Lüneburg, vorgearbeitet. Krage: „Ich bin Stefan immer noch dankbar, dass er damals einfach den Mut hatte, einen jungen Hüpfer von 19 Jahren in sein Bundesligateam zu holen.“
Es folgten fünf Jahre bei der SVG und in der Salzstadt, die Krage parallel zum Bachelor-Studium des Wirtschaftsingenieurswesen an der Leuphana-Universität nutzte. Mit der nächsten sportlichen Etappe folgte auch auf dem Ausbildungsweg die nächste Entwicklungsstufe. Von 2021 an bis zum Sommer 2023 spielte Krage für den polnischen Erstligisten Cuprum Lubin. Die Zeit dort brachte nicht nur den beständigen Platz im deutschen Nationalkader. „Ich habe in den zwei Jahren dann auch den Masterabschluss für mein Studium vorangetrieben.“
Für die nächste Etappe geht es in Richtung Europas Süden, aber nicht alleine
Studium fertig, Olympiaqualifikation gespielt: Ein perfekter Zeitpunkt für eine weitere Zäsur in Florian Krages Volleyballkarriere. Die Spacers Toulouse sind die nächste Station für den Mittelblocker, der einer von vier Nichtfranzosen im Kader des Erstligisten sein wird. „Ich verspreche mir für mich eine Weiterentwicklung, auch wenn zuvor die polnische Liga wohl schon deutlich stärker als die französische ist“, sagte Krage. „Ich hoffe, dass ich nach zwei Jahren in Polen dort etwas mediterrane Lebensqualität mit Leistung kombinieren kann.“
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Der Pinneberger hat an diesem Freitag gemeinsam mit seiner Freundin die Autoreise nach Toulouse begonnen. „Kurz hinter Saarbrücken legen wir schon in Frankreich bei Verwandten eine Übernachtung ein, dann gehts weiter.“
Auch weiter Richtung Paris 2024 hoffentlich, wenn Krage denn schon in Frankreich ist. „Ich hoffe schon sehr, dass es für mich klappt. Allerdings dürfen nur zwölf Spieler, darunter drei Mittelblocker, ins olympische Dorf einziehen“, sagt Florian Krage und weiß, dass er jetzt für seinen Traum Olympia nicht nachlassen darf. „Wir sind vier Mittelblocker, und ich bin zurzeit die Nummer drei. Ich gebe mein Bestes, damit es klappt.“