Elmshorn. Elmshorner Paralympics-Schwimmerin gewinnt bei WM in Manchester drei Gold- und Silbermedaillen. Wie sie sich seit 2022 gesteigert hat.
Welch ein Willkommen. Als Tanja Scholz und ihr Mann Björn nach strapaziöser Heimreise aus Manchester endlich zur Tür ihres Elmshorner Hauses hereinkommen, da erwartet die paralympische Schwimmerin, die seit einem Reitunfall im Juni 2020 teilquerschnittsgelähmt ist, die wohl schönste Auszeichnung der zurückliegenden und überaus ereignisreichen Woche.
Schwimmen Paralympics: Für ihre Kinder ist Tanja Scholz die „Queen of Manchester“
Neben dem durch Omas Unterstützung liebevoll gedeckten Tisch mit einer Mahlzeit für eine erste Stärkung haben die drei Kinder von Tanja Scholz in einer Bastelstunde für Trophäen gesorgt, die Mama – nicht nur ihrer Ansicht nach – auf jeden Fall verdient. Neben einer goldenen Papierkrone wartet da ein großes rotes Herz, dessen Beschriftung keine Fragen offen lässt. „Queen of Manchester – WM – Tanja Scholz“ steht da außen drum und in der Mitte links und rechts sind je drei Gold- und Silbermedaillen draufgeklebt.
Auch wenn Mama Tanja für sie ohnehin immer die Größte ist, so ganz Unrecht haben die Scholz-Kinder indes nicht. Was die 39-Jährige nun in ihrem erst zweiten internationalen Wettkampfjahr bei den Weltmeisterschaften in Manchester geschafft hat, das hätte sie noch vor Kurzem in ihren kühnsten Träumen nicht für möglich gehalten. War sie schon vor einem Jahr als Newcomerin mit fünf Medaillen von den paralympischen Weltschwimmkämpfen in Funchal zurückgekehrt, hat sie sich nun sogar sechsmal Edelmetall erkämpft. Doch damit nicht genug: Ihre Silbermedaille am vierten Wettkampftag über 50 Meter Rücken bedeutet einen deutschen Startplatz für die paralympischen Spiele 2024 in Paris.
In zwei Trainingslagern in der Türkei bereitet sich Tanja Scholz auf die WM vor
Zweimal zwei Wochen lang – im Juni und Mitte Juli – hat sich die Mitarbeiterin der Lebenshilfe Schleswig-Holstein (ihr Büro ist in Norderstedt) im türkischen Belek intensiv mit den anderen paralympischen Kaderschwimmerinnen und -schwimmern auf die Welttitelkämpfe in England vorbereitet. Harte Arbeit, die aber auch die Zuversicht erzeugte, sich gleich zu Beginn in Manchester an einer neuen Herausforderung zu versuchen.
„Mein Co-Trainer Michael Pechtl hatte an dem Tag Geburtstag und da habe ich eigentlich nur im Scherz gesagt, wenn ich sogar da eine Medaille gewinnen sollte, dann schenke ich sie ihm.“ Denn auf der für sie komplett neuen 50-Meter-Bruststrecke hatte sie nichts Zählbares eingeplant. „Wir haben zwar hart trainiert, aber damit war wirklich nicht zu rechnen; diese WM war schließlich mein erster Wettkampf in diesem Jahr. Und die Bruststrecke sollte nur dazu dienen, dass mein Mann Björn, der mich immer an der Strecke unterstützt, und ich irgendwie in den Wettkampf reinkommen.“
In ihrer Paradedisziplin bekommt Scholz es erstmals mit einer besonderen Form von Lampenfieber zu tun
Wie wichtig das war, sollte sich am zweiten Wettkampftag bewahrheiten. Vom ungewohnten Terrain Brustschwimmen ging es sogleich „in meine Paradedisziplin, die 100 Meter Freistil.“ Von Lockerheit war auch mit Blick auf ihre Erfolge von Madeira 2022 keine Spur. „Da war ich wirklich angespannt. Ich wusste ja, dass es um Gold geht und es war schließlich das erste Mal, dass ich in einer Art Favoritenrolle an den Start gegangen bin – das war schwer auszuhalten, und ich habe schon unterschätzt, wie sehr mich das mitnimmt.“
Sie hat diesem Druck standgehalten, ihr erstes WM-Gold eingefahren. „Aber ich konnte mich gar nicht so lange freuen, schließlich durfte ich den Fokus auf die 150 Meter Lagen am selben Tag nicht verlieren.“ Hat sie nicht – wieder Gold.
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Nach einem Tag frei ließ Tanja Scholz Silber über 50 Meter Rücken, Gold über 50 Meter Freistil und nochmal Silber über 200 Meter Freistil folgen. Glück pur für die Teamplayerin: „Ich bin so froh, für Deutschland einen Slot für die Paralympics 2024 erschwommen zu haben.“