Wedel. Pro-B-Männerteam rettet sich gegen den Lokalrivalen in die Verlängerung. Dann fehlt den ersatzgeschwächten Wedelern die Routine

Damit die Zweitliga-Basketballer des SC Rist trotz der Corona-Situation in der Pro B weiterhin auflaufen dürfen, werden die Spieler und Betreuer einmal in der Woche getestet. Laut der Verordnung für Schleswig-Holstein ist dies mittlerweile Pflicht für die privilegierten Profisportler. Alle 15 Tests vor dem Derby gegen den ETV Hamburg waren negativ. Das Ergebnis auf dem Feld aus Wedeler Sicht leider auch. Das erheblich ersatzgeschwächte Team von Cheftrainer Benka Barloschky unterlag mit 88:91 nach Verlängerung.

Linus Hoffmann bei der Händedesinfektion, die auf Wunsch der Schiedsrichter regelmäßig stattzufinden hat.
Linus Hoffmann bei der Händedesinfektion, die auf Wunsch der Schiedsrichter regelmäßig stattzufinden hat. © HA | Frederik Büll

Verletzt oder angeschlagen fehlten Aurimas Adomaitis, Hendrik Drescher, Alexander Angerer, Matej Jelovcic und Semjon Weilguny. Doppellizenzspieler Justus Hollatz sah sich die umkämpfte spannende Partie ebenfalls als Zuschauer an – er hatte vom Wedeler Kooperationspartner Hamburg Towers keine Freigabe erhalten.

Aufgrund der Corona-Bestimmungen war die Begegnung, die sonst mit Sicherheit die Steinberghalle komplett gefüllt hätte, nur zwei Handvoll Vertretern beider Clubs vorbehalten, die nicht unmittelbar zu den Aktiven auf dem Feld zählten.

Für die Gäste ist es nach Quarantänepause das erste Saisonpunktspiel

Während die Hamburger, für die es nach zweiwöchiger Quarantäne das erste Saisonspiel war, am Ende jubeln konnten, war die Enttäuschung beim SC Rist groß. Die Partie hätte nicht verloren werden müssen. „Am Ende der regulären Spielzeit war es ein bisschen glücklich, dass wir uns in die Verlängerung gerettet haben. Dort haben wir einiges richtig gemacht, hatten das Spiel unter Kontrolle“, sagte Rist-Headcoach Benka Barloschky.

Inkonsequente Rebounds und fehlende Geduld bringen die Wende gegen Wedel

Und dann folgen die negativen Aspekte: „Wir rebounden nicht konsequent genug, haben offensiv nicht die Ruhe und die Konzentration, das Spiel kontrolliert zu Ende zu spielen, sondern erzwingen dann wieder Situationen, sind überhastet, passen den Ball nicht mehr, sondern halten ihn. Das ist wahnsinnig schade, weil wir die Chance hatten, das Spiel zu gewinnen“, sagte der Coach.

41 Sekunden vor dem Ende des vierten Viertels lagen die „Risters“ mit 73:79 zurück, nachdem der Ex-Wedeler Marcel Hoppe einen Sprungwurf im Korb versenkt hatte. Abdulai Abaker, ebenfalls für eine Saison in Gelb und Grün unterwegs, blockte einen Drei-Punkte-Wurf von Osaro Jürgen Rich sehenswert.

Kurz darauf verkürzte Rich aber per Korbleger auf 75:79. Zwölf Sekunden vor Ultimo traf Moritz Kröger nur einen von zwei Freiwürfen (76:79). Doch Abaker verlor den Ball, und Rist-Kapitän Mario Blessing rettete den SC Rist mit einem Dreier unverhofft in die Verlängerung.

Zu Beginn der Verlängerung gibt Wedel den Ton an

Dort war Wedeler zunächst tonangebend, Kröger erhöhte mit einem Korbleger auf 88:82 und war dann schnell genug wieder in der Defense für einen Block zur Stelle. Doch dann kippte das Momentum erneut: Hoppe versenkte einen Drei-Punkte-Wurf weit hinter der Markierung zum 85:88. Der ETV legte vierfach mit zwei Abaker-Korblegern nach, während Wedel offensiv ordentlich lahmte.

Wedels Topscorer Osaro Jürgen Rich (r.) – hier im Duell mit Lungongo Mayika – schafft 26 Punkte, scheitert aber mit dem Verzweiflungswurf in letzter Sekunde.
Wedels Topscorer Osaro Jürgen Rich (r.) – hier im Duell mit Lungongo Mayika – schafft 26 Punkte, scheitert aber mit dem Verzweiflungswurf in letzter Sekunde. © HA | Frederik Büll

Leif Möller fand 15,5 Sekunden vor dem Ende beim Stand von 88:89 nach Time-Out und Einwurf nicht rechtzeitig genug einen freien Mitspieler – da schlug die Fünf-Sekunden-Regel zu und der Ballbesitz wechselte. Das Foul der Wedeler ließ zu lang auf sich warten, vermutlich sollte es eher ein erneuter Ballgewinn durch Steal werden.

Gästetopscorer Mubarak Salami (28 Punkte) brachte sein Team mit zwei getroffenen Freiwürfen Sekunden vor Ende mit drei Punkten in Führung. Diesmal reichte es nicht mehr zum zweiten Lucky Punch – ein Drei-Punkte-Versuch von Rich schlug fehl.

Wedeler Ausbeute nach vier Spielen ist unbefriedigend

Die Wedeler haben aus vier Partien einen Sieg geholt, der ETV ist mit einem Sieg in die erste Pro B-Saison der Vereinsgeschichte gestartet. Das erste Nachbarschaftsduell gegen einen Hamburger Konkurrenten auf höherklassiger Ebene seit April 2009, als der SC Rist in der Regionalliga gegen den Bramfelder SV angetreten war, ging verloren.

ETV-Trainerin Sükran Gencay mit dem ehemaligen Wedeler Coach Stefan Altemüller als Assistent.
ETV-Trainerin Sükran Gencay mit dem ehemaligen Wedeler Coach Stefan Altemüller als Assistent. © HA | Frederik Büll

„Für uns ist es das erste Spiel in dieser Saison und der erste Sieg. Die Art und Weise war nicht immer schön, aber wir sind glücklich. Und ein Sieg im Derby ist immer anders als ein Sieg, wenn es kein Derby ist“, sagte ETV-Assistenz-Coach Stefan Altemüller, der zwischen 2013 und 2019 diverse Trainer und Co-Trainer-Posten beim SC Rist bekleidet hatte.

Dass die Fans das Lokalduell nicht live vor Ort verfolgen konnte, bedauerte er: „Natürlich wäre so ein spannendes Spiel, gerade mit Overtime, schöner in einer vollen Steinberghalle gewesen.“ Aber am Ende war er nur froh, nach der Quarantäne mit einem fitten Team erfolgreich gestartet zu sein.

Der SC Rist startet mit fünf „Dreiern“ in die Partie

Einen besseren Start in die Partie hatte der SC Rist erwischt: 13-mal drückten die Gastgeber aus der Ferne ab – und trafen fünf Drei-Punkte-Würfe. Barloschky: „Wir sind gut ins Spiel hereingekommen, teils weil wir gut und aggressiv verteidigt haben, teils aber auch, weil wir einfach offensiv unsere Würfe getroffen haben. Aber wir haben schon im Laufe des ersten Viertels ein bisschen in der Defense nachgelassen. Das hat sich dann ins zweite Viertel weitergetragen.“

Die Zonenverteidigung des ETV wird zum Problem für den SC Rist

Nach der 28:18-Führung ging es bergab: Magere sieben eigene Punkte inklusive einer Zonenverteidigung des Gegners standen 21 ETV-Zählern gegenüber, sodass der SC Rist 35:39 zur Halbzeit hinten lag. Auch anschließend gerieten die Wedeler weiter ins Hintertreffen (37:49), ehe ein 10:0-Lauf den Gastgeber wieder nah heranbrachte. Mit einem Rückstand von zwei Punkten (56:58) ging es in den ursprünglich letzten Spielabschnitt.

Dann folgte das Drama. Die mangelnde Erfahrung des Großteils von Barloschkys Kader solle nicht zwingend als Ursache dafür gelten, sich den Sieg geklaut haben zu lassen. Es gehe vielmehr darum „physisch auszuboxen und einfach das zu machen, was wir trainieren. Und das ist das, was ich auch in der Halbzeit bemängelt habe. Es geht nicht darum, besondere Dinge zu machen.“ Durch schwaches Offensiv-Verhalten habe man sich unnötig aus dem Konzept bringen lassen.

Am kommenden Sonnabend gastiert Wedel bei den Iserlohn Kangaroos (19.30 Uhr).