Pinneberg. Klubs nutzen Erfahrung aus Sperrphase im Frühjahr, um Mitgliedern etwas zu bieten. Landesverordnung soll Passus Individualsport klären

Es ist ein vorsichtiges Anfreunden mit dem wohl wichtigsten Arbeitsmaterial der kommenden vier Wochen im erneuten Corona-Lockdown. Mike San Gupta, Fitnesscoach und Teamleiter der Trainings­fläche vom Studiobereich im Vereinsheim des VfL Pinneberg am Fahltskamp, macht sich mit Stativ und Tablet-PC vertraut, überprüft dessen Funktionstüchtigkeit. Sehr wichtig. Dieses Gerät wird im Monat November das Bindeglied zwischen dem größten Pinneberger Breitensportverein und seinen Mitgliedern sein: Der VfL geht wieder online.

Online bleiben die Türen des VfL und vieler weiterer Vereine geöffnet

„Wir werden die Arbeit gut unter uns aufteilen, wir sind ein großes Team von über zehn haupt- und freiberuflichen Trainern“, sagt der 40-Jährige. Dem liegt es wie seinem gesamten Team am Herzen, den – nach der ersten Corona-bedingten Schließung – nicht mehr ganz 5000 Mitgliedern im VfL die Möglichkeit zu bieten, sich unter qualifizierter Anleitung sportlich zu betätigen, während sich die Türen am Fahltskamp für sie vom 2. November an für vier Wochen schließen werden.

Die VfL-Mitglieder können sich also auf ihren Verein verlassen, doch nicht nur sie. Über den gesamten Kreis verteilt nutzen die Sportvereine ihre Erfahrung aus dem ersten Lockdown im Frühjahr und die moderne Kommunikationstechnik, um ihr Angebot zu den Mitgliedern zu bringen, wenn diese nicht zu ihnen kommen dürfen.

Vereine nutzen die Erfahrung aus dem ersten Lockdown

„So unschön die Erfahrung aus den Monaten von Mitte März an war, hiervon profitieren wir nun und nutzen die Strukturen, die wir damals geschaffen haben“, sagt Frank Böhrens, Geschäftsführer von Blau-Weiß 96. Auch die Schenefelder werden ihren Mitgliedern durch ihre Trainer während des November-Lockdowns ein vielfältiges Angebot präsentieren.

Eine Selbstverständlichkeit aus Sicht des Geschäftsführers, aber auch ein Dankeschön. „Wir haben während der ersten Schließung zwar vereinzelt auch unzufriedene Meldungen aus Mitgliederkreisen erhalten, aber das Gros der Blau-Weißen hat uns großartig unterstützt, hat uns die Treue gehalten.“ Damit das so bleibt, legen sich die Blau-Weißen wieder in Zeug. Böhrens: „Denn in der heutigen Zeit werden mögliche Vereinsaustritte kaum noch durch die sonst übliche Fluktuation mit ihren Neueintritten kompensiert.“

Den Mitarbeitern hält der Verein jedenfalls auch die Treue; Kurzarbeit ist kein Thema. Frank Böhrens: „Da mit vier Wochen der Schließungszeitraum überschaubar ist, werden wir diese Phase für vorgezogene Arbeiten wie zum Beispiel Materialpflege nutzen.“

Frühe Sicherheit, dass es keine Verlängerung des Lockdowns gibt, ist wichtig

Auch bei der Halstenbeker Turnerschaft ist das Trainerteam auf einen Monat im „Fernsehstudio“ vorbereitet. Neben den klassischen Fitness-Sessions sollen aber auch Unterrichtseinheiten anderer Disziplinen auf dem Online-„Sendeplan“ stehen. „Außer verschiedenen Gymnastikformen gibt es dann auch mal eine Karatestunde; wir wollen möglichst viele Interessen abdecken“, sagt HTS-Geschäftsführerin Heike Fenske.

„Uns tun die Mitglieder so leid. Sie wollen Sport treiben, haben uns im ersten Lockdown die Treue gehalten – und nun müssen sie schon wieder vor der Tür bleiben. Wir tun alles, damit das Vereinsgefühl für sie erhalten bleibt.“ Auch mit bangem Blick auf die Zukunft in vier Wochen. „Hoffentlich wird früh klar sein, dass der Lockdown wirklich nicht über die vier Wochen hinaus verlängert wird, denn zwischen geplantem Lockdownende und der Kündigungsfrist am 2. Dezember liegen nur wenige Tage. Sollten dann kurzfristig doch zu viele Mitglieder gehen, kann es jeden Verein in Schwierigkeiten bringen.“

Arne Hirsch ist seit dem 1. August Geschäftsführer beim Elmshorner MTV.
Arne Hirsch ist seit dem 1. August Geschäftsführer beim Elmshorner MTV. © James Mitchell | Privat

Worüber sich die HTS-Geschäftsführerin auch große Gedanken macht, ist eines der wichtigen Standbeine fast aller Breitensportvereine mit zertifiziertem Trainerteam. „Was ist mit dem Reha- und dem Gesundheitssport auf ärztliche Anordnung? Wir verstehen die Ergebnisse und Verbotsankündigungen vom Mittwoch so, dass diese den Freizeitsport betreffen. Der genannte Bereich ist aber kein Freizeitsport.“

Gedanken über Training und Regelauslegungen im Lockdown macht sich auch Arne Hirsch, Geschäftsführer im Elmshorner MTV. „Wir haben verschiedene Konzepte in der Schublade, um im Lockdown für unsere Mitglieder da zu sein. Wir eruieren zum Beispiel auch, ob mit Blick auf die zwei-Haushalte-Regel die Erlaubnis des Individualsports auch ein Einzeltraining mit einem Coach und einem Mitglied ermöglicht“, sagt Hirsch.

Hirsch weiter: „Jedenfalls wird mit der Erfahrung aus dem Frühjahr unser Kursraum zwei wieder als Studio für Onlinekurse fungieren. Vielleicht organisieren wir auch für Individualsportler – wie im Nordic Walking – Anlaufpunkte im Freien, wo sie sich Instruktionen abholen und dann trainieren können.“

Mark Müller vom Kreissportverband Pinneberg
Mark Müller vom Kreissportverband Pinneberg © HA | Ulrich Stückler

Individualsport. Das Wort birgt aus Sicht des Kreissportverbands viel Klärungsbedarf. Was ist mit Golf, mit Tennis oder dem Sportschießen? „Wir müssen den Wortlaut der Landesverordnung abwarten, die für diesen Freitag angekündigt ist. Dann sehen wir im Detail, was Individualsport im Sinne der Corona-Verordnung ist“, sagt Mark Müller vom KSV-Pinneberg. „Der Landessportverband ist in Gesprächen mit den verordnungsgebenden Stellen der Landesregierung“

Derweil hat der Technikcheck von VfL-Trainer Mike San Gupta geklappt. Es kann losgehen. „Wir sind zwar noch voll in der Planung, aber ich schätze, dass wir täglich fünf, sechs Trainingseinheiten anbieten werden; zum Glück ist das alles ja nicht völlig neu für uns...“