Pinneberg. Schon mit sechs Jahren hat Motorsportler Steffen Redlich erstmals in einem Renn-Kart gesessen. Mittlerweile fährt er ein 350-PS-Auto
Steffen Redlich stellt eine steile These auf: „Wenn man auf der Rennstrecke schnell fährt, fährt man auf der Straße nicht mehr schnell. Den Kick hole ich mir eben dort. Das ist der Vorteil.“ Der Pinneberger ist Motorsportler durch und durch, hat aber bisher ausschließlich Punkte mit seinem Auto auf der Rennstrecke gesammelt – die Akte beim Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg ist und war stets blütenrein.
Kürzlich war der 28 Jahre alte Redlich als Tourenwagen-Gastfahrer für das Team Lubner Motorsport bei der ADAC TCR-Germany Rennserie mit seinem Opel Astra TCR auf dem Hockenheimring dabei. Redlich landete im ersten Rennen auf Rang acht von 14 gestarteten Fahrern. Im zweiten Rennen war der hauptberufliche Kälteanlagenbauermeister Neunter von zehn gewerteten Fahrern. In dieser Serie wird über eine zeitliche Distanz von 30 Minuten plus eine Runde gefahren. „Mein Ziel ist, in Zukunft häufiger in dieser Serie anzutreten und eventuell ein festes Cockpit zu bekommen“, sagt Redlich. Auch der Start in der GT3-Klasse sei reizvoll.
Im Rennen beschleunigt Redlich bis auf 230 km/h
In der ADAC TCR Germany starten seriennahe Tourenwagen, die etwa 330 PS unter der Haube haben. Auf diesem Niveau ist es Deutschlands höchste Rennklasse für Hobbyfahrer. Der Opel von Redlich wiegt etwa 1,3 Tonnen und bringt 350 Pferdestärken auf den Asphalt – auf der Geraden in Hockenheim betrug die Spitzengeschwindigkeit rund 230 Kilometer pro Stunde.
Dem Rennfahrer Redlich ist auf der Strecke mit „Fortuna“ als Beifahrerin noch nie etwas Schlimmeres passiert. „Da habe ich immer Glück gehabt“, erzählt er. Das Material leidet unter Verschleiß, auch Blechschäden bleiben nicht aus, doch Gefahr für Leib und Leben bestand noch nie. Angst hat er keine. Seine Freundin Melina auch nicht. „Sie findet mein Hobby gut. Melinas Hobby ist das Reiten. Das ist aus meiner Sicht gefährlicher als der Motorsport. Ich bin nicht so verrückt, auf einem Pferd zu sitzen“, meint Redlich, der sich in seinem Boliden gut geschützt sieht.
Die wenigsten Motorsportler verdienen Geld mit ihrem Hobby, meistens wandern im Gegenteil eher viele Scheine in andere Taschen. Ein Gaststart in der TCR-Serie des ADAC kostet 3600 Euro für ein Rennwochenende, dazu kommen noch Materialkosten wie etwa für die Reifen.
Redlichs Vater Holger („bald 58“) ist ebenfalls mit dem Motorsportvirus infiziert und hat es dem Sohn früh weitergegeben. Mutter Doris steht dem ganzen seit jeher eher leicht skeptisch gegenüber. Schon mit sechs Jahren Jahren saß Steffen in einem motorisierten Kart. Schon? „Nein, viele Kinder fangen an zu fahren, wenn sie gerade erst das Laufen gelernt haben“, sagt Steffen Redlich, der mit 16 Jahren mit dem Basketball beim VfL Pinneberg zu Gunsten des Motorsports aufgehört hatte. 2010 gab es das erste Rennkart für etwa 6000 Euro.
Die Führerscheinprüfung besteht Redlich mit 17 Jahren
Von 2012 an fuhr er beim Chevrolet Cruze Cup – etwa 140 PS starke Autos waren dabei – mit. Den Führerschein machte Redlich ohne Schwierigkeiten schon mit 17 Jahren. 2016 kaufte er dann mit seinem Vater den Opel Astra – die Kosten lagen im niedrigen sechsstelligen Bereich. Die beiden starten auch bei Langstreckenrennen, die inklusive Fahrerwechseln etwa vier Stunden dauern. Das nächste Rennen findet am 17. und 18. Oktober auf dem Nürburgring statt.
In der Rennserie DMV NES 500 kommt Steffen Redlich auf einige Podestplatzierungen – für den ersten Platz hat es bisher allerdings noch nicht ganz gereicht Doch sein Rennstall Toxic Racing, der etwa 15 Personen inklusive Mechaniker umfasst, arbeitet weiter daran, dass sich das in der Zukunft noch ändert. „Auf der Langstrecke musst du eher aggressiv schonend fahren. So würde ich es ausdrücken“, erklärt er. Die richtige Mischung aus flotter Fahrweise und Taktik mit dem Blick auf das Material führen zu den besten Resultaten.
An der Formel 1 hat Redlich das Interesse verloren
Das Motorsport-Vorbild seiner Generation ist Michael Schumacher, doch die Entwicklung der Formel 1 hat Redlichs Interesse schwinden lassen. „Das Konzept ist langweilig, weil die Erfolge künstlich über Technik und Elektronik erzeugt werden. Da verfolge ich eher die GT-Masters-Serie“, sagt der Rennfahrer. Dort gebe es zumindest ähnliche technische Voraussetzungen und ein klares Reglement, sodass es auf das fahrerische Können ankomme. Andere Hobbys gibt es kaum. „Ich fahre gern Motorrad. Alles, was sich dreht und noch schnell dabei ist, gefällt mir.“
Privat fährt er einen Seat Leon Cupra mit satten 360 PS. Theoretisch kann Redlich damit auch ordentlich Gas geben. Doch die „Rennleitung“ hatte noch nie etwas zu beanstanden.