Pinneberg/Wedel. Catherine Andresen (72), Spartenleiterin beim VfL Pinneberg, ist Trägerin des 3. Dans. Sie möchte andere Ältere für ihren Sport gewinnen
In der kommenden Woche soll es „endlich wieder losgehen“. Catherine Andresen hat das Training in ihrer Gruppe sehr vermisst. Seit Mitte März haben die Wedelerin und die rund 120 Mitglieder der Karate-Sparte im VfL Pinneberg auf gemeinsame Hallenübungszeiten verzichten müssen.
„Wir haben zwar online per Video Trainingsstunden abgehalten, aber das ist einfach nicht dasselbe“, sagt die gebürtige Schottin, die seit nun schon zehn Jahren diese VfL-Abteilung leitet. „Uns zeichnet doch besonders aus, dass alle Altersgruppen vertreten sind, dass bei uns eine große Harmonie herrscht. Das kommt halt per Bildschirm nicht so gut rüber wie im persönlichen Miteinander.“
Doch es hat seinen guten Grund, dass auch Catherine Andresen, im Verein liebevoll „Cathie“ genannt, und ihre Spartenmitglieder nicht sofort mit den ersten generellen Freigaben auch wieder ins Partnertraining eingestiegen sind. Denn die Trägerin des 3. Dans (Meistergrads) und damit versierte Karatekämpferin ist bislang gut beraten gewesen, wie allgemein angesagt die sozialen Kontakte einzuschränken.
„Genau genommen gehöre ich ja explizit zu der Risikogruppe, die für sich das Infektionsrisiko mit Covid-19 möglichst niedrig halten soll“, sagt die Ruheständlerin, die sich vor rund 20 Jahren als Übersetzerin selbstständig gemacht hatte. Denn die schlanke, selten ohne ein Lächeln im Gesicht anzutreffende Frau, ist mittlerweile 72 Jahre alt – aber ganz weit entfernt vom Begriff „Seniorin“.
„Du bist nie zu alt, um mit Karate zu beginnen.“ Worte, für deren Wahrheitsgehalt Catherine Andresen das beste Beispiel ist. Eine Weisheit, die ihr vor rund 23 Jahren offenbart wurde. „Als ich 49 Jahre alt war, zu dem Zeitpunkt lebte ich mit meinem Mann Hans-Peter und unserem Sohn Jan noch in Thesdorf,
da ist mein Sohn abends in der Bahnhofstraße von einer Clique anderer junger Leute angegriffen worden“, erinnert sich Catherine Andresen. „Das war für mich ein so einschneidendes Erlebnis, dass ich einen Selbstverteidigungskursus besucht habe, der damals vom VfL angeboten wurde, und da habe ich dann im Kursus ,Frauenpower‘ Karl-Heinz Fischer kennengelernt.“
Ein Selbstverteidigungskursus führt sie zum Karate
Der Mann, der vor über 50 Jahren die Karatesparte beim VfL gegründet hatte, sollte bald mehr als einfach nur ein Trainer für Catherine Andresen werden. „Bereits der Kursus hatte mir sehr gut gefallen mit Karl-Heinz als unglaublich engagiertem Lehrer. Ich merkte, wie ich deutlich an Selbstbewusstsein gewann“, sagte Andresen. „Und dann habe ich die Karateka trainieren sehen und war fasziniert. Das wollte ich auch. Also habe ich Karl-Heinz Fischer gefragt, ob ich mit 49 Jahren dennoch damit anfangen könne.“ Es fielen die zuvor erwähnten Worte, die fortan Catherine Andresens Leben verändern sollten. „Du bist nie zu alt, um mit Karate zu beginnen.“
Andresen begann zu trainieren und hat bis heute nicht mehr aufgehört. „Karate bietet so viel. Du wirst selbstbewusster, du tust etwas für deine Fitness, du erwirbst Bewegungssicherheit, verbesserst deinen Gleichgewichtssinn und du erhöhst deine Mobilität.“ Auch nach so vielen Jahren klingt die Begeisterung für Karate – beim VfL wird die Stilart Shotokan vermittelt – so frisch und leidenschaftlich wie am ersten Tag.
Auf ihrem gesamten Weg durch diesen asiatischen Kampfsport, blieb ihr Karl-Heinz Fischer bis zu seinem Tod im Mai 2015 hilfreich zur Seite. „Er war für mich Mentor, Freund, Ratgeber und Motivator“, findet Andresen dankbare Worte. „Ich vermisse ihn immer noch sehr.“
Karate ist beim VfL Pinneberg reiner Breitensport
Fischers Einstellung zum Karate, sein Erbe, bringt die 72-Jährige, die 1970 nach Hamburg gekommen war, dort bei einer Ölfirma zu arbeiten begann, wo sie auch ihren Mann kennenlernte, nach bestem Wissen nun auch in die Spartenarbeit ein. „Wir sind beim VfL Pinneberg eine Breitensportabteilung. Wir lehren Karate nicht für den Wettkampf, sondern um uns ganzheitlich weiterzubringen.“ Und genug Spannung gibt es für engagierte Karateka ja auch ohne Wettkampf. „Jede anstehende Gurtprüfung bedeutet für dich ja auch einen neuen Ansporn. Du willst an dir arbeiten, dass du auch bestehst.“ Für sich selbst hat Catherine Andresen diese Form des Nervenkitzels nach dem 3. Dan abgehakt. „Das ist genug an Aufregung.“
Doch andere Karateka möchte sie gerne noch lange dorthin führen. Wer Interesse hat, kann sich gern per E-Mail unter info@karate.vflpi.de melden. Wie gesagt: „Du bist nie zu alt, um mit Karate zu beginnen...“