Pinneberg. Spieler und Trainer stehen voll hinter den Anti-Corona-Maßnahmen. Aber bis zu Verbandsentscheiden herrscht Unsicherheit über sportliche Zukunft

„Die Gesundheit der Bevölkerung hat oberste Priorität. Deshalb akzeptiere ich jede Regelung und Entscheidung des Hamburger Fußball-Verbandes.“ Dominic Lemcke, Mittelfeldspieler mit deutschem und thailändischem Pass (22) beim Kummerfelder SV in der Bezirksliga West, Tabellenzweiter, spricht aus, was die meisten Kicker denken. Das Coronavirus und seine Folgen, die sich auch für den Sport noch gar nicht absehen lassen.

Alles steht still im Amateur-Fußball. Der HFV hat nicht nur ein Spiel-, sondern auch ein Trainingsverbot bis zum 30. April auf allen öffentlichen und privaten Sportplätzen erlassen. Hamburgs Sportsenator Andy Grote hält eine Verlängerung der Einschränkungen für möglich. „Darauf sollten sich alle einstellen.“ HFV-Schatzmeister Christian Okun und der HFV-Vorstand werden „geordnet darüber nachdenken, was das für den Rest der aktuellen Saison und die neue Saison bedeutet.“

Jan Ketelsen hält die Saison für kaum noch fortsetzbar

Für Jan Ketelsen, den Trainer der Ersten und Zweiten des 1. FC Quickborn (43), ist die Runde 2019/20 damit vorbei. „Ohne mindestens zwei Wochen Vorbereitung könnte ich das Team doch gar nicht auf den Platz schicken. Ab Mitte Mai aber haben die vielen Schüler und Studenten bei uns im Club ganz andere Sorgen als Fußball. Dann geht es um das Abitur und Jobs, sich über Wasser zu halten.“

Jan Ketelsen, Trainer 1. FC Quickborn
Jan Ketelsen, Trainer 1. FC Quickborn © Wolfgang Helm

In nahezu täglichen Videobotschaften fordert Ketelsen dazu auf, die empfohlenen Verhaltensmaßnahmen einzuhalten und die Begegnungen auf das Notwendigste zu beschränken. Selbst legt er sich strenge Isolation auf, in der Gefahr, „dass mir in ein paar Tagen die Decke auf den Kopf fällt“. Das sind schmerzhafte Einschnitte im Leben des Jan Ketelsen, Mitgliedsnummer 001. Der 1. FC Quickborn ist sein „Lebenswerk“. Mit den Spielern, die ihm so sehr am Herzen liegen, nicht mehr vergnügt zusammensitzen zu können, „das ist das Schlimmste“.

Unterdessen teilt Dominic Lemcke sein Schicksal zuhause mit der Familie. Bruder Nico, KSV-Innenverteidiger, der in Kiel Volkswirtschaft studiert (20), hat sein Zimmer in der Landeshauptstadt geräumt und sich nach Halstenbek zurückgezogen. Dualstudent Dominic (Marketing-Management) arbeitet in Absprache mit seinem Arbeitgeber im Home-Office. In ihrem häuslichen Fitness-Studio halten sich die Brüder fit, so gut es geht. Beide wären bereit, zur Not bis Ende Juni zu spielen. Aus der geplanten Saison-Abschlussfahrt der Mannschaft Anfang Juni wird ohnehin nichts, das ist der Stand.

Raspo-Trainer Ehlers sieht die Arbeit eines Jahres gefährdet

Beim Kummerfelder Titelkonkurrenten Rasensport Uetersen hatte Trainer Peter Ehlers (53) einen dreitägigen Kurzurlaub geplant. Zwei Buchungen platzten. Weder Prag (Tschechische Republik) noch Blavand (Dänemark) lassen ihn einreisen. Die Ausfahrt der Mannschaft vom 20. bis 24. Mai auf Mallorca ist hinfällig. Dort wollten die Uetersener eigentlich den Aufstieg feiern, der ihnen kaum noch zu nehmen ist. In der Zwischenzeit sieht Ehlers „die Arbeit eines ganzen Jahres gefährdet.“ Noch weiß niemand, wie der HFV die Auf- und Abstiegsfrage regelt, wenn die Saison nicht mehr fortgesetzt werden kann.

Peters Ehlers, Trainer Raspo Uetersen
Peters Ehlers, Trainer Raspo Uetersen © Meincke Kalle

So hatte sich Ehlers seinen Abschied von der Trainerbühne nicht vorgestellt. „Aber diese Wünsche und Gedanken sind natürlich zurzeit drittrangig.“ So sieht es auch Dominic Lemcke. Den zahlreichen Verwandten in Thailand gehe es gut. „Das ist die Hauptsache.“ Der 1. FC Quickborn hat mit dem Auf- und Abstieg nichts am Hut. Doch das ist für Jan Ketelsen gar nicht das Thema. „Wäre doch alles wieder ganz normal. Dann würde ich freiwillig in die Kreisliga absteigen.“