Kreis Pinneberg. Dreifacher Derbysieger aus Hetlingen trifft in Bad Segeberg aber auf starke Konkurrenz. Weitere Kreis-Reiter rechnet sich Chancen aus.

Es ist das größte Outdoor-Fest des Reitsports im Norden und markiert das Ende der grünen Profi-Saison: 700 Reiter aus ganz Schleswig-Holstein und Hamburg gehen mit mehr als 1200 Pferden bei der 71. Landesmeisterschaft in Bad Segeberg an den Start.

Die Sportler lockt der Klassiker im Turnierkalender mit Ruhm und Ehre, aber auch mit materiellen Werten. Das Gesamtpreisgeld beläuft sich auf gut 40.000 Euro; in den Disziplinen Springen und Dressur gibt es 27 Medaillen zu gewinnen. Den größten Teil der zweibeinigen Athleten stellen die Reitabteilungen aus Schleswig-Holstein mit 52 Teams. Maximal acht Teamreiter pro Reitverein dürfen in den Landeswettkämpfen der Reitabteilungen antreten. Sie satteln ihre Pferde in vier Altersklassen.

Unter den Teilnehmern des Wettbewerbs vom 19. bis 22. September auf dem Gelände an der Eutiner Straße sind Reiter aus dem Kreis Pinneberg besonders stark vertreten. Auch Weltklasse-Sportler sind dabei. Nisse Lüneburg aus Hetlingen etwa. Er ist dreifacher Derbysieger (2012, 2014, 2019) in Klein Flottbek, dem anspruchsvollsten Springturnier der Welt. Im Vorfeld gibt er sich norddeutsch bescheiden. „Jeder hat eine Chance, sich den Titel zu ergattern, wir haben es mit Tieren zu tun, da ist nicht alles kalkulierbar, und die Tagesform entscheidet“, sagt Lüneburg. Auf jeden Fall kommt er mit mächtig viel Schwung zum 71. Landesturnier. Denn der Springreiter vom Stall Magdalenenhof in Wedel gewann am vergangenen Sonntag den Großen Preis von Paderborn und ist damit Spitzenreiter der Riders Tour, die in Neumünster im Februar 2020 bei den VR Classics ihre Finaletappe erlebt.

Der Titelfavorit gönnt dem Siegerpferd Luca Toni jetzt erst mal ein wenig Pause. „Aber ich komme mit zwei jüngeren Pferden zur Youngster-Tour in Bad Segeberg, und für die große Tour sattele ich anschließend den erfahrenen Westbridge sowie Jakino”, sagt Lüneburg.

Er trifft auf viele Mitbewerber bei den Landesmeisterschaften im Springen von Schleswig-Holstein und Hamburg. Zum Beispiel den Dänen Lars Bak Andersen aus Elmshorn, der dem Hetlinger schon bei den Breitenburger Reitertagen auf den Fersen war – auch dort gewann Lüneburg den Großen Preis, dicht gefolgt von Andersen. Schwedens Weltklassereiter Rolf-Göran Bengtsson aus Oelixdorf nimmt mit dem Holsteiner Verbandshengst Crunch Kurs auf den Sieg, und auch der aktuelle Mannschafts-Europameister in der Vielseitigkeit, Kai Rüder von der Insel Fehmarn, tritt an. Mit dabei sind außerdem Simon Heineke vom Moorhof in Wedel sowie Stefan Parow vom benachbarten Magdalenenhof.

Wedeler Carsten-Otto Nagel ist amtierender Landesmeister

Es wird also nicht leicht für den amtierenden Landesmeister Carsten-Otto Nagel (Wedel), der auch schon zweimal das Hamburger Derby – 1999 und 2010 – gewinnen konnte, seinen Titel zu verteidigen. Kristin Kirchner aus Friedrichshulde sattelt zwei Stuten, es sind Chianti und Charlotte. „Ich reite bei den Amazonen und freue mich auf ein schönes Turnier zum Abschluss der grünen Saison.“ Als Amazonen werden weibliche Reiterinnen im Wettkampfsport genannt.

Um in das Finale am Sonntag zu kommen, muss jeder Reiter zwei Qualifikationen für die jeweils genannte Prüfung absolvieren. „Los geht es mit bis zu 1,35 Meter hohen Hindernissen; im Finale stehen sie weiter auseinander und sind bis zu 1,40 Meter hoch“, sagt Kirchner.

Die Riege der Dressurkandidaten für Gold, Silber und Bronze ist ebenso prominent besetzt. Kristina Böckmann aus Schenefeld – für Finnland bei den Europameisterschaften dabei – erobert das Grand-Prix-Viereck am Segeberger See, aus Hamburg kommt die Top-Ausbilderin Juliane Burfeind, ihre Pferde stehen im Kreis Pinneberg. Außerdem nehmen Kathleen Keller, die 2011 mit 21 Jahren jüngste Derbysiegerin und auch 2018 erfolgreich war, aus Appen und Franziska „Fritzi” Hahn (Henstedt-Ulzburg) teil. Mit dabei sind auch Ants Bredemeier aus Trittau, der ehemalige Holsteiner Verbandsreiter Wolfgang Schade (Elmshorn) und Wieger Derk de Boer mit seiner Tochter Paula aus Pinneberg. Letztere startet als Einzige in den beiden Disziplinen Dressur und Springen.

Besonders ist auch das Prozedere, dem sich jeder Sieger unterziehen muss. Traditionell wird der Beste von unterlegenen Reitern mit Schwung in den künstlichen Wassergraben auf dem Parcours geworfen. Das klappt aber auch nicht immer. Im Vorjahr wollte Sieger Carsten-Otto Nagel bei diesem Brauch nicht mitspielen. Direkt nach der Ehrenrunde ritt er mit seinem Holsteiner Schimmel Chairman zum Ausgang, sprang noch im Trab aus dem Sattel, drückte Chairmans Zügel der Pferdepflegerin in die Hand, und flüchtete in sein Auto.