Wedel. Casey Teson beendet die Universität in Missouri – und will nun als Profi in Deutschland durchstarten. Das Abenteuer beginnt in wenigen Tagen.
„Ja, Nein, Bitte, Danke. Das sind die Worte, die ich auf Deutsch bisher kenne. Das sind nicht viele, aber immerhin ein Anfang“, sagt Casey Teson. Damit hat er zumindest gleich von Beginn an die Chance auf ein gleichermaßen selbstbestimmtes wie höfliches Leben in einer komplett neuen Welt.
Der 23 Jahre alte US-Amerikaner hat die Maryville Universität (US-Bundesstaat Missouri) mit einem Abschluss in Kommunikationswissenschaften (Strategic Communications) beendet – und wagt nun den Weg nach Deutschland, um beim SC Rist Wedel in der 2. Liga Pro B erste Schritte als Basketball-Profi zu unternehmen.
„Für mich ist das der erste Aufenthalt in Deutschland überhaupt, ich weiß nicht viel über das Land. Es sieht kalt aus, aber auch nach einem fantastischen Ort, um dort zu leben“, meint er, als er sich online etwas schlau gemacht hatte.
Er habe gehört, dass die Menschen hier sehr freundlich seien. Zumindest in seiner Anfangszeit könnte er aufgrund der Sprachbarriere mit seinem Wissen aus seinem Lieblingskurs der non-verbalen Kommunikation glänzen. Gezögert hat er laut eigener Aussage nicht lang – obwohl er seit sechs Jahren eine Freundin hat, die je nach Saisonverlauf des SC Rist bis zum Mai 2020 auf ihn verzichten muss. „Ich bin sehr aufgeregt, klar. Aber im Endeffekt ist der Ort, wo ich spiele, gar nicht so entscheidend, sondern vielmehr, dass ich überhaupt die Möglichkeit habe, nach dem College zu spielen. Es war absolut keine schwierige Entscheidung“, erklärt Teson pragmatisch.
Seine Partnerin habe noch ein Jahr Ausbildung als Krankenschwester zu absolvieren, und die eigene Familie „unterstützt mich, in allem, was ich tue. Und sie hat mich auch darin bestärkt, ein bestmöglicher Basketball-Spieler zu werden“, sagt der sogenannte Combo-Guard. Das bedeutet, dass er sowohl als Aufbauspieler als auch Shooting Guard (in etwa: werfender Verteidiger) auflaufen kann.
Bereits als circa Dreijähriger hatte Teson erstmals einen Basketball in der Hand. Sein Großvater war zu der Zeit sein größter Förderer. Der Traum, mit Basketball seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können entstand dann in Highschool-Zeiten ab dem 14. Lebensjahr in seiner Heimatstadt Saint Charles. Neun Jahre später steigt er am 24. Juli in das Flugzeug Richtung Hamburg. Zweimal am Tag arbeitet er auch in der Freizeit an seiner körperlichen Fitness. Zudem ist er ein großer Fan von Flipperautomaten und Videospielen in Spielhallen. Auch auf dem Golf-Kurs ist der US-Amerikaner regelmäßig zu finden.
Einige US-Amerikaner konnten beim SC Rist schon glänzen
Im Vorjahr hatten die Wedeler keinen Spieler aus dem Mutterland dieses Sports im Kader. Doch mit wenigen Ausnahmen haben viele US-Amerikaner mit dem SC Rist als erste Europa-Station gute Erfahrungen gemacht. Beispiele wären Diante Watkins oder zuletzt Ryan Logan, die in Wedel durch starke Leistungen auf sich aufmerksam machen konnten.
„Ich hatte bisher noch keine Chance, mich mit ehemaligen Rist-Amerikanern auszutauschen“, sagt Teson. Die weitere Vita einiger ehemaliger Wedeler inklusive des SC Rist als „Karrieresprungbrett“ seien aber durchaus Wechselaspekte gewesen, meint Christoph Roquette, sportlicher Leiter des SC Rist.
Er zählte zum Team aus Rist-Cheftrainer Benka Barloschky und Co-Trainer Stephan Blode, das Teson an den Steinberg lotsen konnte. Der 1,88 Meter große US-Amerikaner soll seine Offensivqualitäten einbringen und die am College unter Beweis gestellte Treffsicherheit beim Distanzwurf in Wedel wiederholen. „Justus Hollatz wird auch in der Bundesliga eingebunden sein und bei uns nicht jedes Spiel machen. Da sind wir ganz realistisch“, sagt Barloschky. Deshalb sei es wichtig gewesen, einen Spieler an Land zu ziehen, der in der Lage ist, im Aufbau die Fäden zu ziehen, wenn der etatmäßige Spielmacher mit dem Wedeler Kooperationspartner Hamburg Towers unterwegs ist.
Barloschky sprach mit Teson und auch mit dessen College-Trainer. „Er möchte diese Chance nutzen, ins Profitum hereinzukommen“, sagt Sportchef Roquette, der ebenfalls mit Teson telefonierte. „Er wollte gleich wissen, wie wir trainieren. Klar wird auf ihn einiges Neues zukommen, aber ich habe herausgehört, dass er dafür bereit ist. Und er brennt jetzt schon“, so Roquette. Ein Eindruck, den Barloschky bestätigt: „Casey ist hungrig, er ist jung und will etwas erreichen. Das alles hat uns so überzeugt, dass wir gesagt haben: Geben wir dem Jungen mal eine Chance“, so Barloschky.
Teson hatte an der Maryville University in der NCAA 2 eine Führungsrolle. Im Schnitt erzielte er 19,2 Punkte pro Spiel und kam auf eine sehr gute Quote von 41,4 Prozent erfolgreicher Drei-Punkte-Würfe. Bei den Freiwürfen waren es 88 von 100 Versuchen. Außerdem war Teson zweitbester Vorbereiter seines Teams. „Wir wollten einen Spieler, der schon Verantwortung übernommen hat und nicht zum Beispiel in der NCAA 1 ein Mitläufer war“, so Roquette.
Unterdessen ist der Pro B-Spielplan veröffentlicht worden. Der SC Rist hat am ersten Spieltag (Sonntag, 22. September, 17 Uhr) Heimrecht und empfängt Oldenburg in der Steinberghalle. Anschließend geht es am folgenden Wochenende nach Bochum zu Ex-Rist-Coach Felix Banobre und dessen Spieler Mario Blessing und Lars Kamp.