Elmshorn. Der Däne Mathias Noerheden Johansen ist Bereiter in Elmshorn. Den Job bekam er schell und unkonventionell; eine Vorstellung war genug

Es gibt viele Wege, in einen Beruf zu finden. Den Stellenmarkt sichten, Angebote suchen, Bewerbungen schreiben, Vorstellungsgespräche führen – das ist wohl die gängigste Methode. Manchmal funktioniert es aber ganz unkonventionell und überraschend einfach. So wie bei Mathias Noerheden Johansen.

Eine Mischung aus Ehrgeiz, Fleiß, Talent und guten Beziehungen, das Ganze gewürzt mit einer Prise Glück, hat den Dänen zum Zucht- und Ausbildungsstall von Tjeert Rijkens (62) in Elmshorn gebracht. Und zwar schneller, als er es jemals zu hoffen gewagt hat. Dort arbeitet der 25-Jährige seit Juli vergangenen Jahres als Bereiter, von dort aus fährt er mit Rijkens’ Pferden zu Turnieren. Alles mit dem Ziel, sich und die vierbeinigen Sportler zum Erfolg zu bringen.

Mathias Noerheden Johansen wächst auf dem Bauernhof seiner Eltern Mona (55) und Christian (58) in der Nähe von Aalborg auf. Sein Vater kümmert sich um das Milchvieh, seine Mutter arbeitet als Pflegerin in einem Altenheim. Seine drei Jahre ältere Schwester Maria bekniet die Eltern so lange, bis sie das erste Pony bekommt. Mathias will mithalten; als Dreijähriger sitzt er zum ersten mal auf dem Pony – es ist der Beginn einer großen Leidenschaft für alles, was mit Pferden zu tun hat.

Die Eltern bestehen drauf, dass sich die Kinder einbringen und täglich kümmern. Nach dem Abitur fängt Johansen als Bereiter bei Bo Bak Andersen an. Er ist ein ganz normaler junger Mann ohne das Privileg, aus einer wohlhabenden Reiterfamilie zu kommen, die ihm den Beruf und alle Möglichkeiten quasi in die Wiege gelegt hat. „Ich erkannte schnell, dass Dänemark zu klein ist, um es als Springreiter zu etwas zu bringen“, sagt Johansen.

Er ruft den Sohn seines Arbeitgebers an; es ist der internationale Springreiter Lars Bak Andersen. Der 40-Jährige hat seine zehn Pferde auf dem Elmshorner Hof von Tjeert Rijkens. „Kannst du mir helfen?“, fragt Johansen. Dann geht alles ganz schnell. Andersen attestiert seinem jungen Landsmann Fleiß und Bescheidenheit, Johansen komme aus einer bodenständigen Familie, sei frei von Allüren. Der fährt für einen Tag nach Elmshorn, reitet Pferde probe und macht sich auf den Rückweg. Er ist keine zwei Stunden unterwegs, als das Handy klingelt. „Du kannst umkehren und morgen bei mir anfangen“, sagt Rijkens; die Chemie zwischen den Beiden stimmt.

Vier Wochen nach dem Proberitt gehts nach Elmshorn

Johansen muss indes eine vierwöchige Kündigungsfrist einhalten, doch dann steht er wieder in Elmshorn auf dem Reiterhof. Die Verständigung ist zunächst nicht leicht, alle Mitarbeiter sprechen Deutsch; Johansen hört zu und paukt nach Feierabend Vokabeln. Sein Arbeitstag beginnt um 6 Uhr morgens. „Das erste von neun Pferden täglich reite ich immer schon vor dem Frühstück“, sagt der Däne mit charmantem Akzent.

Er trainiert im Wechsel 16 Pferde, einer seiner Lieblinge heißt Caramblue. Der hat blaue Augen, ist mit gut 1,80 Meter Stockmaß ungewöhnlich groß und „ein bisschen verrückt“, sagt Johansen. Caramblues Mutter starb bei seiner Geburt, er wurde von einem Pony adoptiert und aufgepäppelt, das gerade sein Fohlen verloren hatte und deshalb Milch geben konnte. „Nach nur sechs Monaten war Caramblue schon größer als seine Ziehmutter“, sagt der Holländer Tjeert Rijkens. „Caramblue ist ein echter Kasper“, ergänzt Johansen. „Er guckt gern nach links und rechts, macht Faxen, in seinem Sattel bin ich beim Training immer gefordert.“ Ganz anders bei Turnieren. „Da ist er ebenso wie unser Wallach Carayuno ein Kämpfer und lässt sich nicht ablenken, überwindet 1,40 Meter hohe Hindernisse, obwohl er erst sieben Jahre alt ist.“

Johansen kommt zum Bespiel vor einer Woche beim Landeschampionat in Elmshorn mit Caramblue unter 44 Startern nach einer fehlerfreien Runde auf Platz 4. Die Erfolge wecken bei anderen Reitern und Sponsoren Begehrlichkeiten. „Gerade hat ein Spanier bei meinem Chef angerufen, er fragte, wie viel Caramblue kosten soll. Doch der Wallach hat so viel Potenzial, dass er noch unverkäuflich ist.“

An diesem Wochenende steht Fehmarn auf dem Turnierplan

Zurzeit reitet der Däne mit den Wallachen Caramblue, Cody, Carayuno, Conrisiko und Contonio beim Pferdefestival auf der Insel Fehmarn. Dort siegt er am gestrigen Freitag auf Contonio im Youngster-Springen der Klasse M** mit bis zu 1,35 Meter hohen Hindernissen. Das Turnier auf der Ostsee-Insel läuft noch bis Sonntag. „Vielleicht liegt da für mich noch mehr drin“, sagt der 25-Jährige. „Ich werde alles versuchen.“

Nach dem Auftritt beim Pferdefestival wird sich Johansen mit seinen Freunden aus der Reiterszene zum Fußballspielen treffen. „Immer montags spielen wir in Tornesch.“ Mit dabei sind regelmäßig der dreifache Derbysieger Nisse Lüneburg aus Hetlingen, die Bereiter Simon Heineke vom Wedeler Moorhof und Maximilian Heckel aus dem Stall des Derbysiegers Sören von Rönne aus Neuendeich sowie John Walter, der die Pferde für Rasmus Lüneburg trainiert. „Fußball ist meine zweite große Leidenschaft“, sagt Johansen. „Aber wir spielen nur aus Spaß. Mein Traumberuf ist und bleibt das Reiten.“