Wedel. Etwa 1000 Profis und Amateure treten auf Catharinenhof an. Derby-Sieger Nisse Lüneburg geht nach einem Fehler diesmal leer aus.

Es hat etwas von einem kleinen Volksfest. Das Publikum ist bunt gemischt, viele Kinder sind dabei, Hunde vom kleinen Kläffer bis zum tiefenentspannten Labrador sowieso. Das alles vor einer Kulisse, wie sie schöner kaum sein kann. Kastanien, Buchen und Eichen umrahmen das in sattes Grün getauchte Gelände, die Sonne scheint, es gibt sogar einen Sandkasten für die Kinder.

Für eine echtes Volksfest fehlen allein ein Kinderkarussell und eine Losbude. Aber wer braucht die schon, wenn es vor Pferden nur so wimmelt. Die zu beobachten ist eh weitaus spannender als alles andere. Willkommen beim Pfingstturnier auf dem Catharinenhof in Wedel. Doch hier geht es nicht allein um Vergnügen und Unterhaltung; sie sind Beiwerk. Reitsport und Zucht stehen im Mittelpunkt der viertägigen Veranstaltung. Mehr als zwölf Stunden täglich werden hier Prüfungen bis zur höchsten Klasse geritten. Rund 1000 Profis und Amateure treten bei einer der größten Reitsportveranstaltungen Norddeutschlands mit 1700 Pferden an, um sich in 42 Wettbewerben zu beweisen.

Der Star unter den Reitern ist Nisse Lüneburg. Erst eine Woche zuvor hat der 30-Jährige zum dritten Mal das Springderby in Klein Flottbek gewonnen; es gilt als das anspruchsvollste und bedeutendste Reitturnier der Welt. Sein Siegerpferd, den elfjährigen Wallach Cordillo, hat Lüneburg zu Hause auf dem Magdalenenhof in Wedel gelassen, er gönnt dem Braunen eine Ruhepause.

Auf dem Catharinenhof ist Lüneburg mit sechs Pferden angekommen. Er schafft es zusammen mit 34 anderen Reitern bis zur Springprüfung der Klasse S (Hindernisse bis 1,45 Meter hoch) mit dreifacher Kombination. Doch dann passiert ihm auf dem 13-Hindernisse-Parcours mit dem brauen Wallach Westbridge ein Fehler; damit ist er aus dem Rennen.

Sieben Reiter kommen ins Stechen, darunter Lüneburgs Bruder Rasmus (35) mit seiner Stute Corniola und Simon Heineke mit Chairman. Der Schimmelwallach ist ein Sohn des Weltelite-Hengstes Casall, Heineke arbeitet als Bereiter auf dem vom zweifachen Derbysieger Carsten-Otto Nagel geführten Moorhof in Wedel.

Im Stechen bleiben alle Reiter fehlerfrei, aber Simon Heineke ist mit 79,34 Sekunden der Schnellste und bekommt 780 Euro Siegprämie. Rasmus Lüneburg belegt den siebten Platz, zur Belohnung gibt es 205 Euro. Nisse Lüneburg kommt hinter der Pinnebergerin Paula de Boer und dem Elmshorner Philipp Schulze auf Platz zwölf, Weltklasse-Reiter Rolf-Göran Bengtsson auf Platz 14. Die Ergebnisse zeigen, wie anspruchsvoll der Parcours mit viel Licht und Schatten wegen des Baumbestandes ist. Vielleicht weniger spannend, aber dennoch von sehr hohem Aufmerksamkeitswert ist das Fohlenchampionat. 17 kleine Vierbeiner sind der Hingucker an der Seite der Mutterstuten. Züchter und Springreiter Jos Muffels präsentiert die meisten Fohlen, die im Idealfall im Gleichschritt mit ihren von Muffels geführten Müttern laufen. Für den Elmshorner eine schweißtreibende Angelegenheit. „Die Präsentationen sind sportlich, einen Kilometerzähler einzuschalten, habe ich vergessen“, scherzt Muffels und erfrischt sich mit großen Schlucken aus der Selterflasche.

Er muss die jungen Wilden immer im Blick haben. Denn die kennen noch keine Regeln. Sie strotzen vor Übermut, machen fröhlich Bocksprünge oder schauen mal, was es links und rechts vom Viereck alles Interessantes gibt. Eine Herausforderung für Züchter und die Jury. Viele Zuschauer sind amüsiert, die Experten unter ihnen beginnen zu fachsimpeln.

Stutfohlen erhält mit 9,7 bei Präsentation die Bestnote

In der Startfolge ist das letzte Fohlen der Hit. Die acht Wochen alte kleine Stute bewegt sich wie ein kleiner Champion. „Die Kleine hat sich so selbstbewusst an der Mutterseite gezeigt“, sagt der stolze Züchter Jens-Peter Timm (62) aus Norderstedt und wischt sich Tränen der Rührung aus den Augen. Das fachkundige Publikum schenkt Applaus, bevor die Richter dem noch namenlosen Stutfohlen die Bestnote 9,7 geben. Die theoretisch mögliche Höchstnote 10,0 wird in der Praxis nie erreicht. Nach dem Sieg steht das Handy von Timm nicht mehr still. Fünf Bieter verhandeln, einem Angebot kann Timm nicht widerstehen. „Der Züchter hat meine Preisvorstellung getroffen, es ist ein absoluter Fachmann“, sagt Timm. Wie viel Geld er genau bekommt, mag Timm nicht sagen.

Sicher ist indes, dass es mehr als 23.000 Euro sind. Diesen Preis hat ein Fohlen bei einer Auktion während des Derbys in Klein Flottbek erzielt. Die sieben Jahre alte Mutterstute Exquisit und Tochter ziehen in der kommenden Woche nach Dithmarschen, allerdings bleibt die Mutterstute im Besitz von Züchter Timm. „Es ist das erste Fohlen meiner Sportstute Exquisit“, sagt Jens-Peter Timm. „Und mit der habe ich noch einiges vor.