Hetlingen/St. Peter-Ording. Die Hetlinger Sportreiter Jule und Rasmus Lüneburg powern am Strand von St. Peter-Ording. Alles fürs Hamburger Derby in Klein Flottbek
Als der Pferdetransporter von Rasmus Lüneburg und seiner Schwester Jule aus Hetlingen für das bevorstehende Konditionstraining in Sankt Peter-Ording eingetroffen ist, werden die vier Sportpferde unruhig und poltern herum. Sie können es kaum erwarten, über den weitläufigen Strand zu preschen. Es ist die Vorfreude auf ein Konditions- und Motivationstraining der besonderen Art. Und es ist die Generalprobe für das Hamburger Derby in Klein Flottbek.
Am Strandhäuschen vor der Parkbucht werden noch kurz die Formalitäten erledigt. „Für jedes Pferde müssen wir Eintritt bezahlen. Nach links, Richtung Osten darf geritten werden“, sagt Jule Lüneburg (31). Die Geschwister kennen dieses Prozedere – auch die Tücken mit den Prielen, Ebbe und Flut, die im Watt lauern.
Als sie den Pferdeparkplatz erreicht haben, springen die Hamburger Derby-Teilnehmer Rasmus (35) und Jule aus dem Lkw und laufen zur Laderampe. „Unsere Vierbeiner sind nach der zweistündigen Fahrt so neugierig, die wollen raus“, sagt Rasmus. Ein Deich, Salzwiesen, und der riesige zwölf Kilometer breite und zweieinhalb Kilometer tiefe Strand sind nun mit der Ebbe zu bewältigen.
Und wenn hier so wie an diesem Tag immer Sonne wäre, könnte man sich fast wie in der Südsee fühlen. „Die Pferde lieben es, die kennen den Strand bis auf unseren sieben Jahre alten Nachwuchswallach Calle Blomquist, der nun auf größere Aufgaben vorbereitet wird. Wir sind gespannt, wie Calle reagiert“, sagt Jule. Dem ist indes das Wasser zunächst nicht ganz geheuer, er scheut, doch dann findet er Gefallen daran und macht, was sein Kumpel Jakino macht: laufen, so schnell es geht. Der lange, feinsandige und feste Strand ist das geradezu perfekte Trainingsgebiet für den großen Auftritt in Klein Flottbek.
„Die Pferde können hier unter dem Sattel das eigene Tempo bestimmen, die haben so viel Power, da sind Hilfsmittel wie Sporen und Gerten komplett überflüssig“, erklärt Jule. Jetzt werden die Pferde gewechselt. Ihre Stute Sternenbanner (12) und Rasmus’ Stute Corniola (9) sind hochgradig motiviert, das Satteln geht den Vierbeinern zu langsam, die Tiere tippeln von rechts nach links.
„Die wollen los, diese Abwechslung ist sehr willkommen“, sagt Jule. Das Wasser der Nordsee ist inzwischen nicht mehr zu sehen, ganz hinten am Horizont liegen die roten und grünen Markierungstonnen für die Segler und Fischer schief mit dem ablaufenden Wasser nach Westen.
Da die Vierbeiner nach 15-minütigem Ritt im Schritt-Tempo neugierig aufs Wasser sind, lassen die Geschwister die Zügel locker und Sternenbanner und Corniola einfach um die Wette laufen. Das Wasser trägt den Schall, doch die beiden Derbyteilnehmer sieht man nicht mehr. Sie sprinten im rasenden Galopp in Richtung Büsum – „mit einem gefühlten Tempo von 70 Kilometern pro Stunde“ sagt Rasmus. „Dieses Training ist eine willkommene Abwechslung und ideal für die Motivation und Kondition“, sagt der Hetlinger Zucht- und Ausbildungsexperte, der schon 15-mal beim Hamburger Derby mitgeritten ist.
Ein Familienmitglied ist bereits Hamburger Derbysieger
Rasmus’ und Jules Bruder Nisse (29) hat das Derby sogar schon zweimal mit seinem Wallach Calle Cool in den Jahren 2012 und 2014 gewonnen. Doch bei diesem Ausflug in Sankt Peter-Ording kann er nicht dabei sein. Er stellt unterdessen sein neues Pferd Luca Toni auf einem Turnier in Redefin vor. Der Ausbilder und Derbysieger von 2002, Sören von Rönne aus Neuendeich, hat den Wallach Nisse anvertraut. Für das Derby hat sich Nisse umentschieden. Er tritt mit Cordillo an; mit dem Wallach belegte er im vergangenen Jahr im Finale den dritten Platz.
Nach dem Training im Wattenmeer sind die Tiere ausgepowert und schnauben zufrieden, Rasmus und Jule zeigen sich gut gelaunt und entspannt. „Das hat so viel Spaß gemacht, es war fast wie ein Urlaubstag“, sagt Rasmus. „Einmal in der Woche an den Strand zu fahren, wäre perfekt, zeitlich ist es aber nicht einzurichten. Es bleibt für uns ein Highlight“, ergänzt Sportmanagement-
Studentin Jule. Bevor die Pferde in St. Peter-Ording wieder in den Transporter gehen, werden sie aus dem eigens mitgeführten Wassertank gründlich geduscht. „Das Salzwasser muss aus dem Fell gespült werden“, sagt Jule. Jetzt richtet sich der Blick der Geschwister auf das Derby in Klein Flottbek.
Von 47 unterschiedlichen Prüfungen sind 15 Prüfungen für die Dressur ausgeschrieben, 32 für den Springsport. Jule hatte im vergangenen Jahr den Derby-Parcours mit den schweren Hindernissen probiert, den steilen Wall wollte die Stute Sternenbanner nicht herunter. „Der Wall ist einfach nicht ihr Ding, dann sind wir halt auf der Rückseite heruntergeritten“, erklärt Jule.
Und Rasmus fügt hinzu: „Ein Derby-Pferd benötigt für diesen speziellen Parcours am Sonntag besondere Eigenschaften: viel Selbstbewusstsein, Mut plus Konditionen, und das Letztere kann trainiert werden. Die übrigen Eigenschaften sollten von der Veranlagung einfach im Pferd stecken.“