Schenefeld. Reiter aus ganz Schleswig-Holstein nahmen an Spring- und Dressurprüfungen in Friedrichshulde teil – ein Hufschmied allerdings fehlte.

Mehr als 700 Reiter, an die 950 Pferde, insgesamt 1295 Starter in 25 Prüfungen und zwei Disziplinen – das Pferdesportzentrum Friedrichshulde in Schenefeld war von Donnerstag bis Sonntag Mittelpunkt des Reitsports. Das weitläufige Gelände eignet sich mit dem großen Springplatz optimal für Turniere und ist in der Szene ein beliebter Ort für ambitionierte Springreiter. Wälder, Felder und Bachläufe grenzen an das Gelände und sorgen für ein idyllisches Naturerlebnis neben dem Sport.

Trotz des Turniertrubels auf der Anlage blieb der gebürtige Schweizer Springreiter Christian Straub, 40, tiefenentspannt und schaute sich mit seiner Lebensgefährtin Kristin Kirchner, 34, einige Pferde auf dem viertägigen Turnier an. „Unsere Pferde haben hier den festen Standort, kurze Wege sind für uns optimal, endlich muss kein Pferdetransporter bewegt werden“, sagt Straub, der mit Kirchner seit Oktober 2012 auf der Anlage lebt und arbeitet.

Mit 13 Jahren entwickelte Straub seine Leidenschaft für den Pferdesport. „Freunde hatten mich auf einen Ponyhof mitgenommen, da sprang der Funke über“, sagt Straub. Zuvor hatte er schon Pferde auf dem Schulweg in Hamburg am Derbypark Klein Flottbek bewundert. Polo-Pferde und Ponys waren dort unter der Tribüne in Stallungen untergebracht – im Sommer und Winter. „Ich bin in die Bäume geklettert und habe den Reitern zugeguckt“, so Straub. Der Gedanke reifte, auch beruflich Vierbeiner begleiten zu wollen. „Nach der Schullaufbahn bin ich in einen Turnierstall gegangen und habe dort als Bereiter mein erstes Geld verdient.“ Die Facetten des Reitsports und das nötige Fachwissen musste sich Straub in mühevoller Arbeit selbst aneignen. Seine Schweizer Eltern sind Schauspieler und hatten zuvor mit Pferden nie Kontakt gehabt. Sich gegen die Platzhirsche der Szene zu behaupten, war für ihren Sohn kein einfaches Spiel. „Wir arbeiten nach Möglichkeit direkt mit Züchtern zusammen.“ Der Schwerpunkt seiner Arbeit in Friedrichshulde liegt in der Förderung junger Sportpferde.

Straub und Kirchner verkaufen Sportpferde in die USA

„Aktuell haben wir einen fünfjährigen Holsteiner Wallach ausgebildet und gerade nach Wellington, im USBundesstaat Florida, an eine Reiterin verkauft.“ Das ist eher untypisch, denn Amerikaner kaufen eigentlich gerne sieben oder achtjährige Pferde, die sicher in Hunter-Prüfungen laufen. Darunter versteht der Experte eine Springprüfung, in der die Pferde immer mit gleichbleibenden Tempo über feste Hindernisse springen. Die Hürden sind in der Regel nicht höher als ein Meter, und der Ritt soll harmonisch und stilvoll aussehen. Die Zeit spielt in diesen Prüfungen eine untergeordnete Rolle. Für Pferde, die den Hunterport beherrschen, werden Liebhaberpreise bezahlt. Hübsch sollten die Pferde auch aussehen. „Für so ein Pferd müssen die Kunden mehr Geld als in einen Kleinwagen investieren“, sagt Straubs Freundin, Kristin Kirchner. Bevor ein Pferd die weite Flugreise antreten kann, werden aufwendigere tierärztliche Untersuchungen in Auftrag gegeben. In Deutschland sind davon weniger üblich. Bei Auktionspferden sind vier Röntgenbilder pro Pferdebein ausreichend, die Amerikaner lassen hingegen mehr als 50 Aufnahmen machen. „Sie möchten alles wissen und scheuen keinen finanziellen Aufwand“, sagt Kristin Kirchner.

Auch sie ist seit langem dem Reitsport verbunden: In ihrer Heimat Thüringen startete sie mit zwölf Jahren auf einem Pony. Nicht nur auf dem Reitplatz gab es einige Hürden zu bewältigen. Thüringen ist kein typisches Pferdeland wie es unter anderem Schleswig-Holstein ist. „Meine Eltern haben darauf bestanden, dass ich Bürokauffrau lerne, damit ich jederzeit auf einen klassischen Beruf zurückgreifen kann“, sagt Kirchner. Sie setzte sich im Endeffekt mit ihrem bevorzugten Berufswunsch durch: Viele vordere Platzierungen und Siege konnte Kirchner in schweren Springprüfungen der Klasse S** bereits für sich verbuchen.

Je anspruchsvoller die Prüfungen werden, desto mehr Männer sind jedoch am Start. „Ich weiß auch nicht, hinter welchem Knick die heimlich geübt haben“, sagt Kirchner lachend. Bei der Final-Prüfung in Friedrichshulde waren wieder mehr Männer am Start. Das Geschlecht ist für Kirchner aber unerheblich. „Letztlich zählt die Leistung.“ Sie selbst konnte sich den siebten Platz im großen Finale der Klasse S* mit Stechen sichern.

Die Zahl der Veranstaltungen an unterschiedlichen Orten wird bundesweit gesehen insgesamt weniger, häufig gehen die Turniere – wie auch in Friedrichshulde – dafür über mehrere Tage. „Leider haben sich einige Veranstalter zurückgezogen“, erklärt Straub. Mit dem Ende der Veranstaltung war der Tag auf dem Turniergelände noch lange nicht vorbei. Trensen und Sättel wurden noch gepflegt, und Berge von Turnierwäsche mussten gereinigt werden. Der ganze Aufwand hat sich für Kirchner und Straub mit Siegen und vorderen Platzierungen an den vier Tagen in Friedrichshulde aber gelohnt.

Pferdespektakel mit Schöneitsfehlern – Anzeigetafel fiel beim S-Springen aus

„Im Jahr haben wir 17 Reitturniere auf dieser Anlage, zu 90 Prozent nutzen wir die Gelegenheit vor Ort zu starten“, sagt Christian Straub. Die Anmeldezahlen für die Turniere sind immer hoch, obwohl es kaum Geldpreise zu gewinnen gibt. Von 25 Prüfungen wurden dieses Mal nur drei honoriert. Es geht viel mehr um den Sport, um Ehre und um Punkte, die von der Deutschen Reiterliche Vereinigung für jeden erfolgreichen Teilnehmer verbucht werden.

Im Starterfeld bei einer der Dressurprüfungen in Friedrichshulde lief es nicht ganz reibungslos. Christina Breuer aus Trittau (Kreis Stormarn) hatte sich mit einem Pferd und Pony für zwei Dressurprüfungen angemeldet. „Wir waren pünktlich, und keiner war in der Lage, uns mitzuteilen, dass sich die Prüfung mehr als eine Stunde verzögert“, sagt Breuer. Eine genaue Begründung vom Veranstalter wegen der Verzögerung erfolgte nicht. Breuer war als Zweite am Start eingetragen. Pünktlich hatte sie ihren Wallach Luninario Cent zwanzig Minuten warmgeritten. Bis die Prüfung endlich starten konnte, waren Energie, Lust und Schwung des Pferdes verbraucht. Immerhin konnte sie sich mit ihrem Pony Welcome in der fast dreistündigen Dressurprüfung mit mehr als 52 Startern den vierten Platz sichern.

Eine weitere unangenehme Erfahrung machte eine Springreiterin aus Wedel, die um fünf Uhr aufgestanden und bereits um sieben Uhr auf der Anlage erschienen war. Ihr Pferd verlor ein Hufeisen. Ein Hufschmied war jedoch nicht aufzutreiben, die Teilnahme war für das Duo somit ausgeschlossen. „Ärgerlich, es war mein freier Tag“, sagte die Wedelerin. Üblicherweise ist bei Turnieren immer ein Hufschmied vor Ort.

Manch ein Profi-Spring-Ass ärgerte sich über den Ausfall der Anzeigentafel in der Springprüfung der Klasse S (schwer), die Technik hatte so ihre Tücken. Rasmus Lüneburg aus Hetlingeen sicherte sich in dieser Prüfung mit einem schnellen fehlerfreien Ritt mit Stute Negra Cabella den Sieg.