Die 26-jährige Theresa Becker aus Bönningstedt ist seit neun Monaten begeisterte Motocrossfahrerin. Beim ADAC MX Masters in Tensfeld trat sie sich schon gegen die Besten des Landes an

Bönningstedt. Schwere Maschinen und harte Jungs – dieses Bild haben viele vor Augen, wenn sie an Motorsport denken. Auch die Motocross-Szene scheint auf den ersten Blick eine reine Männerdomäne zu sein. Doch mittlerweile zeigt sich verstärkt, dass es sich bei dabei um ein Vorurteil handelt. Es gibt immer mehr Frauen, die auch in offiziellen Rennen auf den mehr als 100 Kilo schweren Maschinen um den Sieg kämpfen. Eine von ihnen ist Theresa Becker aus Bönningstedt.

Dass die 26-Jährige wie kürzlich mit der mehrfachen Motocross-Weltmeisterin Kiara Fontanesi aus Italien und Vize-Weltmeisterin und Veranstalterin Larissa Papenmeier-Picoto aus Bünde/Westfalen beim ADAC MX Masters in Tensfeld (Kreis Segeberg) starten würde, hätte sie vor neun Monaten noch nicht gedacht. Viele der aktiven Fahrerinnen haben von klein auf Kontakt zu der für Frauen eher untypischen Sportart, weil Väter und Brüder schon seit Jahren in diesem Sport verwurzelt sind. Die Bönningstedterin selbst hatte zuvor keine Berührungspunkte mit den schnellen Maschinen.

Mit dem neuen Hobby ist sieanfangs naiv umgegangen

„Es ist mir einfach so in den Sinn gekommen“, sagt Becker, „Ich bin eines Morgens aufgewacht und hatte das Gefühl, unbedingt im Gelände Motorrad fahren zu müssen.“ Da sie keinerlei Vorkenntnisse gehabt habe, sei sie das sportliche Hobby anfangs allerdings sehr naiv angegangen.

Ihr erster Weg führte sie zu einer Fahrschule, um den Motorradführerschein zu machen. „Ich war enttäuscht, als ich die Straßenmaschine sah. Das wollte ich ja gar nicht“, erinnert sich die freiberufliche Requisiteurin. Dann habe sie aber erfahren, dass man für Motocross gar keinen Führerschein braucht, da nur auf abgesperrtem, nicht-öffentlichem Gelände gefahren wird. Die Maschinen verfügen daher auch nicht über eine Straßenzulassung, und auf störende Anbauteile wie Blinker, Licht, oder Kennzeichenhalter wird gänzlich verzichtet. Trotzdem beendet Theresa ihre angefangenen Fahrstunden. Fahrpraxis schade nie, sagt sie.

Ihr nächster Schritt war die Anschaffung eines eigenen Motorrads. Durch Zufall entdeckte sie im Internet eine Anzeige aus der Nachbarschaft und kaufte eine Enduro. Auf der Strecke des MSC Bokel in der Nähe des Lutzhorner Golfplatzes unternahm sie mit ihrem neuen Geländemotorrad Fahrversuche. Unterstützt wurde sie dabei von Gleichgesinnten, die sich regelmäßig auf dem Gelände treffen. Die Crosser-Gemeinschaft sei von Beginn an sehr nett und hilfsbereit gewesen und unterstütze sie heute noch, wenn sie Fragen oder Probleme habe, so Becker.

Die ersten Erfahrungen auf dem neuen Gefährt und der ungewohnten Strecke setzten der jungen Frau kräftemäßig und auch mental ziemlich zu. Sie habe schnell feststellen müssen, dass sie ohne ein Sportprogramm außerhalb der Rennstrecke nicht weit kommen würde: „Ich gehe mindestens dreimal die Woche ins Fitnessstudio, ich laufe, schwimme und fahre Fahrrad. Das Training war für mich anfangs hart und ich merkte bald, dass mir der Sport sehr viel abverlangt. Aber das hat mich umso mehr gereizt, und ich wollte es erst recht schaffen“, sagt Theresa.

Um sich weiter zu verbessern, stellte sich die ambitionierte Fahrerin ihren ersten Wettkämpfen. Regelmäßig nimmt sie an der Enduro-Serie Offroadscramble teil. Ziel dieser Rennen ist es, in zwei Stunden eine Strecke mit unterschiedlichen Bodenbedingungen und Hindernissen wie Reifen oder Baumstämme zu bewältigen. Im Feld der Frauen starten achtmal im Jahr etwa 15 Teilnehmerinnen jeden Alters. Theresa platzierte sich bisher souverän unter den ersten Zehn.

„Sehr gute Fahrerinnen können heute auch bei den Männern antreten. So weit bin ich allerdings noch lange nicht“, erklärt Becker, „aber ich mache Fortschritte.“ Dies warauch der Grund für ihre Teilnahme am ADAC MX Masters in Tensfeld.

30 Frauen aus der Region und der internationalen Motocross-Szene kämpften auf einer anspruchsvollen Sandbahn um den Sieg: „Ich konnte allerdings ganz entspannt ins Rennen gehen. Ich hatte schon damit gerechnet, Letzte zu werden, da die anderen Mädchen zum Teil schon über acht Jahre dabei sind“, sagt sie. Überraschend landete sie auf dem 23. Platz, ein Ergebnis, mit dem sie zufrieden war.

Bei diesem Sport kann Theresaan ihre Grenzen gehen

Beim Motocross befinden sich die Teilnehmerinnen 20 Minuten auf der Rennstrecke. Sind diese vorbei, wird das Rennen nach weiteren zwei Runden entschieden. Der direkte Zweikampf ist dabei nicht zu vermeiden. Die Bönningstedterin meint, dass ihr der Enduro-Cross mehr Spaß mache und sie im Laufe des Jahres vor allem in dieser Disziplin Wettkämpfe bestreiten werde. Sie freut sich nämlich viel mehr über gelungene Sprünge und gute Fahrten, als über fünf Sekunden schnellere Rundenzeiten.

Theresa Becker sieht ihren Sport als perfekte Möglichkeit, um über ihre persönlichen Leistungsgrenzen hinauszuwachsen: „Wir Frauen haben es vor allem in der Anfangszeit viel schwerer als die männliche Konkurrenz, da wir von Beginn an körperlich hart an uns arbeiten müssen. Ohne einen hundertprozentigen Erfolgswillen schmeißt man schnell alles hin.“ Aufgeben ist für eine wie sie jedoch auf keinen Fall ein Thema.