Quickborn/Wrist. Besuch in Wrist, wo der NDR-Moderator mit dem „Kämpfer-Gen“ nach dem Schock vieles neu lernen muss. Wann er wieder auf Sendung will.

Noch schaut er in aller Ruhe auf einen kleinen Teich, weite Landschaft und viel Grün, eine ländliche Idylle, wenn er aus dem Fenster in seinem kleinen Zimmer in Wrist blickt. Doch in wenigen Tagen, Anfang Mai, kann Carlo von Tiedemann wieder nach Hause zu Frau Julia und Tochter Viktoria nach Quickborn.

Fast vier Monate lang war der Kultmoderator, der 53 Jahre Radio und Fernsehen beim NDR gemacht hat, ausgeschaltet. Eine Herz-OP zwang den 80-Jährigen im Januar zu einer Pause. „Ich freue mich sehr, bald wieder zu Hause sein zu können“, sagt er.

Carlo von Tiedemann: Altenheimbetreiber sagt, er soll schnell wieder nach Hause

Aber das werde schwer genug werden, ahnt von Tiedemann. „Ich muss ja alles erst wieder lernen. Das wird eine große Anstrengung für mich und davor habe ich großen Respekt“, sagt er nachdenklich. Nach der Herz-OP, verursacht durch eine bakterielle Infektion der Herzkranzgefäße, bei der der langjährige NDR-Moderator auch noch einen Wirbelbruch erlitt, und monatelanger Reha in einer Hamburger Klinik ist er nun seit drei Wochen im Pflegeheim „Haus im Bramautal“ im beschaulichen Dörfchen Wrist im Kreis Steinburg zur Kurzzeitpflege.

Da er nicht nach draußen kann, bleibt Carlo von Tiedemann nur ein wehmütiger Blick aus dem Fenster auf die grüne Idylle in Wrist.
Da er nicht nach draußen kann, bleibt Carlo von Tiedemann nur ein wehmütiger Blick aus dem Fenster auf die grüne Idylle in Wrist. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Sein Quickborner Nachbar Eike Kuhrcke betreibt dort seit 21 Jahren das Pflegeheim. So war der Kontakt zustande gekommen. „Es geht für Carlo nicht um einen stationären Aufenthalt bei uns“, betont Kuhrcke, der in Quickborn auch stellvertretender Bürgermeister ist. „Carlo ist ja kein Pflegefall.“ Vielmehr soll der beliebte Kultmoderator durch viel Physiotherapie und Bewegungstraining schnell wieder auf die Beine kommen.

Das scheint gut gelungen zu sein. „Treppen steigen bereitet mir keine Probleme mehr“, erklärt von Tiedemann. Noch wenige Tage zuvor klagte er darüber, dass er sich bei jeder Stufe so fühle, als wenn er den „Mount Everest“ besteigen müsste. „Doch jetzt funktioniert das wieder“, freut er sich. Denn zu Hause in Quickborn gebe es zahlreiche Treppen zu bewältigen - hoch und runter. „Wir leben in einem Treppenhaus“, sagt von Tiedemann mit seinem berühmten leicht ironischen Wortwitz.

Carlo genießt die Ruhe und ländliche Idylle, das Essen sei „akzeptabel“

Er genieße bis dahin die Ruhe in diesem kleinen Pflegeheim, erzählt von Tiedemann. „Ich werde hier absolut gut und liebevoll betreut“, sagt er. „Das Essen ist akzeptabel.“ Die anderen 30 Bewohnerinnen und Bewohner hätten ihn aber noch nicht zu Gesicht bekommen. „Ich bleibe hier auf meinem Zimmer.“

Der prominente Bewohner des Pflegeheims hat auch ein eigenes Türschild.      
Der prominente Bewohner des Pflegeheims hat auch ein eigenes Türschild.       © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Alle wüssten zwar, dass der bekannte NDR-Moderator unter ihnen im Haus im ersten Stock in Zimmer 206 wohne, weiß Carlo. Aber er wolle kein Aufsehen und nicht mit allen reden müssen. „Ich war noch nie unten. Ich bin hier das Gespenst.“ Eine Pflegerin lobt den Umgang mit dem prominenten Gast: „Carlo von Tiedemann ist ein lieber Kerl, sehr freundlich.“

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Wegen seiner geschwollenen Füße könnte er zurzeit noch keine Schuhe anziehen und deshalb auch nicht nach draußen, bedauert von Tiedemann. Aber das werde sich bald ändern. Wenn er wieder zu Hause sei, bekäme er Spezialstrümpfe und könnte dann hoffentlich auch bald wieder durch sein geliebtes Himmelmoor spazieren, das nicht weit entfernt von zu Hause sei. „Das Quickborner Himmelmoor ist mein Revier.“ 25 Jahre lebe er schon in Quickborn. „Dort ist es wunderbar.“

Schon bald möchte der beliebte NDR-Moderator wieder auf Sendung gehen

Carlo von Tiedemann ist schon wieder voller Tatendrang. Anfang Januar war der beliebte Moderator zuletzt auf Sendung auf NDR 90,3. Dort moderiert er jeden Sonnabend von 10 bis 12 Uhr. „Ich habe noch einen Vertrag beim NDR bis Oktober nächsten Jahres“, sagt von Tiedemann, der in den Jahren 1969 und 1970 auch für kurze Zeit als Journalist beim Hamburger Abendblatt in der damals neuen Außenredaktion in Norderstedt gearbeitet hat, bevor es ihn zum Radio und später auch zum Fernsehen („Aktuelle Schaubude“) zog.

Pflegeheimbetreiber Eike Kuhrcke ist seit zehn Jahren Nachbar von Carlo von Tiedemann in Quickborn: „Carlo ist bisher unser prominentester Bewohner.“    
Pflegeheimbetreiber Eike Kuhrcke ist seit zehn Jahren Nachbar von Carlo von Tiedemann in Quickborn: „Carlo ist bisher unser prominentester Bewohner.“     © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

In gut einem Monat hofft er, wieder auf Sendung zu sein und seine Hörerinnen und Hörer mit seiner guten Laune und den witzigen Sprüchen unterhalten zu können. „Frühestens in einem Monat“, fügt Carlo von Tiedemann angesichts seines Zustandes vorsichtig hinzu. „Ich muss ja erst wieder richtig laufen lernen. Aber ich habe ja das Kämpfer-Gen.“

Auch für bedürftige Menschen setzt sich Carlo ehrenamtlich ein

Auch für den Verein „Quickborn hilft“ wolle er sich bald wieder engagieren, der sich vor allem um bedürftige Kinder kümmert. „Carlo ist seit 20 Jahren unser Schirmherr“, sagt der Vorsitzende Andreas Torn.

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Und auch für die Tagesaufenthaltsstätte der Diakonie in Norderstedt, die Obdachlose betreut, engagiert sich der umtriebige Moderator. „Das sind Menschen, die unserer Hilfe bedürfen“, sagt von Tiedemann. „Die haben meist nichts als ihre Klamotten.“

Hier im Haus Bramautal in der Steinburger Gemeinde Wrist ist der NDR-Kultmoderator Carlo von Tiedemann nach seiner Herz-OP seit drei Wochen in Kurzzeitpflege.
Hier im Haus Bramautal in der Steinburger Gemeinde Wrist ist der NDR-Kultmoderator Carlo von Tiedemann nach seiner Herz-OP seit drei Wochen in Kurzzeitpflege. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Zu seiner raschen Genesung würden auch Frau und Tochter beitragen, erzählt von Tiedemann und strahlt übers ganze Gesicht. „Die beiden haben mich jeden Tag in der Klinik und hier im Pflegeheim besucht“, sagt er stolz. „Ich bin nicht einen Tag allein gewesen. Das ist Liebe und wahrlich ein Geschenk, eine solche Familie zu haben“, sagt Carlo von Tiedemann und schaut wieder aus seinem Fenster auf die saftigen Wiesen von Wrist. „Hier findet man seine Ruhe.“ Nur ab und zu wird die Stille unterbrochen von der Bahn, die hier zwischen Altona und Kiel vorbeifährt.