Schenefeld. Die attackierten Sparkassen in Schenefeld setzten auf raffiniertes Abwehrsystem. Wie es funktioniert und welche Details bekannt sind.

Vier Tage nach der Sprengung von zwei Geldautomaten im Stadtzentrum Schenefeld hat das Landeskriminalamt die Auswertung der Videoaufnahmen beendet. Kriminelle hatten in der Nacht zum Montag zeitgleich in unterschiedlichen Trakten des Einkaufszentrums sowohl einen Automaten der Hamburger Sparkasse als auch der Sparkasse Südholstein angegriffen. An das in den Automaten befindliche Geld kamen sie in beiden Fällen jedoch nicht.

Um die Attraktivität solcher Angriffe zu senken, setzen die Sparkassen in Schleswig-Holstein inzwischen auf einen neuen, einheitlichen Sicherheitsstandard. Er umfasst sechs Maßnahmen. Dazu gehören Videoüberwachung, Nachtschließungen von 23 bis 6 Uhr an einzelnen gefährdeten Standorten, modernste Einbruchmeldetechnik, Vernebelungstechnik sowie die mechanische Umrüstung der Geldautomaten, um das Einleiten von Explosivstoffen zu verhindern.

Sprengung in Schenefeld: Sparkassen rüsten ihre Geldautomaten nach

Wichtigster Punkt ist der Einbau sogenannter Färbesysteme. Eingebaute Farbpatronen sorgen dafür, dass bei einem Angriff wie in Schenefeld die Geldscheine eingefärbt werden. Auf diese Weise werden die Geldscheine für eine spätere Nutzung unbrauchbar. Auf dieses System setzt auch die Hamburger Sparkasse (Haspa).

Es war laut Haspa-Sprecher André Grunert auch in Schenefeld verbaut „Wir haben seit längerem damit angefangen, unsere Filialen entsprechend nachzurüsten. In Schenefeld war das System bereits verbaut“, so Grunert. In diesem Fall kam es laut Abendblatt-Informationen nicht zum Einsatz, weil trotz der Sprengung und des hohen Schadens die besonders gesicherte Geldkassette im Innern standhielt. „Die Sicherheitsmaßnahmen haben gegriffen“, so der Haspa-Sprecher.

Die Explosion in der Automatenzone der Haspa war derart massiv, dass Scheiben sprangen und Türen herausflogen.
Die Explosion in der Automatenzone der Haspa war derart massiv, dass Scheiben sprangen und Türen herausflogen. © DPA Images | Bodo Marks

Ob dieses System auch bereits im Automaten der Sparkasse Südholstein vorhanden war, konnte Sprecherin Imke Gernand nicht sagen. „Wir sind, wie auch die anderen Sparkassen im Land, mitten in der Umrüstung.“ In einem Teil der Filialen seien die Automaten bereits entsprechend nachgerüstet, in anderen werde dies in Kürze erfolgen.

Laut dem Sparkassen- und Giroverband Schleswig-Holstein läuft der Einbau von Färbesystemen in die Geldautomaten aller Sparkassen im Land gerade auf Hochtouren und wird bis zum Herbst dieses Jahres nahezu abgeschlossen sein.

Sparkassen und Behörden untersuchen jeden der 703 Standorte auf Risiken

Laut Verbandsgeschäftsführer Harald Weiß haben die Sparkassen bereits im Vorjahr gemeinsam mit den Sicherheitsbehörden detaillierte Risikoanalysen aller 703 Geldautomatenstandorte im Land erstellen lassen. Resultat ist der gemeinsame Sicherheitsstandard. Hinzu kämen individuelle, an die örtlichen Gegebenheiten angepasste Sicherungsmaßnahmen zum zusätzlichen Schutz der Geldautomaten.

Denn für den Sparkassen- und Giroverband ist klar: Jeder Angriff auf einen Geldautomaten ist einer zu viel ist. Ein wesentliches Ziel des Verbandes und der Mitgliedsbanken ist es, die Sicherheitslage vor Ort stetig zu verbessern. Verbandsgeschäftsführer Harald Weiß: „Das gelingt am ehesten, indem es möglichst unattraktiv ist, Angriffe auf Geldautomaten zu planen und durchzuführen.“

Während es den Tätern bei der Haspa gelungen war, den Automaten zu sprengen, zündete das eingeleitete Gasgemisch beim Automaten der Sparkasse Südholstein nicht. Aus diesem Grund ist im Gegensatz zur Haspa kein sichtbarer Schaden in der Filiale entstanden. In der Sparkasse löste die fehlgeschlagene Sprengung jedoch die Sprinkleranlage aus, sodass es zu einem erheblichen Wasserschaden kam.

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Daher ist diese Filiale aktuell noch geschlossen. Die Haspa konnte die Filiale mit Ausnahme des Automatenbereichs bereits am Dienstag wieder öffnen. „Wir können aktuell noch nicht sagen, wenn wir den Betrieb wieder für die Kunden aufnehmen können. Das entscheidet sich in den nächsten Tagen“, so Sparkassen-Sprecherin Gernand.

Der massive Wasseraustritt aus der Sprinkleranlage ziehe umfangreiche Trocknungsarbeiten nach sich. „Wir prüfen gerade, inwieweit auch der Estrich betroffen ist.“ In der Filiale seien Trocknungsgeräte aufgestellt. Klar sei schon jetzt, dass der gesamte Fußbodenbelag ausgetauscht werden müsse.

Sparkasse Südholstein stellt in Schenefeld mobilen Geldautomaten auf

Die Mitarbeiter aus der Schenefelder Filiale arbeiten derzeit vom Standort in Halstenbek aus, sind dort auch telefonisch erreichbar. Um die Geldversorgung für die Kunden in Schenefeld zu gewährleisten, hat die Sparkasse inzwischen einen mobilen Geldautomaten aufgestellt.

Dieser steht vor dem Haupteingang des Einkaufszentrums und nicht vor dem Eingang des Nebentraktes, wo sich die Räume des Kreditinstitutes befinden. Der Standort am Haupteingang wurde aus technischen Gründen gewählt. Schilder an der geschlossenen Filiale weisen auf den Standort des Geldautomaten hin.

Täter der Sprengung kommen aus der organisierten Kriminalität

Die Täter der Sprengung kommen offenbar aus dem Bereich der organisierten Kriminalität, sodass die Ermittlungen beim Landeskriminalamt (LKA) in Kiel liegen. Sprecherin Carola Jeschke gibt sich auf Abendblatt-Anfrage aber wenig auskunftsfreudig. Sie geht davon aus, dass die Auswertung der Sicherheitskameras inzwischen abgeschlossen ist. Die Ermittlungen würden auf Hochtouren laufen. „Es gibt aber aktuell keine Hinweise, die wir veröffentlichen möchten.“