Wedel. Indien, Uganda, Belgien - und nun an die Nordsee: Johanna Hvalic (26) will Ärztin werden, dann Europa retten. Nun betreut sie Kinder.
Sie ist 26 Jahre jung und hat so viel von der Welt gesehen, wie es die meisten anderen in ihrem ganzen Leben nicht schaffen werden. Dabei hatte sie nach ihrem Abitur am Johann-Rist-Gymnasium in Wedel noch ganz andere Pläne. Doch dann haben sich ihre Lebensziele in Indien dramatisch geändert, verriet die junge Frau im Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt.
„Christian Hospital Bissamcuttack – ich komme! Und in 15 Jahren bin ich hoffentlich Kinderärztin ...“ Mit diesem Wunsch verabschiedete sich Johanna Hvalic, von den meisten „Hanna“ gerufen, in ihrer Abi-Zeitschrift 2016 von den Freundinnen und Freunden aus Wedel. Tatsächlich arbeitete die junge Wedelerin in der Wunsch-Klinik in Indien und schien auf dem Weg, ihren Lebenstraum zu verwirklichen.
Von Wedel in die Welt: Nach Trump-Wahl und vor Brexit - „Wir müssen Europa retten!“
Doch ein halbes Jahr später war die Welt eine andere. In den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) hatte Donald Trump die Wahl gewonnen. In Großbritannien drohte der inzwischen abgeschlossene Austritt aus der Europäischen Union. Da entschied sich die damals 20-Jährige, umzusteuern.
„Wir müssen Europa retten!“ Mit diesem neuen Ziel schmiedete die junge Frau einen komplett anderen Masterplan. Statt Medizin stürzte sie sich auf „European Studies“ im holländischen Maastricht, wo 1993 der Grundstein für die Europäischen Union in ihrer heutigen Form mit offenen Grenzen gelegt worden war.
Mit dem letzten EU-Förderprogramm in Großbritannien studiert
Sehr international richtete Johanna Hvalic ihr Studium aus. Aber Europa blieb anfangs im Mittelpunkt. Dabei nutzte sie auch die verbliebenen offenen Brücken nach England und landete im letzten Erasmus-Programm auf der Insel. Damit werden Auslandssemester von Studenten finanziell gefördert und abgesichert. Der Name soll an Erasmus von Rotterdam erinnern, einen Humanisten, der im Übergang von Mittelalter zur Neuzeit lebte.
Menschenrechte waren und sind für Johanna Hvalic ein besonderes Thema. Da die Wedelerin bei einem internationalen Friedenstreffen in Kiel einen jungen Mann aus Uganda kennen und lieben gelernt hatte, zog es sie nach der monatelangen Zwangstrennung in der Corona-Pandemie ins Heimatland des Mannes.
Master-Studium beim Liebsten in Uganda
In Uganda absolvierte Johanna Hvalic ihren Master mit dem Schwerpunkt Neokolonialismus und Gender-Gerechtigkeit. Doch Arbeitsplätze sind in diesem spannenden Land, in dem sie sowohl in der Hauptstadt Kampala am Victoriasee als auch in einer kleinen Stadt an der Quelle des Nils lebte, rar.
Deshalb zog es Johanna Hvalic wieder nach Europa zurück. Dort arbeitet sie noch bis zum Ende der Wahlperiode für den Abgeordneten des Europaparlaments in Brüssel, Udo Bullmann (SPD), der den (Unter-)Ausschuss für Menschenrechte führt. Eine Aufgabe, die ideal von der jungen Frau zu erfüllen ist.
Assistentin eines Europa-Abgeordneten in Brüssel
„Ich bereite Stellungnahmen für den Abgeordneten vor, briefe ihn für Treffen mit Vertretern internationaler Entwicklungsorganisationen“, erzählt Johanna Hvalic. Mit diesen Erfahrungen hofft die 26-Jährige bei dem geplanten nächsten Umzug nach Uganda, dort in einer Organisation der Vereinten Nation oder bei einer ebenfalls international agierenden Institution wirken zu können. Geheiratet hat sie ihren Liebsten bereits im vorigen Jahr.
Doch bis es soweit ist, erfüllt sich die junge Frau, deren Vater immer noch in Wedel lebt, einen weiteren Herzenswunsch. Im Sommer wird sie eine Freizeitgruppe der Stadtjugendpflege im Fünf-Städte-Heim in Hörnum auf der Nordseeinsel Sylt betreuen – ehrenamtlich und mit viel Herzblut.
In der Wedeler Kirche als Jugendgruppenleiterin ausgebildet
Die Jugendbetreuung hatte Johanna Hvalic schon als Jugendliche fasziniert. In Wedel genoss sie erst die Kinderbibelwoche und andere Aktionen in der Rolandkirchengemeinde, bis sie selbst Konfirmandengruppen begleitete. Vor allem die Arbeit von Jugenddiakon Christian Weber begeisterte „Hanna“, wie die Kinder sie rufen dürfen.
„Ich bin da reingewachsen, wollte Teil dieser Gemeinschaft bleiben“, erinnert sich die heute graduierte Wissenschaftlerin. „Es ist cool, schon als junger Mensch zu lernen, Aktionen selbst zu gestalten und Verantwortung zu übernehmen.“ Vom Diakon, der auch die jungen Teamerinnen anleitete, fühlte sie sich jederzeit ernst genommen und als vollwertiges Teammitglied anerckannt.
Mit Wedels Stadtjugendpflege „tolles Gemeinschaftsgefühl“ genossen
Als sich die Chance bot, die kurzen Freizeiten der Kirche mit der Wedeler Stadtjugendpflege noch länger zu genießen, wechselte die ausgebildete Jugendgruppenleiterin den Auftraggeber. „In zwei Wochen Freizeit wächst mit den Kids ein ganz tolles Gemeinschaftsgefühl“, erzählt Johanna Hvalic.
Dieses Gefühl hat sie sich über alle ihre Auslandseinsätze und ihrer beruflichen Entwicklung bewahrt. Egal, ob aus Indien, Uganda oder anderswo. Immer hielt „Hanna“ Kontakt zu den Jugendbetreuern der Stadt Wedel.
Im Sommer geht es noch einmal ins „Fünf-Städte-Heim“
Jetzt soll es noch mal ernst werden. Johanna Hvalic hat vor Kurzem das Jugendleiterseminar der Jugendpflege im Fünf-Städte-Heim mitgemacht und gehört jetzt zu einem Team, das für Ende Juli und Anfang August eine tolle Freizeit in Hörnum vorbereitet.
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Es gibt sogar noch freie Plätze. Wer mit der weltoffenen „Hanna“ und ihren Mitstreitern zwei Wochen Urlaub an der Nordsee verbringen will, meldet sich im Rathaus an. Die junge Frau freut sich schon riesig auf die Spiele mit den Kindern am Strand und auch im Haus – und sie hat ganz viel zu erzählen.