Kreis Pinneberg/Norderstedt. Hochseilgärten faszinieren besonders Kinder und Jugendliche. Wo man im Hamburger Umland in luftiger Höhe kraxeln kann.

Ob Klettern zu den Urtrieben des Menschen zählt, ist nicht abschließend geklärt. Die einen sagen so, die anderen so. Manches spricht dafür, beispielsweise die leicht nachzuvollziehende Beobachtung auf Spielplätzen: Kinder, so man sie lässt, beginnen munter zu klettern, sobald man ihnen ein Gerüst hinstellt.

An diese Lust, mit eigener Kraft und Geschicklichkeit an Höhe zu gewinnen, knüpfen inzwischen Betreiber von sogenannten Hochseilgärten an. Einer davon ist am östlichen Ortseingang von Hasloh in die Landschaft komponiert. Im Kreis Pinneberg gibt es zudem noch den Hochseilgarten in Heist.

Kletterpark Pinneberg: Reizvolle Kombination aus Natur und Bewegung

In Hasloh heißt der Inhaber Daniel Grosser, ist 42 Jahre alt und von Beruf Erzieher im Bereich Erlebnispädagogik. Er arbeitet seit 13 Jahren auf der Anlage und hat sie 2019 von seinem Vorgänger übernommen, genauer gesagt: Er hat den Betrieb gekauft.

Ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt für den Sprung in die Selbständigkeit. Denn was folgte, ist bekannt: Die Pandemie mit all ihren Restriktionen auch im Freizeitbereich. „Davon hat sich das Geschäft finanziell bis heute nicht erholt, zumal das Wetter danach auch nicht gerade optimal war“, klagt Grosser, will sich jedoch nicht beirren lassen. Schon ein schöner Frühling, Sommer und Frühherbst könnten ihn wieder in die Spur bringen.

„Die Kombination aus Natur und Bewegung in den Hochseilgärten finde ich ausgesprochen reizvoll“, schwärmt Grosser und ergänzt noch rasch: „Besonders im momentan herrschenden Frühling.“ In acht Metern Höhe erlebe man den Wald eben noch einmal ganz anders als vom Erdboden aus.

Mindestalter der Besucher beträgt sechs Jahre, die Mindestgröße 1,20 Meter

Aber was ist überhaupt ein „Hochseilgarten“? Die technisch korrekte Definition lautet: Zwischen zwei Tragwerken, also beispielsweise Bäumen, befinden sich – in unterschiedlicher Höhe – Hindernisse, welche sich zu einem Parcours zusammenfügen, der üblicherweise in weniger als einer halben Stunde absolviert werden kann. In Hasloh gibt es zehn solcher Parcours. Binnen der Aufenthaltsdauer von drei Stunden lassen sich also kommod sechs davon schaffen.

Das Mindestalter der Besucher beträgt sechs Jahre, die Mindestgröße 1,20 Meter. Tatsächlich bilden die Jüngsten eine wichtige Klientel für Grosser, der deswegen auch gern Kindergeburtstage ausstattet.

„Das ist mal was anderes als Fußball, Handball oder Tennis“

Familien mit Kindern kommen gern hierher, wie etwa die Sundermeiers aus dem benachbarten Quickborn. Vater Jan besucht den Klettergarten mit Ehegattin Hanna und den beiden Kindern Felix und Michaela seit drei Jahren einmal pro Saison: „Das ist mal was anderes als Fußball, Handball oder Tennis.“ Der elfjährige Sohn Felix hat sich schon einmal an den Höchstschwierigkeitsparcours getraut, ihn aber noch nicht ganz bewältigt. Er warnt Ungeübte: „Leute mit Höhenangst sollte das lieber nicht machen, die sind hier schlecht dran.“

Kletterfamilie Sundermeier (von links Michaela, Hanna, Jan und Felix): Einmal pro Jahr haben sie Spaß im Hasloher  Hochseilgarten.
Kletterfamilie Sundermeier (von links Michaela, Hanna, Jan und Felix): Einmal pro Jahr haben sie Spaß im Hasloher Hochseilgarten. © Werner Langmaack | Werner Langmaack

Tatsächlich kommt es trotz detaillierter Einweisung in Technik und Sicherheitsvorkehrungen immer mal wieder vor, dass Übermütige so hoch klettern, dass sie die Angst überkommt. Auf solche Fälle sind die Teams in den Klettergärten allerdings vorbereitet und holen die verzagten Personen routiniert vom Baum.

Eine zum Anlass passenden Montur ist wichtig. So sind statt Slipper oder Sandalen Sportschuhe oder leichte Trekkingschuhe zu empfehlen, außerdem bequeme Kleidung, in der man sich geschmeidig bewegen kann. Frauen und Mädchen sollten weder Röcke noch Kleider anziehen, da der Klettergurt darüber schlecht angelegt werden kann. Schmuckstücke wie Ketten und Ringe sind Gefahrenquellen.

Eine künstlich geschaffene Kraxellandschaft in Norderstedt

Während es im Kreis Pinneberg einen weiteren Naturklettergarten am Rande des Heister Flughafengeländes gibt, steht im Norderstedter Stadtpark gleichsam das Gegenstück: Eine künstlich geschaffene Kraxellandschaft. Die Anlage besteht aus Holzpfeilern statt aus Bäumen und bietet bis zu 75 Elemente auf sechs Parcours in Höhen von 1,50 bis 8,50 Metern.

Paula Bitter arbeitet als Werkstudentin im Norderstedter Klettergarten.
Paula Bitter arbeitet als Werkstudentin im Norderstedter Klettergarten. © Werner Langmaack | Werner Langmaack

Werkstudentin Paula Bitter arbeitet dort seit vier Jahren als koordinierende Tagesmanagerin: „Wir haben das schöne Wetter an Ostern ausgenutzt, um das erste Mal in dieser Saison zu öffnen. Die Resonanz war positiv, wir sind gut gebucht“, erzählt sie. Wenn es voll wird, passen gut 60 Personen in den Klettergarten.

Die 24-Jährige beobachtet mit besonderem Vergnügen das Gebaren von Kindern, die zum ersten Mal kommen: „Erst schauen sie ängstlich und unsicher, aber nach oft nicht einmal einer Stunde löst sich die Scheu und sie haben sichtlich Spaß an der Sache.“ Die meisten stehen vor für sie unerforschten Aufgaben, von denen sie nicht wissen, ob sie sie bewältigen, tasten sich vorwärts, ehe sie ein gewisses Selbstvertrauen erlangen.

Man kann nie beide Sicherungshaken gleichzeitig aushebeln

Dabei steht die Sicherheit der Kletterer natürlich im Vordergrund. In Norderstedt und andernorts arbeiten sie mit einem System der doppelten Sicherung. Man kann nie beide Sicherungshaken gleichzeitig aushebeln. Ein freier Fall, ein Absturz ist damit so gut wie ausgeschlossen. Diese Sorgfalt zum Schutz der Kinder beruhigt natürlich Eltern oder Großeltern, die am Erdboden auf ihre Lieblinge aufpassen.

Die Norderstedter Anlage wurde 2016 auf einem 1000 Quadratmeter großen Wiesengrundstück im Stadtpark errichtet: Plattformen, Hängebrücken, Schaukeln und Schwebebalken für Kletterer jeden Alters verbinden sich zu einer praktisch gefahrlosen Action. Zwar macht der Pfeilerwald optisch eher wenig her, hat aber einen erheblichen Vorteil, sagt die Tagesmanagerin: „Man kann alles bestens überblicken, was auch für Lehrkräfte wichtig ist, die mit ihren Schulklassen kommen.“

Vertrauen, Koordination und Problemlösungsfähigkeiten werden gesteigert

In Heist preisen sie eine neue Variante an: „Teambuilding im ‚Niedrigseilgarten‘ für alle Gruppen geeignet. Selbstvertrauen und Zusammenhalt stärken, Grenzen überwinden. Durch unterschiedliche Übungen werden Vertrauen, Koordination und Problemlösungsfähigkeiten gesteigert, während Sie gemeinsam Hindernisse überwinden und neue Fähigkeiten entwickeln.“ Zielgruppen: Firmen, Schulklassen oder private Cliquen.

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Wen nach einigen Runden durch die besagten Anlagen ein höheres Level reizt: Europas größter Kletterwald ist nicht weit entfernt. In Schneverdingen, das zur Metropolregion Hamburg gehört, steht er: Auf sechs Stockwerken, bis zu einer Höhe von dreißig Metern warten über 180 Aufgaben und Stationen.

Wer indes auf zusätzlichen Nervenkitzel verzichten kann, findet in Hasloh, Norderstedt und Heist eigentlich alles, was der Mensch für ein paar Stunden kurzweiligem Freizeitsport auf Bäumen oder Masten braucht.