Kreis Pinneberg/Kreis Segeberg . AKN errichtete jetzt auf ihrer Strecke zwischen Eidelstedt und Kaltenkirchen den ersten von 984 Masten für die Strom-Oberleitungen.
„Der erste Schritt ist getan – viele weitere werden folgen“, begrüßte ein hocherfreuter AKN-Chef Matthias Meyer bei strahlendem Wetter am Donnerstagmittag die etwa 50 Gäste, Politiker und Journalisten mitten auf dem Bahngleis am Hörgensweg in Hamburg-Eidelstedt. Dort wurde jetzt der erste, 13,75 Meter hohe Mast aufgestellt, der mit 983 weiteren Masten bis Ende 2028 die Bahnstrecke zwischen Eidelstedt, Bönningstedt, Hasloh, Quickborn, Ellerau und Ulzburg bis Kaltenkirchen über Oberleitungen mit Strom versorgen soll.
Dann werden auf dieser 30 Kilometer langen Bahnstrecke nicht mehr die dieselangetriebenen Triebwagen der AKN fahren. Die Hamburger S-Bahn-Linie 5 wird diese Strecke übernehmen. Ursprünglich sollte es die S21 sein. Keiner der etwa 10.000 Fahrgäste, die hier täglich zwischen Kaltenkirchen und Quickborn nach Hamburg zur Arbeit pendeln, muss dann mehr auf dem Bahnhof in Eidelstedt aus- und umsteigen. Die Bahnpendler können einfach, bequem und entspannt im Zug bis zum Hauptbahnhof sitzenbleiben – oder sogar bis nach Stade.
Endlich geht es los, freuen sich die Bürgermeister der Anrainer-Kommunen
Über diesen „ersten entscheidender Schritt auf dem Weg zur Elektrifizierung der S-Bahn-Linie S5“ freuten sich vor allem auch die beiden Bürgermeister der Anrainer-Kommunen Quickborn und Ellerau, die die das Einrammen des ersten Stahlmastes aufmerksam auf den Gleisen verfolgten. Die Strecke ist zurzeit zwischen Eidelstedt und Burgwedel für diese Bauarbeiten gesperrt.
„Endlich geht es los“, sagte Quickborns Bürgermeister Thomas Beckmann, der diese Prozedur gleich mit seinem Handy filmte. Für die Quickborner Bevölkerung werde die Hamburger Innenstadt bald besser erreichbar sein. „Die Ära der S-Bahn kommt uns so ein gutes Stück näher“, sagte er. Und Amtskollege Ralf Martens aus Ellerau sagte: „Schön, dass es mit der Elektrifizierung weitergeht. Die Inbetriebnahme der S-Bahn rückt ein Stück näher.“
Verkehrs-Staatssekretär: Die S-Bahn bringt Schleswig-Holstein und Hamburg einander näher
Auch aus Sicht des Landes Schleswig-Holstein ist dieses Projekt ein sehr wichtiges, wie Staatssekretär Tobias von der Heide aus dem Verkehrsministerium in Kiel sagte. „Es bringt Schleswig-Holstein und Hamburg näher zusammen.“ Eine gute Bahnverbindung trage dazu bei, dass künftig etliche der vielen Tausend Berufspendler vom Auto in die Bahn umsteigen werden, ist von der Heide überzeugt. Weil künftig der umständliche Umstieg in Eidelstedt entfiele, würden sich „hoffentlich mehr Menschen begeistern, den eigenen Pkw stehen zu lassen und die S-Bahn zu nutzen“.
Das sei gut und notwendig für die Mobilitätswende, so der Staatssekretär weiter. „Es ist aber auch großartig für alle Menschen, die hier leben.“ Er wohne zwar nicht hier in der Region, aber seine Schwiegereltern lebten in Quickborn, sagte von der Heide. „Bei uns zu Hause wird dieses S-Bahn-Projekt mit großem Applaus begrüßt.“
Es wird noch Behinderungen und Streckensperrungen bis Ende 2025 geben
Allerdings wird es bis dahin noch durch die Bauarbeiten zu reichlich Behinderungen und weiteren Streckensperrungen kommen. „Uns ist dabei natürlich bewusst, dass die aktuellen Bauarbeiten eine große Einschränkung für die Fahrgäste bedeuten“, sagte der Staatssekretär aus Kiel noch. „Dennoch wird die S5 zukünftig viele Vorteile für die Region bringen.“
Auch der Hamburger Staatsrat Martin Bill von der Behörde für Verkehr und Mobilitätswende hob die Bedeutung des Projektes für die Hansestadt hervor: „Mit der S5 nach Kaltenkirchen verbessern wir die Mobilität für über 24.000 Menschen im Hamburger Westen und im Umland.“ Die direkte Verbindung ohne Umstieg von Kaltenkirchen in die Hamburger City sei „leiser, klimafreundlicher und effizienter“. In Schnelsen-Süd würde zudem eine neue Haltestelle geschaffen, die mehr als 4000 Bürgerinnen und Bürger an das Schnellbahnnetz anschließen werde. Das Setzen des ersten Oberleitungsmastes sei darum „ein wichtiger Meilenstein“.
Ab September ein Jahr Busersatzverkehr von Ellerau, Quickborn bis nach Hamburg
Nach der Vollsperrung der AKN-Strecke Eidelstedt–Burgwedel wird vom 2. September an für etwa ein Jahr die etwa zwölf Kilometer lange Strecke zwischen Burgwedel und Ellerau nicht mehr von der AKN bedient. Die Fahrgäste aus Quickborn, Ellerau, Hasloh und Bönningstedt müssen dann so lange auf den Busersatzverkehr umsteigen. Doch dieser Ersatzverkehr soll erheblich besser funktionieren und attraktiver sein als im ersten Halbjahr 2023, als dieser Abschnitt schon einmal voll gesperrt war. „Wir gehen davon aus, dass dieser Busersatzverkehr gut organisiert sein wird“, sagte Beckmann. So soll eine Art Expressbuslinie, die Ellerau und Quickborn mit Hamburg-Niendorf verbindet, im Gespräch, ergänzte Ralf Martens.
Der Busersatzverkehr schade der Mobilitätswende, sagte der Ellerauer Bürgermeister. „Wir merken es schon deutlich, dass weniger Leute aus Ellerau jetzt mit der AKN nach Hamburg fahren.“ Der Park-and-Ride-Platz sei erheblich weniger frequentiert, weil die Fahrgäste zurzeit in Burgwedel oder Eidelstedt auf Busse umsteigen müssten. „Der Schienenersatzverkehr ist weniger einladend für die Berufspendler.“
Zwei Monate lang wird Anfang 2025 die A7 nicht über die L76 erreichbar sein
Eine weitere große Einschränkung wird es vom 13. Januar bis 28. Februar nächsten Jahres auf dieser Bahnstrecke geben, kündigte AKN-Projektleiter Heiko Metzger an. Dann wird der Bahnhof Ellerau umgebaut und mit dem zweiten Gleis verbunden, das zurzeit noch zwischen Quickborn und Ellerau fehlt. Dafür müsse dann die Kreuzung Bahnstraße/Berliner Damm sieben Wochen lang für Bahn- und Straßenverkehr komplett gesperrt werden, erklärt der Projektleiter.
Das bedeutet, dass diese wichtigste Straßenverbindung zwischen Quickborn und der A7-Anschlusstelle, die auch viele Autofahrer aus Pinneberg über die L76 nutzen, wegfällt. Elleraus Bürgermeister Martens erwartet, dass dafür eine weiträumige Umfahrung im Süden über Schnelsen zur Bundesstraße 4 oder im Norden über Henstedt-Ulzburg und Alveslohe zur B4 als Umleitungsstrecke ausgewiesen wird. Es dürfe nicht passieren, dass sich dann der Schwerlastverkehr durch die Wohngebiete seiner Gemeinde quäle.
Die Strommasten stehen alle 30 bis 70 Meter entlang der Bahnstrecke
Währenddessen bohrte ein schwerer Bagger das einen Meter tiefe Loch in den Boden neben den Bahngleisen für den ersten Stahlmast. 160 werden es bis Burgwedel und weitere 300 dann bis Ellerau sein. Zehn bis 14 Meter hoch seien die Masten jeweils, die die Oberleitungen tragen sollen, erklärte AKN-Projektleiter Metzger. Sie werden meist paarweise, sich gegenüber stehend in den Boden gerammt. Alle 30 bis höchstens 72 Meter würden die Masten voneinander entfernt entlang der Strecke aufgestellt.
In Schnelsen und in Kaltenkirchen würden zudem noch Umrichterwerke errichtet, die die notwendige Stromversorgung für die S-Bahn-Züge sicherstellen sollen. „Dieser erste Mast steht symbolisch für das gesamte Projekt S 5, das zu einer nachhaltigeren Zukunft des Verkehrs in unserer Region beiträgt und die Menschen besser vernetzt“, sagte noch AKN-Chef Meyer. „Wir sind auf Kurs, die Arbeiten laufen aktuell planmäßig und es ist motivierend zu sehen, wie das Projekt Gestalt annimmt.“
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Die Kosten für das Projekt dürften sich inzwischen verdoppelt haben
Was das Gesamtprojekt, das nun in vier Bauabschnitten bis Ende 2028 fertiggestellt werden soll, am Ende kosten wird, wollte der AKN-Geschäftsführer Meyer aber auf Abendblatt-Nachfrage nicht konkret sagen. „Demnächst gibt es dazu neue Zahlen“, sagte er nur vage. Klar ist aber wohl, dass sich die im Planfeststellungsbeschluss angegebene Bausumme von 120 Millionen Euro nicht mehr halten lässt. „Alles wird teurer“, sagte Meyer. Es wird wohl eher doppelt so viel wie ursprünglich geplant kosten, schätzen Experten.