Elmshorn. Stadt saniert mit Einbahnstraßenlösung die Kanalisation zwischen Koppeldamm und Friedensallee. Doch nicht alle halten sich daran.
Seit Monatsanfang gibt es immer mal wieder „High Noon am Ellerndamm“. Und auch jetzt, am späten Mittag haben sich zwar keine Revolverhelden an der Einmündung zur Friedensallee eingefunden, aber dennoch stehen sich zwei Kontrahenten Nase an Nase, Motorhaube an Motorhaube, gegenüber. Wird die Situation eskalieren?
Beide – ein weißer Mercedes-Kombi und ein blauer VW SUV – wollen ihren Weg fortsetzen, doch nur einer kann den von ihm eingeschlagenen Kurs beibehalten. Grund: Der Ellerndamm ist seit Beginn von Bauarbeiten eine Einbahnstraße mit Fahrtrichtung Koppeldamm; der Mercedes will also in die falsche Richtung. Doch alles bleibt friedlich, der Benz setzt zurück, der VW und die mittlerweile zwei Autos hinter ihm, die in dieselbe Richtung wollen, fahren in den Ellerndamm ein.
Das Amt für Tiefbau versucht, die Beeinträchtigung so niedrig wie möglich zu halten
Eine vermeidbare Konfrontation, die es schon in den vergangenen Tagen an dieser Stelle gab und vermutlich auch weiterhin geben wird. Noch bis voraussichtlich Ende Mai saniert die Stadt Elmshorn die Kanalisation unterm Ellerndamm, der Verbindung zwischen Koppeldamm und Friedensallee.
Dass es zu Behinderungen für den Straßenverkehr kommen würde, war klar und unumgänglich. „Aber wir sind immer bemüht, jegliche Beeinträchtigung so klein wie möglich zu halten“, sagt Rebekka Ahlborn-Sennholz vom für die Ausführung verantwortlichen Amt für Tiefbau und Verkehr sowie Stadtentwässerung. So würden die zwei ersten der angesetzten rund neun Arbeitswochen in die Frühjahrsferien mit ihrem ohnehin geringeren Verkehrsaufkommen fallen.
Für die Sanierung der Kanalisation muss die Fahrbahndecke nicht aufgerissen werden
Auch hat sich die Stadt Elmshorn hier unterm Ellerndamm für eine dezente, gewissermaßen minimalinvasive, Vorgehensweise entschieden. Hauptkanal und Schmutzwasseranschlussleitungen werden im Zuge einer Wanderbaustelle per Inlinerschlauchsanierung instandgesetzt.
„Das Vorgehen wird dem Schadensbild entsprechend beschlossen“, erläutert Rebekka Ahlborn-Sennholz. „Das jetzige Verfahren ist hier gut anwendbar, erspart uns die Öffnung der Straße und wird dennoch den Rohrleitungen für bis zu 50 weitere Jahre ihre Dichtigkeit geben.“ Kosten und Anwohnerbeeinträchtigung werden also möglichst gering gehalten.
Schilder und Barrieren sollen Verkehrsteilnehmer vom falschen Befahren der Einbahnstraße abhalten
Aber was ist mit den immer wieder auftretenden und seit Baubeginn von Anwohnern beobachteten „Geisterfahrten“ einzelner Verkehrsteilnehmer? „Dagegen haben wir unserer Ansicht nach alle möglichen und notwendigen Schritte erfüllt, um die Einbahnstraßenregelung für alle Verkehrsteilnehmer kenntlich zu machen“, sagt Tanja Steenbock aus der Abteilung öffentlicher Raum und Verkehr im Amt für Tiefbau und Verkehr.
So gebe es neben den Barrikaden sowie deutlichen Fahrtrichtungsanzeigen beziehungsweise Einfahrt-verboten-Schildern am Anfang und Ende des Ellerndamms auch bei jeder Einmündung ein Gebotsschild, welches das Abbiegen nur in Richtung Koppeldamm zulässt. „Ab einem gewissen Punkt müssen wir die Auto- und Zweiradfahrer in die Pflicht nehmen, dass sie aufmerksam am Verkehr teilnehmen und diese Hinweise auch beherzigen“, sagt Steenbock.
Auch Fußgänger müssen sich an einigen Stellen an ungewohnte Regeln halten
Leicht gesagt. „Ich muss gestehen, dass mir das Falscheinbiegen auch schon fast passiert ist, als ich vom Edeka am Koppeldamm zurück nach Hause wollte“, sagt eine junge Mutter, die mit Kinderwagen aus dem Ostlandring kommt. „Wir Menschen sind halt Gewohnheitstiere, und Schilder sind dann doch leicht zu übersehen, wenn man in Gedanken ist.“
Apropos Schilder. Es gibt ja noch eine weitere Gruppe an Verkehrsteilnehmern, deren erhöhte Aufmerksamkeit durch die Baumaßnahmen im Ellerndamm gefordert wird. Die Fußgänger. Und für die kann es an der Einmündung zum Koppeldamm zu brenzligen Situationen an einer Stelle kommen, die normalerweise erhöhte Sicherheit für das schwächste Glied auf und neben den Straßen bedeuten soll.
Die Absperrungen und Schilder halten Passanten nicht vom Queren der Straße ab
Der Zebrastreifen im Ellerndamm, gut 15 Meter vom Koppeldamm entfernt, ist durch rot-weiße Barrikaden deutlich versperrt. Ein ebenfalls rot-weißes Fußgänger-verboten-Schild soll verdeutlichen, dass an dieser Stelle niemand zu Fuß die Straße queren soll, um den reibungslosen Betrieb der Interimsampel für die Kraftfahrzeuge Richtung Koppeldamm zu gewährleisten.
Doch erneut bleibt der Wunsch der Vater des Gedanken. Innerhalb einer Viertelstunde überquert ein gutes Dutzend Passanten die Straße an dieser Stelle. Schwer wird es ihnen auch nicht gemacht. Eine der Barrikaden ist um 90 Grad gedreht; der Durchgang ist problemlos möglich. Auch die weiterhin gut sichtbaren weiß-blau-schwarzen Hinweisschilder für einen Fußgängerüberweg helfen nicht gerade als abschreckende Maßnahme.
Der Edeka Markt hat Probleme mit seinen Liefer-LKW
Wie zur Bestätigung kommt eine reifere Dame – geschätzt in den hohen Sechzigern – an dieser Stelle über die Straße. Darauf angesprochen, ist das Erstaunen groß. „Das habe ich jetzt so wirklich nicht wahrgenommen. Das Zebrastreifenschild ist zu sehen und ich konnte einfach durchgehen; das hat sich nicht verboten angefühlt“, sagt die Lady.
Eine Sache, der Tanja Steenbock nachgehen möchte: „Nach den Beschilderungs- und Absperrmaßnahmen durch uns ist es an der Baustellenleitung, darauf zu achten, dass diese auch weiterhin Bestand haben.“
Kornelia Armbrust kann die Situation am Zebrastreifen, der zurzeit keiner ist, bequem aus ihrem Bürofenster beobachten. Die Filialleiterin des Edeka Markts Hayunga direkt an der Straßenecke verzeichnet indes ganz andere Beobachtungen in Verbindung mit der Baustelle, die ihr zu denken geben. „Unsere größten Liefer-LKW können bei der Abfahrt nicht mehr rechts in den Koppeldamm abbiegen, die Teilsperrung der Kreuzung macht das unmöglich“, sagt Kornelia Armbrust. „Diese Kurve, die eher eine Ecke ist, schaffen nur noch die kleineren LKW.“
Eine provisorische Ampel soll den Überweg zur Boje-C.-Steffen-Schule sichern
Unannehmlichkeiten, die anscheinend auch ein Teil ihrer Kundschaft so empfindet, wie die Supermarktchefin einschätzt. „Also es ist schon zu spüren, dass weniger bei uns los ist, seit die Baustelle da ist“, sagt Kornelia Armbrust. „Ein verlässlicheres Bild haben wir aber erst in der kommenden Woche, wenn die Ferien vorbei sind.“
Dann sind aber nicht nur die einkaufenden Eltern wieder da. Gegenüber vom Edeka ist die Boje-C.-Steffen-Schule gelegen. Dorthin werden dann wieder bis zu 660 Schülerinnen und Schüler strömen, viele aus Richtung Ellerndamm. Diese müssen dann den Koppeldamm bei zwei provisorischen Ampeln queren. Lediglich gelbe Markierungen auf dem Asphalt und eben die Ampeln sollen den Verkehr aufhalten und hier für Ordnung und Sicherheit sorgen.
Anwohnerin beklagt grundsätzliche Probleme für Schüler im Koppeldamm
„Das reicht doch nicht“, sagt eine junge Mutter, die mit Kinderwagen aus der Eckermannstraße Richtung Hayunga geht. Die Anwohnerin mahnt die fehlende Signalwirkung für die Autofahrer an, die aus dem Ellerndamm den scharfen Abbieger Richtung Kaltenweide wählen. „Ansonsten finde ich die Bauarbeiten nicht problematisch, es ist doch gut, dass hier was passiert. Wenn nichts gemacht wird, haben die Leute doch auch was zu meckern.“
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Da kümmert sich die Anliegerin eher um einen Dauerzustand, der im Koppeldamm Richtung Kaltenweide herrscht. „Da weiter hoch ist eine Grundschule, hier ist die Gesamtschule. Der ganze Straßenverlauf dazwischen ist Tempo-50-Gebiet“, sagt die besorgte Mutter. „Und am linken Straßenrand von hier aus parken überall die Autos. Sie können mir nicht erzählen, dass alle Grundschüler immer brav bis zu Ampel oder Zebrastreifen gehen. Nein, die laufen zwischen den Autos auf die Straße.“
Die Bauarbeiten sind im Plan, der Fertigstellungstermin Ende Mai scheint sicher
Aber das sind Probleme, die die Anliegerin langfristig gelöst wissen möchte. Ihre Nachbarschaft hingegen kann darauf bauen, dass die derzeitigen Beeinträchtigungen wirklich nur von vergleichsweise kurzer Dauer sein werden. Rebekka Ahlborn-Sennholz: „Nach dem Verlauf der ersten Woche sieht alles danach aus, dass wir mit den Arbeiten im Plan bleiben und die Sanierung bis Ende Mai beendet wird.“