Tornesch. Die Profianlage für Sternengucker ist an einem ungewöhnlichen Ort gebaut. Einmal pro Monat ist Astronacht. Was sie so besonders macht.
Zwölf Jahre alt ist Karl, als ihn sein Lehrer eines Tages mit nach oben auf das Dach der Schule bittet. Dort zeigt er ihm mit einem Teleskop den Planeten Venus am Mittagshimmel. Der Schüler ist fasziniert und infiziert mit dem Virus Astronomie ein Leben lang. Ungefähr im gleichen Alter bekommt Jens ein wertvolles Teleskop seines Großvaters vererbt, im Wäschekorb, auseinandergebaut. Der Optiker Oeding in Uetersen setzt es ihm zusammen – kostenlos, weil er spürt, dass der Junge neugierig ist, was in den unendlichen Weiten des Weltalls passiert.
Inzwischen sind die beiden Jungs erwachsen und mitverantwortlich für die einzige Sternwarte im Kreis Pinneberg in Tornesch. Noch immer ein echter Geheimtipp für Sternenforscher. Dass einen das Astro-Fieber auch im Alter noch packen kann, beweist der dritte Mitstreiter an der Sternwarte Bodo Hübner. Er ist bereits Familienvater, als ihn die Leidenschaft packt, mehr zu erfahren, was fernab unseres Planeten so los ist. Ohne ihn würde es die Sternwarte wahrscheinlich gar nicht geben.
Sternwarte Pinneberg: Wie eine Mondfinsternis den Familienvater fasziniert
Bodo Hübner kommt eines Abends nach Hause in Tornesch und sieht den Mond groß und leuchtend am Horizont, fast rosa, während langsam der Schatten der Erde unseren benachbarten Trabanten verdeckt. Obwohl seine Frau ihn mehrfach ins Haus bittet, kann er vom Blick nicht loslassen.
„Ich habe mir ein Fernglas geholt, um das Naturschauspiel besser beobachten zu können“, schildert der damalige Inhaber einer Eisdiele. Bereits am nächsten Tag kauft er sich in der Metro in Hamburg ein Teleskop. Doch auch dieser Blick reicht ihm nicht. Also geht es weiter in ein Fachgeschäft. Jetzt geht die Investition schon in ein paar Tausende, allerdings noch zu Zeiten der Deutschen Mark.
Wenn Bodo Hübner etwas anpackt, dann mit vollem Einsatz. Wenig später errichtet er seine erste kleine Sternwarte im Garten. Er liest und liest sich tief in das Thema ein, gibt sein Wissen weiter, erst in Volkshochschulkursen, dann ab 1993 am Stammtisch mit Gleichgesinnten. Jetzt soll eine größere Sternwarte her. Vier pensionierte Wissenschaftler machen sich fast gleichzeitig auf den Weg und freuen sich über jungen Nachwuchs.
Teleskop: Tornescher Bürgermeister stößt Tor zum Himmel auf
Am Ende ist es der damalige Tornescher Bürgermeister Roland Krügel, der das Tor in den Himmel aufstößt. Auf der neuen Klaus-Groth-Schule wird eine richtige Sternwarte mit Kuppel gebaut. Seit 14 Jahren öffnet sich von dort immer wieder der Blick, um mit einem 14-Zoll-Spiegelteleskop von Celestron unsere Milchstraße zu bestaunen sowie nahe und ferne Galaxien zu beobachten.
Seit 2009, dem Jahr der Astronomie, führt Bode Hübner den Verein. Er ist mittlerweile Rentner, wie auch der Chemie-Ingenieur mit der Leidenschaft Astronomie, Karl Engeldinger, den es aus dem Saarland im Laufe seines Berufslebens nach Quickborn verschlagen hatte. Gemeinsam mit Baumschuler und Power-Sternengucker Jens Sander lenken sie die Organisation für die Regionale Volks- und Schulsternwarte.
Sternwarte: Öffentliche Astronächte an jedem ersten Donnerstag im Monat
Jeder neugierige Sternengucker ist hier willkommen. Regelmäßig werden Astronächte veranstaltet, in der Regel jeden ersten Donnerstag im Monat ab 20 Uhr. Nächste Gelegenheit ist am 7. März. Den größten Zuspruch erfährt die Gruppe der Sternenfreunde zumeist im August beim gemeinsamen Beobachten des Meteorsturms Perseiden. Die Baumschule Sander bietet dafür seit ein paar Jahren einen schönen Platz.
Sehr gern geben die zurzeit gut ein Dutzend Aktiven ihr Wissen an Jung und Alt weiter. Beim Stammtisch, der jeden zweiten Donnerstag im Monat um 20 Uhr im Restaurant „von Stamm“ veranstaltet wird, kommen seit jetzt gut 30 Jahren immer wieder Sternenfreunde aus nah und fern zusammen.
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„Die Astronomie ist die Mutter aller Naturwissenschaften“, sagt Vereinschef Bodo Hübner. Deshalb liegt ein großes Augenmerk darauf, junge Leute zu motivieren, sich mit den Sternen zu beschäftigen. Karl Engeldinger betreut im Nachmittagsunterricht eine Gruppe von Fünft- und Sechstklässlern in Tornesch und am Elsensee-Gymnasium in Quickborn – und für den einen oder anderen öffnet er damit die Augen für Sonne, Mond und die Venus, wie damals für den zwölfjährigen Karl.