Pinneberg. Bei der Deutschen Bahn herrscht seit Jahren Fachkräftemangel. Wie das Unternehmen auch im Kreis jetzt dagegen vorgehen möchte.
Egal ob Expressbus, Regional- oder S-Bahn. Das Netz der Deutschen Bahn ist in Deutschland breit aufgestellt. So nach Angaben des Unternehmens auch im Kreis Pinneberg. Der Fahrplan im Nahverkehr ist im Dezember des Vorjahres noch ausgeweitet worden.
Durch neue Buslinien oder den Bau neuer Bahn-Stationen steigt auch die Zahl der zu besetzenden Arbeitsplätze. Doch es gibt ein Problem: Der Fachkräftemangel macht auch Halt bei diesem Arbeitgeber — und das schon seit Jahren. Die DB hat nun ein neuartiges Rekrutierungssystem entwickelt, das kürzlich seine Premiere im Kreis in Pinneberg feierte.
S-Bahn und Co: Bewerben im Vorbeigehen – DB testet neues System
„Wir haben bundesweit über 25000 Stellen, die wir bis Ende des Jahres besetzen wollen“, erzählt Nadine Hausen, Leitung des Recruitment-Teams in Hamburg und Schleswig-Holstein. Um dies zu bewerkstelligen, wurde eine neue Bewerbungsform entwickelt — das Bewerbungsgespräch im Zug.
Von 15.30 bis 17 Uhr wurde am Bahnhof Pinneberg ein Gleis für den sogenannten „Recruiting-Zug“ reserviert. Bewerber hatten die Möglichkeit, sich zuvor für ein Bewerbungsgespräch im Zug anzumelden, oder aber sie schauten einfach spontan vorbei.
Kreis Pinneberg: „Jobs zum Anfassen“ — mit Praxisnähe zum Job bei der DB
„Teil der Idee ist, dass Leute im Vorbeigehen auf unseren Recruiting-Zug aufmerksam werden und sich hier vor Ort über unsere Angebote erkundigen können“, sagt Hausen. Von etwa 70 Bewerbern, die den Weg zum Recruiting-Zug in Pinneberg fanden, kamen knapp 20 ohne vorherige Anmeldung. „Das ist ein gutes Level“, meint Hausen.
„Jobs zum Anfassen“, wie es Hausen nennt, ist das Motto des neuen Systems. Die Bewerbungsgespräche werden in den Zugabteilen geführt — in abgetrennten Bereichen, um die Privatsphäre während der Gespräche zu gewährleisten. Bewerber können sich so direkt mit ihrem potenziellen neuen Arbeitsplatz vertraut machen, ein Polaroid-Bild im Führerstand gibt es am Ende als Andenken sogar dazu. Bei erfolgreicher Bewerbung erhält man seine Eignungsuntersuchungstermine, die der nächste Schritt für einen Job bei der Deutschen Bahn sind.
Neben dem Kreis Pinneberg: Recruiting in ganz Hamburg
In Vergangenheit habe die DB bereits mehrere Tage der offenen Tür veranstaltet, um potenziellen Bewerbern die Jobs bereits vor ihren Bewerbungen näherzubringen. Doch mit dieser neuen Methode, die ihre Premiere in Berlin hatte und nun das erste Mal auch in Hamburg anlief, erhoffe sich die DB einen größeren Ertrag.
„Die Ergebnisse sind sehr zufriedenstellend. Heute haben wir bereits 23 Zusagen erzielen können.“ Neben Pinneberg gab es zudem einen Recruiting-Zug in Poppenbüttel und Berliner Tor. Man wolle sich geografisch breit aufstellen, um Menschen aus Hamburg und dem Umland bestmöglich zu erreichen, so Hausen.
Bewerbung im Zug: „Nervosität bleibt trotzdem immer“
Celhun aus Hamburg-Altona ist der erste Bewerber, der den Recruiting-Zug in Pinneberg erfolgreich durchlaufen hat. Ein Freund, der ebenfalls bei der DB arbeitet, brachte ihn auf die Idee, sich zu bewerben. Celhun kam mit Anmeldung und bewirbt sich bei der DB als Triebfahrzeugfahrer. „Neben dem Gespräch muss man noch einen Sachtest absolvieren. Ich habe mich gut darauf vorbereitet, deswegen lief alles nach Plan“, erzählt der 20 Jahre alte Hamburger.
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Einen positiven Einfluss auf aufkeimende Nervosität habe die ungewohnte Umgebung allerdings nicht gehabt. „Es ist glaube ich egal, ob das Gespräch im Büro, Wald oder hier im Zug gewesen wäre. Die Nervosität bleibt trotzdem immer, zumindest bei mir,“ sagt er. Trotzdem sei das Umfeld sehr gut gewesen — die Nähe zu dem, was man erreichen möchte, würde noch mehr anspornen, meint er.
Deutsche Bahn: Weiterentwicklung um Fachkräftemangel zu bekämpfen
„Wenn wir merken, dass dieses Projekt weiterhin erfolgreich ist, werden wir es auf jeden Fall wiederholen“, erzählt Hausen, die ihren ersten Arbeitstag bei der DB im September 1993 hatte.
Konkrete Pläne zur Weiterentwicklung gäbe es noch nicht, Pläne dafür würden aber bereits laufen. „Weiterentwickeln kann — und muss man sich immer. Wir probieren ständig neue Dinge aus, und wenn wir merken, dass etwas gut funktioniert, werden wir uns darauf konzentrieren“, schließt sie ab.