Rellingen. Der Star-Violinist spielte in der Rellinger Kirche nicht nur mit- und hinreißend, sondern er hatte auch viel zu erzählen.

Barocke Klänge in einer barocken Kirche, und das auch noch von der grünen Insel. Die Basis für ihre Musik holten sich die Iren allerdings von weit her – aus bella Italia. So erzählte es Star-Geiger Daniel Hope beim Konzert „Irish Roots“ des Schleswig-Holstein Musik Festivals (SHMF), das er mit seinem Quintett in der Rellinger Kirche gab.

Nach alter Musikanten-Art zogen Geiger Simos Papanas, Cellist Nicola Mosca, Lautenspieler Emanuele Forni, Percussionist und Trommler Michael Metzler, Cembalist Markellos Chryssicos und zum Schluss Geiger Daniel Hope in die 1756 geweihte Kirche ein.

Hörgenuss beim SHMF: Daniel Hope begeistert in der Rellinger Kirche

Zum Auftakt gab es Irish Folk pur, hin- und mitreißend, tänzerisch und temperamentvoll, mit Elan und Energie. Den Rhythmus boten Cellist Nicola Mosca mit Pizzicati und Michael Metzler an den Percussions. Für diese Ouvertüre brauste der erste große Applaus in der voll besetzten Kirche auf.

Kompositionen aus vier Jahrhunderten hatte Daniel Hope für sein „Roots“-Konzert zusammengestellt. Es ist ein Konzert von insgesamt 50, mit denen er beim SHMF seinen 50. Geburtstag feiert. Wenn er jedes dieser 50 Konzerte mit derart viel Lebensfreude und Liebe zur Musik gestaltet wie in der Rellinger Kirche, wird diese Geburtstagskonzert-Reihe zum SHMF-Renner.

Daniel Hope gab einen Überblick über die irische Geschichte

„Moin, was für eine Freude, hier zu sein, mit diesen Jungs hier zu spielen und Ihnen die irische Musik zu bieten auf einer Reise zu den Menschen und Geistern der grünen Insel“, begrüßte Daniel Hope das Publikum und gab einen raschen Überblick über die irische Geschichte.

Beispielsweise erzählte er von Thomas Roseingrave, einem englischen Komponisten, Organisten und Cembalisten des Hochbarock, der die Werke seines italienischen Kollegen Domenico Scarlatti nach Dublin brachte. Roseingrave lernte Scarlatti in Venedig kennen, folgte ihm auf Reisen durch Italien und inszenierte Scarlattis Oper „Narciso“ 1720 in London. Mit „Introduction to Scarlattis Lessons“ gab das Sextett einen eindrucksvollen Hörgenuss. Innig, teils getragen begannen die Musiker das Werk eher klassisch, um dann unvermittelt in schnelle tänzerische Rhythmen zu wechseln.

„Die Iren mussten sehr unter den Briten leiden, doch unsere Musik konnten sie uns nicht nehmen“

Hope führte sodann zum nächsten großen Komponisten, zu Henry Purcell, ebenfalls ein Vertreter des Barock: „Er leitete eine neue Ära in der englischen Musik ein und gründete auch die Kammermusik.“ Purcells Musik wurde auch in Irland gefeiert, in Dublin. 1694, ein Jahr vor seinem frühen Tod, schrieb er „Glorious Revolution“, das in Dublin aufgrund der politischen Atmosphäre zwischen England und Irland gefeiert wurde.

„Das klingt herrlich!“, sagte Hope zu „The new Irish Tune“ – und es klang herrlich, gespielt von Mini-Harfe und Piccolo-Flöte. „Die Iren mussten sehr unter den Briten leiden, doch unsere Musik konnten sie uns nicht nehmen“, sagte der Star-Geiger.

SHMF: Warum Händel einst „not amused“ war

Auch Georg Friedrich Händel beeinflusste die irische Musik und focht beispielsweise in Dublin einen Violin-Wettstreit mit Scarlatti aus – und verlor. „Händel war not amused“, sagte Hope und lieferte sich mit seinem Geigen-Kollegen Simos Papanas prompt ein Violin-Duell. Das Publikum spielte Jury und feierte beide gleichermaßen.

Auch der ungarische Komponist Johann Sigismund Kusser beeinflusste die irische Musik. Er war seit 1707 Musikdirektor an der Oper in Dublin (und bis 1695 auch an der Hamburger Gänsemarkt-Oper) und brachte mit vielen Tänzen französische Klangfarben auf die grüne Insel. Von Kusser spielten Hope und seine Musiker eine Suite mit Tänzen wie Gavotte, Menuett, Bourree und Arie, in der Daniel Hope ein wunderbares Solo spielte, begleitet von zarten Klängen des Cembalos und der Laute. Damit zeigte der Geschichten-Erzähler Hope, dass zu seiner Lebensfreude auch die leisen, die melancholischen, die sentimentalen Töne gehören.