Pinneberg. In der neuen Ausstellung laufen die Uhren anders. Zudem wird in einem Wartezimmer die Durchhaltefähigkeit auf die Probe gestellt.
Geduld ist eine Tugend. Allerdings scheint die in unserem schnelllebigen Alltag nicht mehr viel zu zählen. „Jeder Wunsch lässt sich heute schnell mit einem Klick im Internet erfüllen“, sagt Museumsleiterin Caroline Schröder. Können wir überhaupt noch Geduld?
Diese Frage hat sie sich bei der Konzeption der neuen Sonderausstellung „Nur Geduld. Über eine fast vergessene Tugend“ gestellt. Diese wird am Sonntag eröffnet und ist dann bis zum Sonntag, 10. September, im Pinneberg Museum, Dingstätte 25, zu sehen.
Pinneberg Museum testet die Geduld der Besucher
Ein Warteraum lädt zur Selbsterprobung ein. Platz nehmen, Nummer ziehen und warten, bis man an der Reihe ist. Im Nebenraum sind Texte und Zitate zum Thema Geduld arrangiert. Daneben zeigen Dioramen typische Situationen, die unsere Geduld herausfordern.
Die insgesamt zwölf kleinen Schaukästen hat der Pinneberger Reinhard Schlifke eigens für die Ausstellung gebaut. Für die Dauerausstellung hat er bereits Modelle des Pinneberger Schlosses und des Pinneberger Bahnhofs um 1900 konstruiert – eine Geduld erfordernde Arbeit.
Für den neuen Auftrag blieben ihm allerdings nur zwei Wochen. Jeden Tag hat der Rentner, der sich für Geschichte und Modellbau interessiert, acht Stunden an den alltäglichen Szenen in Pinneberg getüftelt. Als Mitglied der Geschichtswerkstatt ist ihm das Museum vertraut.
Fotos im Pinneberg Museum zeigen Menschen beim Anstehen
Gemeinsam mit Caroline Schröder hat er sich Szenen überlegt, in denen Geduld gefragt ist: an der Bushaltestelle oder vor dem Marktstand, während der Schwangerschaft, beim Angeln am Wolnysee oder am Bahnübergang Esingen.
Im dritten Raum hängen Schwarz-Weiß-Fotografien von Günter Danigel an der Wand. Der Fotograf hat zu DDR-Zeiten in Ostberlin fotografiert, auch Menschen beim geduldigen Anstehen. „Mit der Konfrontation ab 1989 mit dem eisigen Turbokapitalismus, wie er es nennt, verlor er die Freude am Fotografieren“, sagt Caroline Schröder. „Heute verkauft Danigel Abzüge seiner Bilder auf Flohmärkten.“
Dem gegenüber steht eine zeitgenössische Arbeit des Objektkünstlers Via Lewandowsky, die zur Auseinandersetzung mit dem Thema anregt. Zwei Uhren, deren Zeigen entgegengesetzt und in schwindelerregendem Tempo voranschreiten.
Pinneberg Museum zeigt Gerätschaften, die Geduld voraussetzen
Nahezu bedächtig und aus der Zeit gefallen erscheinen dagegen die Gegenstände in der Vitrine. Ein Kurbeltelefon, eine Plattenkamera oder ein Buttermilchbehälter aus dem Bestand des Museums. Philipp Wilkens, wissenschaftlicher Volontär im Museum, hat die Gegenstände ausgewählt, darunter auch eine Repassiermaschine.
„Damit ließen sich Laufmaschen in Nylonstrümpfen reparieren“, sagt er. Die Reparatur dauerte etwa 15 Minuten pro Strumpf. „Eine Arbeit, die Geduld erforderte.“ Da Stümpfe aber anders als heute keine Wegwerfprodukte, sondern kostspielig waren, lohnte sich der Aufwand.
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„Die Ausstellung richtet sich an alle Geduldigen und Ungeduldigen“, sagt Caroline Schröder. Sie bietet Gelegenheit zum Mitmachen und regt zum Weiterdenken an. „Wer geduldig sein kann, hat einen Schlüssel für ein gelingendes Leben in der Hand“, sagt sie.
Das Museum ist geöffnet Donnerstag 10 bis 12 Uhr, Mittwoch, Freitag, Sonnabend, Sonntag 14 bis 17 Uhr.