Quickborn. Knifflige erste Sondierung zwischen Wahlsieger FDP und CDU. Denn beide erheben Anspruch auf die höchsten politischen Ämter.

Die Freuden- und Krokodilstränen über den überraschenden Ausgang der Kommunalwahl in Quickborn sind kaum getrocknet – schon geht es ans politisch Eingemachte. Und so kristallisiert sich heraus, dass in Quickborn zum allerersten Mal eine Frau zur Vorsitzenden der Ratsversammlung gewählt werden könnte, die dann Bürgervorsteherin wäre. So wie es in der Kreisstadt Pinneberg mit Bürgervorsteherin Natalina di Racca-Boenigk und in Schenefeld mit Gudrun Bichowski schon seit vielen Jahren der Fall ist, die dort Stadtpräsidentin heißt.

So haben sich die Fraktionsspitzen des Wahlsiegers FDP und der unterlegenen CDU zu einem ersten Sondierungsgespräch im Quickborner Rathaus getroffen. Denn auch wenn die Liberalen mit 32,7 Prozent der gültigen Stimmen einen Vorsprung von 79 Stimmen vor der CDU (31,8 Prozent) am 14. Mai erreichten, haben beide Fraktionen doch künftig jeweils neun Sitze in der wieder mit 27 Mitgliedern besetzten Ratsversammlung.

Nach Wahlsieg: Wird Annabell Krämer die erste Bürgervorsteherin in Quickborn?

Das bedeutet, dass FDP und CDU grundsätzlich beide denselben Anspruch auf die zwei herausragenden politischen Ehrenämter, Bürgervorsteherin und Erster Stadtrat, anmelden können. Dies ist ein absolutes Novum in der Nachkriegsgeschichte Quickborns. Bisher stellte immer nur die CDU diese Ämter. Da aber beide für diese Positionen das Vorschlagsrecht haben, müsste bei der konstituierenden Sitzung am Montag, 26.Juni, zunächst ausgelost werden, wer zunächst vorschlagen darf.

Die FDP möchte gerne mit Annabell Krämer (hier im Freudentaumel am Wahlabend im lila Kleid neben Bürgermeister Thomas Beckmann) erstmals eine Frau mit der Aufgabe der Bürgervorsteherin in Quickborn betrauen. Foto: Fuchs      
Die FDP möchte gerne mit Annabell Krämer (hier im Freudentaumel am Wahlabend im lila Kleid neben Bürgermeister Thomas Beckmann) erstmals eine Frau mit der Aufgabe der Bürgervorsteherin in Quickborn betrauen. Foto: Fuchs       © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Das wollen beide Seiten unbedingt verhindern. „Wir sollten versuchen, uns konstruktiv zu einigen, damit am Ende nicht die Glücksfee entscheidet, wer Bürgervorsteher und wer erster Stellvertreter des Bürgermeisters wird“, sagt der frisch wiedergewählte FDP-Fraktionschef Jürgen Scharley. Der Noch-CDU-Parteichef Eike Kuhrcke, der zum neuen Vize-Vorsitzenden der CDU-Ratsfraktion gewählt wurde, sagt es mit ähnlichen Worten: „Wir möchten gerne mit der FDP einen Konsens bei den Schlüsselpositionen erreichen.“

Treffen der beiden Fraktionsspitzen ergab dazu bereits eine erste Annäherung

Das mehr als zweistündige Treffen der beiden Fraktionsspitzen ergab dazu bereits eine erste Annäherung. Die Liberalen möchten gerne zum ersten Mal das Amt des Bürgervorstehers stellen. „Es sollte erkennbar sein, dass wir die Wahl gewonnen haben“, erklärt Scharley.

Immerhin hat die CDU fünf Ratsmandate im Vergleich zu 2018 verloren, während die FDP eines hinzugewann. Und darum sollte diese Aufgabe, die ja in jeder hauptamtlich verwalteten Kommune im Land die herausragende in der Kommunalpolitik darstellt, der FDP zukommen. Entsprechend sollte die CDU den Ersten Stadtrat stellen.

Eike Kuhrcke wird von der CDU als Favorit für das Amt des Ersten Stadtrates vorgeschlagen.
Eike Kuhrcke wird von der CDU als Favorit für das Amt des Ersten Stadtrates vorgeschlagen. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

CDU hat einen ähnlichen Ansatz wie die FDP

Die CDU hat einen ähnlichen Ansatz. Auch sie würde der FDP den Bürgervorsteherposten zugestehen und den Ersten Stadtrat besetzen wollen, erklärt Kuhrcke.

Zur Hälfte der Wahlperiode, nach zweieinhalb Jahren, sollte dies dann aber wechseln: Die FDP übernähme die Stellvertretung des Bürgermeisters, die CDU wieder das Amt des Bürgervorstehers. Von einem solchen Ämterwechsel ist die FDP wenig überzeugt. „Das hat auch strategische Gründe“, sagt Scharley. „Aber wir sind auch kompromissbereit und wollen das möglichst gütlich hinkriegen.“

Beide Seiten haben konkrete Vorstellungen für diese Ämter

Natürlich haben beide Seiten bereits konkrete Vorstellungen, wen sie in diese Ämter berufen möchten. So würde die CDU gerne Eike Kuhrcke zum Ersten Stadtrat wählen lassen. Damit hätte die CDU auch die größte Einflussmöglichkeit, um das Amt des hauptamtlichen Bürgermeisters in gewisser Weise zu kontrollieren. Zumal auf dem Chefsessel im Rathaus seit November kein CDU-Mann mehr sitzt, sondern mit Thomas Beckmann der ehemalige FDP-Parteivorsitzende.

Die Liberalen würden gern mit Annabell Krämer (52) erstmals eine Frau in Quickborn zur neuen Bürgervorsteherin wählen lassen. Immerhin unterlag sie vor sieben Jahren nur knapp mit 124 Stimmen Rückstand auf Thomas Köppl bei der Bürgermeisterwahl, was auf ihre Beliebtheit in der Bevölkerung schließen sollte. Und die ehemalige FDP-Fraktionschefin habe auch einen entscheidenden Anteil zum Wahlsieg Beckmanns und der eigenen Partei am 14. Mai beigetragen, so die Argumentation.

CDU vom FDP-Personalvorschlag noch nicht vollständig überzeugt

Während FDP gut mit einem Ersten Stadtrat Kuhrcke leben könnte, wie zu vernehmen ist, scheint die CDU vom FDP-Personalvorschlag noch nicht vollständig überzeugt zu sein. Der 44 Jahre alte Altenheimbetreiber Kuhrcke, der schon mal ehrenamtlicher Bürgermeister im Kreis Steinburg war und dem Kreistag bis jetzt angehörte, hat sich in Quickborn als sehr moderater Vertreter der CDU profiliert.

Krämer dagegen hätte in der Vergangenheit oft sehr polarisiert, heißt es aus CDU-Kreisen, die daran zweifeln, ob sie dieses überparteiliche Amt auch politisch neutral ausführen würde. Andere sagen, endlich würde diese wichtigste Repräsentationsaufgabe in der Stadt mit weiblichem Charme und Esprit besetzt, der der Eulenstadt gut zu „Gesicht“ stünde.

Bringt Annabell Krämer genügend Zeit für diese Aufgabe mit?

Andere fragen sich, ob Annabell Krämer genügend Zeit für diese Aufgabe mitbringen könnte. Sie wäre aber nicht die erste Landtagsabgeordnete, die in ihrem Heimatort eine weitere herausragende politische Aufgabe hätte. So war im Nachbarort Bilsen bis November der CDU-Landtagsabgeordnete Peter Lehnert zugleich elf Jahre lang ehrenamtlicher Bürgermeister.

Und sein Amtsvorgänger Rainer Ute Harms hat das Bürgermeisteramt dort neben dem Landtagsmandat sogar jahrzehntelang ausgeübt. Ihre Befürworter sagen, Annabell Krämers Einfluss in Kiel könnte helfen, Fördergelder des Landes für Quickborn abzugreifen, wie jüngst beim Ankauf des neuen Amphibienfahrzeuges der Quickborner Feuerwehr, für die das Land die 100.000 Euro Anschaffungspreis komplett übernahm.

CDU und FDP wollen die gegenseitigen Vorschläge nun direkt nach Pfingsten zunächst intern beraten, um dann zu einem weiteren interfraktionellen Sondierungsgespräch zusammenzukommen. Das Amt des Bürgervorstehers ist in Quickborn mit monatlich 512 Euro dotiert. Der Erste Stadtrat bekommt 51 Euro für jeden Tag, den er den Bürgermeister vertritt.