Im Landgerichtsbezirk des Kreises Pinneberg posten Richter jetzt auch Fälle in den sozialen Medien. Was hinter dem Projekt steckt.
Kreis Pinneberg Die deutsche Justiz und die sozialen Medien – das schien bisher nicht zusammenzupassen. Ein Pilotprojekt im Landgerichtsbezirk Itzehoe, zu dem auch der Kreis Pinneberg gehört, soll dies jetzt ändern. Drei Richter des Amtsgerichts in Itzehoe haben seit Herbst 2022 die Aufgabe übernommen, die Arbeit der Gerichtsbarkeit in den sozialen Medien dazustellen.
„Wir haben uns entschieden, Facebook und Instagram zu bespielen“, berichtet Simon Banck (33), der sonst für Familien- und Strafrecht zuständig ist. Ihm zur Seite in dem Projekt steht Janna Labrenz (45), die am Gericht vor allem Betreuungssachen verantwortet. Beide sowie ein weiterer Richter können seit einigen Monaten jeweils zwölf Arbeitsstunden die Woche für das Pilotprojekt aufwenden.
Pilotprojekt: Wie sich die Justiz den neuen Medien gegenüber öffnet
Der Premierenversuch ist landesweit an zwei Gerichten gestartet. Bereits 2021 am Landgericht Lübeck und eben vor knapp acht Monaten am Amtsgericht in Itzehoe. „Wir merken ein stetiges Wachstum an Reichweite“, sagen die „Social-Media-Richter“.
Welche Kanäle sie bespielen und welche Inhalte sie dort einstellen, ist ihnen selbst überlassen. Die beiden haben sich entschieden, schwerpunktmäßig über abgeschlossene Fälle zu informieren, die vor den vier Amtsgerichten des Bezirks in Pinneberg, Elmshorn, Itzehoe und Meldorf sowie vor dem Landgericht spielen.
Stellenanzeigen im Landgerichtsbezirk werden in den sozialen Medien eingestellt
Doch auch allgemeine Informationen über die Gerichte sowie Stellenanzeigen etwa für Justizwachtmeister werden über Facebook und Instagram ausgespielt. „Das ist ein guter Weg, Bewerber zu finden“, sagt Simon Banck.
Seiner Kollegin Janna Labrenz, die schon mehrere Fälle für die beiden Kanäle aufgearbeitet hat, geht es auch darum, „transparent zu zeigen, wie wir Richter zu Entscheidungen kommen“. Natürlich werden die Fälle anonymisiert – und die oftmals langen Sachverhalte in typischer Justizsprache müssen kurz, prägnant und verständlich zusammengefasst werden.
Weiteres Ziel ist, die Arbeit der Gerichte transparenter zu machen
Die Ziele des Projekts sind insbesondere, neben den bereits bestehenden Internetseiten der Gerichte eine weitere Möglichkeit zu bieten, Informationen an Interessierte weiter zu geben, Nachwuchs für die Justiz zu gewinnen und eben Transparenz für die Arbeit der Gerichte aufzuzeigen.
„Wir wollen jeden ansprechen, der die sozialen Medien nutzt“, sagen die „Social Media-Richter“. Dabei geht es ihnen nicht ausschließlich um junge Leute („Die sind ja zumeist auf TikTok unterwegs“), sondern um alle, die sich für Justiz interessieren. Inzwischen sind viele Jura-Studenten sowie Referendare unter den Followern.
Auf Facebook wird jeder Beitrag bis zu 25.000-mal aufgerufen
Auf Instagram hat der Kanal des Amtsgerichts 412 Follower, jeder Beitrag wird etwa 1000 bis 1500 Mal angesehen. Auch Facebook liegt die Reichweite bei 20.000 bis 25.000 Aufrufen pro Beitrag. Besonders die interessanten Fälle aus den Gerichten kommen gut an.
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„Natürlich sind wir darauf angewiesen, dass die Kollegen aus den Gerichten uns auf dem Schirm haben und uns interessante Fälle weiterleiten“, berichtet Janna Labrenz. Beide planen für die Zukunft, mehr den Alltag in der Justiz abzubilden und verschiedene Berufsgruppen in Wort, Bild und Videos vorzustellen.
Dafür müssen die „Social Media-Richter“ erst einmal Freiwillige finden – und es fehlt die Zeit, weil die Arbeitsstunden für das Projekt begrenzt sind. Weil das Projekt bereits 2021 in Lübeck begann, endet in Kürze auch die zweijährige Pilotphase.
Derzeit läuft die Evaluation des Pilotprojektes, das an zwei Gerichten läuft
Derzeit läuft landesweit die Evaluation des Projektes. Eine Fortsetzung ist wahrscheinlich. Ob dann jeder Gerichtsbezirk eine Social Media-Abteilung erhält oder diese Aufgabe zentral auf Landesebene für alle Gerichte übernommen wird, ist eine der notwendigen Entscheidungen am Ende der Evaluationsphase.