Halstenbek. Mit vielen Versprechen war der CDU-Kandidat angetreten. Welche Duftmarken er bereits gesetzt hat – und was die Politik von ihm hält.

Mit Vollgas ans Werk gehen: Dies hatte Halstenbeks neuer Bürgermeister Jan Krohn vor seinem Amtsantritt von den Rathausmitarbeitern eingefordert. Nach 100 Tagen auf dem Chefsessel im Rathaus hat der 55-Jährige gezeigt, dass er selber die „Vollgas-Forderung“ vorlebt. Und auch die Fraktionen stellen ihm ein erstes positives Zwischenzeugnis aus.

Am 30. Oktober vorigen Jahres hatten 66,8 Prozent der Halstenbeker den damaligen CDU-Bürgervorsteher zum neuen Verwaltungschef gewählt – und Amtsinhaber Claudius von Rüden von der SPD abgestraft. Am 1. Februar vollzog sich der Amtswechsel, am Donnerstag, 11. Mai, ist der neue Bürgermeister somit 100 Tage im Amt.

Halstenbek: 100 Tage im Amt – was hat Bürgermeister Jan Krohn geleistet?

„Die Zeit ist quasi verflogen“, so Jan Krohn. Gerade der Februar sei ein sehr intensiver Monat, wöchentliche Arbeitszeiten von 70 Stunden die Regel gewesen. Inzwischen arbeite er „nur noch“ 60 Stunden die Woche, die Teilnahme an abendlichen Ausschusssitzungen nicht mitgezählt.

„Jeden Tag gehe ich mit viel Lust zur Arbeit, es macht mir Spaß und ich habe das Gefühl, wirklich etwas bewegen zu können“, sagt der 55-Jährige. Eine seiner ersten Prioritäten sei es gewesen, vakante Führungspositionen im Rathaus nachzubesetzen.

Zwei neue Fachbereichsleitungen in der Verwaltung eingestellt

Dies sei auch gelungen. Der Fachbereich Bauen und Umwelt werde seit dem 1. April von Jana Kutz, einer gelernten Stadtplanerin, geführt. Der Fachbereich Bürgerservice habe seit dem 1. Mai mit Jens Schreiber einen neuen Chef erhalten. Und ebenfalls seit dem 1. April habe mit Annika Thaer die erste Klimaschutzmanagerin im Rathaus ihren Dienst aufgenommen.

Eine handlungsfähige Verwaltung – sie hilft dabei, die ehrgeizigen Ziele gerade im Hochbau umzusetzen. Die Prioritätenliste des neuen Verwaltungschefs führen die dringend notwendigen Erweiterungen des Wolfgang-Borchert-Gymnasiums und der Grund- und Gemeinschaftsschule an der Bek an.

Halstenbek: Erweiterung des Gymnasiums auf den Weg gebracht

Gerade beim Gymnasium drängt die Zeit. Wenn die Schule nach der erfolgten Umstellung auf G9 bis 2026 komplett auf 13 Jahrgänge angewachsen ist, ist das erst 2015 eingeweihte Gebäude endgültig zu klein. Hinzu kommt: Die Sporthalle, die noch aus den 1970er-Jahren stammt, ist abgängig und darf nur noch über eine Sondernutzungserlaubnis des Kreises betrieben werden.

„Seit Amtsantritt habe ich fünf oder sechs Gespräche mit Hochtief geführt, um die Kuh vom Eis zu kriegen und zu vermeiden, dass wir Container aufstellen müssen“, erläutert Krohn. Der Baukonzern hatte die Schule im Rahmen eines Projektes in öffentlich-privater Partnerschaft (ÖPP) errichtet. Er ist Erbauer und Betreiber der Immobilie, die Gemeinde zahlt bis Vertragsende eine monatliche Pacht, ist dann Eigentümer.

Neue Sporthalle und Schulerweiterung sollen im Jahr 2026 abgeschlossen werden

Laut Krohn sei in den Gesprächen ein Weg gefunden worden, wie „von heute an in drei Jahren“ ein Erweiterungsbau fertiggestellt werden könne. Dazu werde man in Elementbauweise mit Fertigbauteilen arbeiten, die von Tiefladern gebracht und vor Ort zusammengesetzt werden müssen.

Dies sei notwendig, weil in einem ersten Schritt eine neue Sechs-Feld-Sporthalle auf dem Gelände errichtet und die bisherige Halle dann zugunsten des Erweiterungsbaus abgerissen werden müsse. „Er wird sich optisch dem bestehenden Gebäude anpassen“,so Krohn. Er spricht von einem ehrgeizigen Zeitplan, so solle etwa das Raumprogramm noch im Mai politisch verabschiedet werden. Es müsse alles passen, einen Puffer für Verzögerungen gebe es nicht.

Grundstück für Erweiterung der Grund- und Gemeinschaftsschule erworben

Bei der 2011 eröffneten Grund- und Gemeinschaftsschule an der Bek, die wiederum vom Baukonzern Goldbeck als ÖPP-Projekt errichtet worden war, ist der Zeitdruck etwas weniger groß. Der Gemeinde ist es laut Krohn gelungen, das Vorkaufsrecht für das benachbarte Grundstück „Hof Brandt“ zu ziehen. Krohn: „Zum Glück hat weder der bisherige Eigentümer noch der ursprüngliche Käufer dagegen Klage erhoben.“

Parallel zu den Kaufgesprächen sei eine Volumenstudie erstellt worden, welche Baukörper auf der Fläche beider Grundstücke möglich sind. Krohn: „Sie liegt seit einer Woche vor.“ Ein wichtiges Kriterium sei, den vorhandenen alten Baumbestand so weit wie möglich zu erhalten.

Neubau einer Kita – Kreis und Gemeinde präsentieren unterschiedliche Zahlen

Dringend benötigt würden weitere Klassenräume, auch die Erweiterung der Mensa und des Offenen Ganztags seien unabdingbar. Wo der Erweiterungsbau genau entstehen wird und ob eventuell auch eine neue Kita auf dem Areal errichtet werden soll, müsse letztlich die Politik entscheiden.

Der Neubau einer Kita, der eigentlich auf einem Areal am Ostereschweg geplant ist, folgt auf der Prioritätenliste. „Das war das Hauptthema im Wahlkampf. Ich bin eigentlich davon ausgegangen, dass wir hier schnell aktiv werden können“, sagt der 55-Jährige.

Halstenbek: Nach aktuellem Stand keine Fördermittel für Kita

Vor kurzem habe jedoch der Kreis der Gemeinde attestiert, dass er in Halstenbek keinen Bedarf für eine weitere Kita sehe. 14 fehlende Plätze für dieses, 13 für das kommende Jahr führe der Kreis für Halstenbek auf. „Wir gehen angesichts uns vorliegender Bevölkerungszahlen von einem Bedarf jenseits der 100 Plätze aus“, sagt Krohn.

Die unterschiedlichen Zahlen sollten nun schnellstmöglich mit dem Kreis abgeglichen werden. Denn nach aktuellem Stand würde Halstenbek keine Fördermittel für den Bau einer Kita erhalten, was angesichts der klammen Gemeindefinanzen einem Aus für ein solches Projekt gleichkommen würde. Angedacht werden solle laut Krohn auch eine Erweiterung der Regenbogen-Kita um zwei weitere Gruppen.

Neues Gewerbe angrenzend an die Wohnmeile – Gespräche mit Greve

Genossenschaftlicher Wohnungsbau auf der gemeindeeigenen Fläche am Verbindungsweg und die Erweiterung der Feuerwache an der Gärtnerstraße folgen auf den Plätzen vier und fünf der Prioritätenliste. „Wir werden in Kürze Genossenschaften anschreiben und um Angebote bitten, erste Bewerbungen liegen bereits vor“, so Krohn. Dieses Projekt werde – ebenso wie der Ausbau der Feuerwache – noch etwas Zeit benötigen.

Fast 20 Jahre sind vergangen, seit die Hamburger Familie Greve erste Pläne zur Erweiterung der Wohnmeile vorgestellt hat. „Es haben seit meinem Amtsantritt zwei Gespräche mit dem Haus Greve stattgefunden“, erläutert Krohn.

Der neue Bürgermeister Jan Krohn setzt auf Gemeinsamkeit

2016 hatten sich die Gemeinde und Greve geeinigt, auf dem Areal 90 Einheiten in Einzel-, Doppel- und Reihenhäusern und, durch einen Grünstreifen getrennt, ein 7,3 Hektar großes Gewerbegebiet für emissionsarme mittelständische Unternehmen zu errichten. Laut Vertrag müssen die Gewerbeflächen zuerst erschlossen werden, zudem wird die Gemeinde ein Mitspracherecht bei der Auswahl der Firmen erhalten.

„Die Anfrage nach Gewerbeflächen in Halstenbek ist riesig, jede Woche werden Firmen bei uns vorstellig“, sagt Krohn. Er berichtet von guten und vertrauensvollen Gesprächen mit dem Haus Greve. „Mein Ziel ist es, dass wir in den nächsten 12 bis 16 Monaten dort gemeinsam Fakten schaffen können.“

Stimmung in der Verwaltung ist gut, alle geben Vollgas

Gemeinsamkeit ist dem neuen Rathaus-Chef wichtig. Innerhalb der Verwaltung, aber auch mit der Politik. „Ich setze auf eine permanente Kommunikation, auf eine offene ehrliche Aussprache“, sagt Krohn. Zwei Gesprächsrunden mit den Fraktionsvorsitzenden hat er bereits geführt – und auch die aktuell 87 Mitarbeiter der Kernverwaltung kennengelernt. Rechnet man das Personal in den Schulen und Kitas dazu, sind 240 Mitarbeiter für die Gemeinde tätig.

Das neue Führungsduo im Rathaus: Jan Krohn (rechts) und der Büroleitende Beamte Jens Thomsen.
Das neue Führungsduo im Rathaus: Jan Krohn (rechts) und der Büroleitende Beamte Jens Thomsen. © Arne Kolarczyk

„Alle im Rathaus geben Vollgas, die Stimmung ist zurzeit sehr gut“, sagt der neue Verwaltungschef, der in der Organisation der Verwaltung voll auf seinen Büroleitenden Beamten Jens Thomsen setzt. Aber er weiß auch: „Man kommt auch nicht umhin, mal jemanden auf die Füße treten zu müssen.“ Und auch Krohn hat erkannt: „Teilweise kämpft man gegen Strukturen an, die sehr langsam arbeiten.“

Halstenbeker Rathaus wird wieder für alle Bürger frei zugänglich

Ein Beispiel: Der neue Verwaltungschef will die Corona geschuldeten Umbauten im Rathaus wieder zurückbauen lassen. Dann soll Schluss sein mit den Schlangen, die draußen vor dem Gebäude stehen. „Das Rathaus soll wieder frei zugänglich werden, die Türen sollen sich wieder automatisch öffnen und die Besucher sich wieder frei im Gebäude bewegen können.“ Doch wenn spätestens im Juni die Absperrungen in der Eingangshalle verschwinden, wird dies vier Monate gedauert haben.

Auch andere Dinge dauern in Halstenbek länger als anderswo. Einen Haushalt für das laufende Jahr hat die Gemeinde weiterhin nicht, freiwillige Leistungen sind daher nicht vollumfänglich möglich. „Der Haushalt ist fertig, wir planen ihn in der konstituierenden Sitzung der neuen Gemeindevertretung im Juni zu verabschieden.“

Lange warten musste auch die Halstenbeker Solarinitiative, die auf Dächern gemeindlicher Gebäude Photovoltaikanlagen betreiben möchte. Nicht umsonst realisiert sie ihr erstes Projekt jetzt im benachbarten Rellingen. „Die Vertreter der Initiative waren drei- bis viermal in meinem Büro“, sagt der 55-Jährige.

Solarinitiative Halstenbek kann Dächer von gemeindeeigenen Gebäuden nutzen

Es sei vertraglich geregelt worden, dass die Initiative die Dächer der Kita Bickbargen und der Kita Holzhüpfer sowie das Rathausdach nutzen könne. Auch das Wolfgang-Borchert-Gymnasium steht auf der Liste, hier fehlt nach wie vor das Gespräch mit dem ÖPP-Partner Hochtief.

Auch der Radschnellweg, der von Pinneberg kommend durch Halstenbek in Richtung Hamburg führen soll, beschäftigt den neuen Bürgermeister, der selbst gerne mit dem Rad ins Büro fährt. Er sieht die geplante Querung der Dockenhudener Chaussee als großes Problem, würde Tunnel oder Brücke sowie eine Trasse entlang der Bahn bevorzugen.

Streit über Sanierung der L104: Gespräche mit Landesbetrieb sollen erfolgen

Ein weiteres Problem: die für 2025 geplante Sanierung der L104 (Dockenhudener Chaussee/Hartkirchener Chaussee). Der zuständige Landesbetrieb will nach wie vor dem Wunsch der Gemeinde nicht entsprechen, die Fahrbahn zugunsten der Geh- und Radwege zu verschmälern und mehrere Einmündungsbereiche umzubauen.

„Ich werde in Kürze einen Termin mit dem LBV machen“, verspricht Krohn. Dann solle auch der katastrophale Zustand des Radweges Thema sein. Krohn, der dort selbst täglich fährt, spricht von einem verkehrsgefährdenden Zustand und schließt nicht aus, dass die Gemeinde dort selbst tätig werden muss.

So beurteilen die Fraktionen die Leistung des neuen Bürgermeisters nach 100 Tagen

CDU-Fraktionschef Andreas Pauli beurteilt das Wirken von Jan Krohn als sehr positiv.
CDU-Fraktionschef Andreas Pauli beurteilt das Wirken von Jan Krohn als sehr positiv. © Arne Kolarczyk

Wie beurteilen die Fraktionen die Tätigkeit des neuen Bürgermeisters in den ersten 100 Tagen? „In diesen 100 Tagen hat Jan Krohn schon mehr angeschoben und erreicht als sein Vorgänger in seiner gesamten Amtszeit“, sagt CDU-Fraktionschef Andreas Pauli.

Das Klima und die personelle Ausstattung der Verwaltung seien deutlich verbessert worden. Bei den Schulerweiterungen seien die Weichen gestellt, bei anderen Themen wie Gewerbeansiedlungen zumindest konkrete Ideen vorhanden.

CDU lobt, dass Jan Krohn mit allen Fraktionen zusammenarbeitet

Pauli: „Das wichtigste für uns in der Politik ist aber, dass es wieder ein gemeinsames Sprechen und Handeln zwischen dem Bürgermeister und den politischen Vertretern zum Wohle der Gemeinde gibt. Daher fällt unser Urteil über seine ersten 100 Tage sehr positiv aus.“

Wolfgang Pipping ist der Ortschef der Halstenbeker FDP.
Wolfgang Pipping ist der Ortschef der Halstenbeker FDP. © FDP Halstenbek

Laut FDP-Ortschef Wolfgang Pipping hat „Bürgermeister Jan Krohn seine Versprechen bisher eingehalten und dabei unsere Erwartungen in einigen Bereichen sogar übertroffen.“ Er habe im Rathaus die Stimmung in der Verwaltungsmannschaft ins Positive, in eine echte Aufbruchsstimmung gedreht. Ebenso habe sich die Zusammenarbeit mit der Politik nicht nur um 180 Grad gewendet, er habe auch „eine ordentliche Schippe Offenheit und Vertrauen oben drauf gelegt.“

FDP: Arbeitsstil des Bürgermeisters verspricht echte Fortschritte für Halstenbek

Pipping: „Wir wissen, dass auch er nicht zaubern und alles wunschgemäß erledigen kann, aber wir vertrauen auf seinen Arbeitsstil, der für Halstenbek schrittweise echte Fortschritte verspricht. Die konstruktive Zusammenarbeit mit ihm werden wir fortsetzen in der Hoffnung, dass der eingeschlagene Weg eine positive Weiterführung erfährt.“

Barbara Burton, Grüne Halstenbek
Barbara Burton, Grüne Halstenbek © HA | Grüne

Laut Grünen-Ortschefin Barbara Burton ist der neue Verwaltungschef „ansprechbar, nahbar und mitten im Geschehen ist, ohne sich in den Vordergrund zu drängen“. Die Grünen würden es begrüßen, dass es regelmäßige Gespräche mit den Fraktionsvorsitzenden gibt, dass es bei Projekten jetzt vorwärts geht und das weiteres Personal in der Verwaltung eingestellt wurde.

Grüne loben das transparente Handeln des neuen Verwaltungschefs

Das Handeln des neuen Bürgermeisters sei sehr transparent, er sei an den Themen der Fraktionen interessiert und stets ansprechbar. „Für eine weitere erfolgreiche Zusammenarbeit ist weiterhin eine parteiübergreifende Amtsführung wichtig“, so Burton weiter.

Selbst die SPD, die als einzige Partei bei der Bürgermeisterwahl im Oktober zu ihrem Kandidaten Claudius von Rüden hielt, sieht positive Ansätze beim neuen CDU-Rathauschef. „Er kümmert sich um Zukunftsthemen wie die Schulerweiterungen und die Photovoltaikanlage auf dem Dach des Gymnasiums“, sagt SPD-Fraktionschef Christoph Bittner.

Selbst die SPD spricht von positiven Ansätzen beim neuen Bürgermeister

Positiv hervorzuheben sei, dass der Bürgermeister bei manchen Themen deutlich fortschrittlichere Positionen als die CDU vertreten würde. Beispielsweise lehne er den Ausbau der A23 ab und teile die Position der SPD für bessere und breitere Fuß- und Radwege an der Dockenhudener/Hartkirchener Chaussee.

Christoph Bittner ist Fraktionschef und Spitzenkandidat der Halstenbeker SPD.
Christoph Bittner ist Fraktionschef und Spitzenkandidat der Halstenbeker SPD. © SPD Halstenbek

Zudem sei die Entscheidung, dass Rathaus wieder uneingeschränkt für die Bürger zu öffnen, überfällig. Die SPD werde sich dafür einsetzen, „dass die Gemeindeverwaltung unter Herrn Krohn auch das Thema bezahlbares genossenschaftliches Wohnen auf dem gemeindeeigenen Grundstück am Verbindungsweg mit der nötigen Priorität bearbeitet.“