Kreis Pinneberg. Pflegekräfte werden gesucht. Krankenhäuser in Elmshorn und Pinneberg zählen 600 Bewerbungen pro Jahr. Was ist das Geheimnis?
Andere Kliniken wie das Fachklinikum in Bad Bramstedt setzen bereits Startprämien von 10.000 Euro für neue Pflegekräfte aus. Die Regio Kliniken dagegen bilden ihren pflegerischen Nachwuchs lieber selber aus.
Im vorigen Jahr sind 110 examinierte Pflegekräfte für die Krankenhäuser in Pinneberg und Elmshorn neu eingestellt worden, sagt Klinikchefin Regina Hein. Die meisten kamen aus dem eigenen Bildungszentrum mit ihren 263 Plätzen im Dienstleistungszentrum in Elmshorn.
Ausbildung: Pflegekräfte akut gesucht? Regio Klinken gehen eigenen Weg
Dort können die Krankenpflegehelfer-Schüler und angehenden Pflegefachfrauen und –männer jetzt sogar viermal im Jahr ihre Ausbildung beginnen: am 1. Februar, am 1. April, am 1. August und am 1. Oktober. Jedes Mal würden 20 bis 25 neue SchülerInnen aufgenommen.
Die Übernahmequote nach der dreijährigen Ausbildung liege bei fast 98 Prozent. Sie ist eine von nur zwei der 37 Pflegefachschulen im Land, die auch Pflegefachkräfte in der Intensivmedizin ausbildet. Die andere ist das Universitätsklinikum in Kiel. Und neuerdings wird auch in der Zentralen Notaufnahme der Vertiefungseinsatz angeboten..
Klinikchefin: Startgeld bindet Mitarbeiter nicht dauerhaft an uns
„Wir haben die Erfahrung gemacht, dass wir Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch Startgeld nicht dauerhaft an uns binden können. Der Geldbetrag verpufft schnell“, sagt Klinikchefin Hein. „Wir verfolgen den Ansatz, gemeinsam mit allen Kolleginnen und Kollegen an Themen und Prozessen zu arbeiten, flache Hierarchien zu haben und zu leben, offen für neue fachliche Konzepte zu sein, unser Bildungszentrum fortlaufend zu stärken, Führungskräfte zu sensibilisieren, offene Kommunikation zu schätzen und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern größtmögliche eigene Gestaltungsspielräume einzuräumen.“
Neben Wiedereinstiegsprogrammen für Mütter nach der Babypause setzten die Regio Kliniken vor allem auf die Heranbildung des eigenen Nachwuchses. Dabei werde der geplante neue Gesundheitscampus direkt neben der künftigen Zentralklinik eine herausragende Rolle spielen, die in den nächsten zehn Jahren für rund 500 Millionen Euro in Pinneberg errichtet werden soll, betont die Klinikchefin.
600 Bewerbungen pro Jahr: Neue Zentralklinik in Pinneberg soll Ausbildung verbessern
„Wir sind in riesiger Vorfreude, den Gesundheitscampus gemeinsam mit allen Regio-Mitarbeitenden zu gestalten“, sagt sie. „Viele Kolleginnen und Kollegen würden gerne lieber heute als morgen loslegen und sich einbringen.“ Gerade in Zeiten dieser ganzen Gesundheitsreformen sei es wichtig, dass die Klinik eine solide Zukunftsperspektive habe und diese selbst gestalten könnte.
„Mit den Planungen des neuen Gesundheitscampus können wir spannende pädagogische Konzepte einfacher in eine bauliche Struktur übersetzen, die fokussiertes und eigenverantwortliches Lernen fördert“, ist Klinikchefin Hein überzeugt. Es würden nicht nur Klassenzimmer errichtet werden, sondern viele praktische Labore, in denen realistische Situationen geübt würden.
„Es wird Kreativzimmer geben, die soziale Interaktion und Gruppenlernen möglich machen“, erklärt sie. „Lernen ist ein aktiver Prozess, soll ermuntern und befähigen. Bereits heute setzen wir vieles davon um, jedoch arbeiten wir derzeit elegant um die ein oder andere Wand herum, die zukünftig dort nicht mehr sein wird.“
Für das Bildungszentrum ist Schulleiterin Melanie Tulke zuständig. Sie erreichen etwa 600 Bewerbungen im Jahr, auch aus dem Ausland, sagt sie. Zu 80 Prozent seien sie weiblich. Ohnehin liege der Frauenanteil bei den Regio Kliniken in dieser Größenordnung. Krankenpflege ist immer noch überwiegend Frauensache.
Immer mehr Männer interessieren sich für Pflegeberufe
Aber auch immer mehr männliche Nachwuchskräfte drängen nach wie das Beispiel von Cedric Erben zeigt. Der 21 Jahre junge Mann aus Kaltenkirchen ist extra nach Elmshorn gezogen, um nach einer einjährigen Ausbildung zum Krankenpflegehelfer jetzt die Ausbildung zum Pflegefachmann zu beginnen. „Ich möchte Menschen helfen“, sagt er. Ihm gefalle die Ausbildung so gut, dass er sogar darauf verzichtet habe, sie wegen seiner Helferausbildung zu verkürzen.
Gerade bestanden und nun examinierte „Pflegefachfrau“ mit Intensivpflege-Schwerpunkt ist Susan Amiri. Für die 32 Jahre alte Hamburgerin ist es bereits die zweite Ausbildung. Sie hat schon einen Gesellinnenbrief im Einzelhandel, wo sie bei einem Juwelier gelernt hat.
Pflege auf der Intensivstation – ein besonderes Angebot in Elmshorn
Doch die Arbeit beim Verkauf sei ihr zu langweilig gewesen. „Ich wollte lieber etwas mit Menschen machen. Und hier geht es um ihr Wohlergehen“ Der täglich weite Weg von Poppenbüttel nach Elmshorn störe sie nicht. Die Intensivpflege unter Stationsleiter Christian Peters in Elmshorn, wo sie jetzt weiterarbeiten wird, mache ihr viel zu sehr Spaß. „Das ist ein Super-Team hier.“
Die Ausbildung durchlaufe alle Bereiche, von der Akut- zur Langzeit-, von der ambulanten bis zur Intensivpflege, erklärt Dozentin Melanie Buhse. Die Auszubildenden würden von den Lehrkräften eng begleitet. „Wir lassen niemanden allein“, betont Stationsleiter Peters.
Azubis müssen sich an Drei-Schichtbetrieb gewöhnen, aber es gibt Ausnahmen
Die Nachwuchskräfte lernten neben dem theoretischen Fachwissen vor allem in der praktischen Arbeit mit den Patienten. Und die läuft rund um die Uhr. Auch die Auszubildenden müssen sich an den Drei-Schichtbetrieb im Krankenhaus gewöhnen, der von etwa 6 bis 14 Uhr, 13 bis 21 Uhr und 20 bis 6.30 Uhr organisiert ist, sagt Schulleiterin Melanie Tulke.
Ausnahmen seien Teilzeitausbildungsplätze für junge Mütter und Väter, erklärt sie. Die könnten in einer 30-Stunden-Woche auch eine feste Ausbildungszeit von 8 bis 16 Uhr nehmen, um sich um ihre Kinder kümmern zu können. „Das klappt gut, um Familie und Beruf gut zu vereinbaren“, sagt sie. Etwa zwei bis drei Auszubildende, zehn Prozent je Kurs, würden diese Ausbildung wählen, die ein halbes Jahr länger dauert. Die Ausbildungsvergütung beträgt zurzeit 1165 im ersten, 1227 im zweiten und 1328 im dritten Lehrjahr.
Pflegeberuf: „Wir bieten einen absolut sicheren Job“
Die Arbeit sei zwar anstrengend und intensiv. „Aber wir bieten einen absolut sicheren Job“, wirbt Stationsleiter Peters für den Pflegeberuf. Die Arbeitsdichte sei gesetzlich vorgegeben, dass zum Beispiel eine Pflegefachkraft auf zwei Patienten in der Intensivstation und auf drei Patienten in der Nacht kommen müsse, erklärt Klinikchefin Regina Hein den Bedarfsschlüssel. Im Bildungszentrum würde eine Lehrkraft 20 Schülerinnen und Schüler ausbilden.
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Als einzige Pflegeschule im Land wird hier auch Schulsozialarbeit angeboten. „Unsere Diplomsozialpädagogin ist Gold wert“, sagt Melanie Tulke. Die helfe beim Lern-Coaching, suche Kita-Plätze oder bespreche familiäre Probleme, falls dies notwendig sein sollte. „Sie hat immer ein offenes Ohr.“ Und wer möchte, könnte auch im Rahmen des Erasmus-Programms für vier bis sechs Wochen an eine Klinik im Ausland wechseln, um die dortige Arbeitsweise kennenzulernen.
Für August seien noch Plätze frei. Da würden neben den Pflegefachkräften auch Anästhesie- und Operationstechnische Assistenten ausgebildet. Im Oktober startet der nächste einjährige Krankenpflegehelferkurs. Anmeldungen direkt an das Bildungszentrum unter E-Mail: info@bildungszentrum.de oder Telefon: 04121//798-9210.