Elmshorn/Neumünster. Prachtpferd Diamantado soll für stolzen Preis den Besitzer wechseln. Doch dann überlegt es sich der Verkäufer überraschend anders.

Pferdezüchter des Holsteiner-Verbandes mit Sitz in Elmshorn haben einmal mehr gezeigt, dass sie in der obersten Zucht-Liga mit den inzwischen drei Jahre alten Nachwuchshengsten durchaus vorn mitspielen.

Bei der internationalen 52. Holsteiner-Auktion in Neumünster hat Profireiter Roland Metzler (45) aus Tornesch zehn Hengste präsentiert. Seine Schützlinge sind junge Kraftpakete, die auch gerne mit den Muskeln spielen. Die Vorbereitung ist immer eine Herausforderung, denn die Hengste sind von den Charaktereigenschaften sehr unterschiedlich.

Eklat bei Hengst-Auktion des Holsteiner-Verbands – 260.000-Euro-Deal geplatzt

„Ich muss mich da blind auf mein Team verlassen können, alles muss punktgenau sitzen. Die Ansprüche von Hengsthaltern und Käufern sind hoch“, sagt Metzler. Die jungen Hengste müssen das ABC der Pferdeschule lernen, da steckt viel Arbeit drin. Jeder hat im Team seinen Job. Die Tiere müssen etwa Halfter, Trense und Decken akzeptieren, Huf geben und an der Hand mitlaufen können.

Auch der drei Jahre alte Siegerhengst Diamantado hat bei Metzler seine Ausbildung durchlaufen. „Jeder Tag wird mit neuen Feinheiten ergänzt“, sagt Metzler. Der gekörte – und damit für die Zucht zugelassene – Hengst hat mit seinem Typ und mit seinen Bewegungsqualitäten beim Freispringen überzeugt.

Siegerhengst Diamantado übertrumpft die Konkurrenz

Diese Art der Prüfung bedeutet, dass alle jungen Hengste ohne einen Reiter einen Parcours mit vier Sprüngen absolvieren. Die Hürden werden langsam dem Leistungsniveau entsprechend hochgezogen.

Diamantado übertrumpfte alle 65 Aspiranten. Der frisch gekürte Siegerhengst ist ein Überflieger, der einfach alles hat. „Charme, Charakter, Eleganz – und benehmen kann er sich auch. Der hat viel gelernt und sich im Griff“, sagt Metzler. „Ein rundum gelungenes Zuchtprodukt“, fasst Zuchtleiter Stephan Haardorf vom Holsteiner-Verband zusammen.

Nach dem Kauf kam es zum Eklat – die Hintergründe blieben nebulös

Geboren ist der Schimmel in Leezen, Kreis Segeberg. Der Besitzer Wolfgang Zipperle aus Ludwigsburg hat seinen Diamantado bereits als Fohlen erworben. Der harmonische Körperbau, seine feinen Gesichtszüge, Manieren – es ist geradezu alles perfekt von den Ohren bis zum Huf.

Und die Jury achtete pingelig auf die Körperlinie der Kandidaten. Bedeutet, mindestens sechs Körmitglieder schauten bei der Musterung hin. Der ARD-Reitsport-Experte Carsten Sostmeier (63) aus Heidenau übernahm die Moderation, schwelgte in Begeisterung und hatte ebenfalls seine Lieblinge.

Internationale Hengststationen wollten den drei Jahre alten Diamantado kaufen

Die Auktion wurde von Hendrik Schulze Rückamp (52) aus Baden-Württemberg am Auktionspult für 36 Hengste eröffnet. 29 Besitzer hatten sich zuvor beim Holsteiner-Verband festgelegt, dass ihre Hengste auf keinen Fall versteigert werden sollten. Beim Siegerhengst schnellte der Preis in die Höhe, Hengststationen aus ganz Deutschland, Holland, der Schweiz und Dänemark wollten den drei Jahre alten Diamantado ersteigern.

Finanzkräftige Hengststationen sehen ein lukratives Geschäft für die Zucht und den Sport. Mit 260.000 Euro bekam schließlich ein Bieter, der vor Ort in Neumünster war, den Zuschlag.

Deal für den Prachthengst platzt: Warum? Bleibt unklar

Da jeder Besitzer wissen möchte, wo sein Vierbeiner künftig seine neue Box beziehen wird, werden die Käufer genau unter die Lupe genommen. So auch der Verkäufer und erfolgreiche Unternehmer aus der Autozubehörbranche, Wolfgang Zipperle aus Ludwigsburg.

Schnurstracks ging er nach dem Zuschlag ins Büro. Und dort kam es zu Diskussionen. Ergebnis: Der Unternehmer kaufte seinen Siegerhengst kurzerhand zurück. Hintergründe? Unklar.

War der Verkäufer mit dem Preis unzufrieden? Es wird ein Minusgeschäft

Spekuliert wurde in der Reiterszene, ob vielleicht der Preis nicht stimmte? Vielleicht passte der neue Besitzer dem Unternehmer Zipperle nicht? Fakt ist, dass es beim Rückkauf nicht mit dem Verzicht auf 260.000 Euro getan ist, der neue alte Besitzer musste auch alle einhergehenden Gebühren übernehmen – es wurde also ein Minusgeschäft.

Ein anderer Hengst, Colcannon, wechselte für 120.000 Euro seinen Stall. Der Cornet-Obolensky-Contender-Sohn wurde an Stammkunden aus Südafrika verkauft. Für 117.000 Euro wechselte zudem der Prämienhengst Dinello aus der Dithmarschener Züchterfamilie Witt in den Stall Hendrix in den Niederlanden. Im Schnitt legten Kunden aus Deutschland, Südafrika, Italien, Ungarn und Belgien bei dieser Auktion rund 47.000 Euro für ein zukünftiges Reitpferd beziehungsweise einen Zuchthengst auf den Tisch.

Holsteiner-Verband: Hengst Casall hat schon 1,1 Millionen Euro gebracht

Auch aus den nicht gekörten Hengsten können sehr gute Sportler werden. Zum Beispiel ist der Wallach Caillan eine große Nachwuchshoffnung seines Ausbilders, dem Olympischen Springreiter Rolf-Göran Bengtsson aus Oelixdorf (Kreis Steinburg). „Der hat viele Eigenschaften von Casall, seinem legendären Vater“ sagt Bengtsson.

Der Prachthengst bescherte dem in Elmshorn stationierten Holsteiner-Verband eine Gewinnsumme von 1,1 Millionen Euro plus Decktaxe; er wird seit 2019 ausschließlich für die Zucht eingesetzt. Das bringt pro Fohlen durchschnittlich gute 2700 Euro. Casall hat inzwischen 93 gekörte Söhne, 85 seiner Töchter wurden mit einer Staatsprämie ausgezeichnet. Casall ist für den Holsteiner-Verband eine Gelddruckmaschine – und selbstverständlich unverkäuflich.