Elmshorn. Azubis wurden an Teilnahme gehindert, kritisiert Ver.di. Wie sich der Ausstand von 180 Mitarbeitenden auf die Kliniken auswirkte.
Etwa 180 Beschäftigte aus den Bereichen Pflege, Therapie und Verwaltung der Regio Kliniken in Pinneberg und Elmshorn sind am Mittwoch nach Angaben der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di in den Ausstand getreten. Sie fordern eine Lohnerhöhung um 10,5 Prozent oder mindestens 500 Euro brutto mehr im Monat.
Höhepunkt ihres Streiks war eine spontane Kundgebung vor dem Dienstleistungszentrum im Elmshorner Ramskamp, wo der kommunale Arbeitgeber seine Krankenpflegeschule mit 182 Plätzen betreibt und die Verwaltung sitzt.
Pinneberg/Elmshorn: Mehr Lohn fordern Beschäftigte der Regio Kliniken im Warnstreik
Zur Mittagspause verschafften sich die Gewerkschafter dort mit Trillerpfeifen, Rasseln und Sirenen lautstark Gehör. Dutzende der Pflegehelferschülerinnen und –schüler stießen dazu. Sie konnten sich sonst nicht an dem Streik beteiligen, kritisiert Verdi-Sekretärin Imke Wriedt.
So drohte den Nachwuchskräften, dass eine Teilnahme am Streik ihre Fehlzeiten erhöht hätte, die während ihrer Ausbildung nicht mehr als zehn Prozent des Unterrichts betreffen dürften, sonst könnte es die Zulassung zur Prüfung gefährden, erklärt Wriedt.
Ver.di kritisiert Streikregularien für Auszubildende des Sana-Konzerns
„Wir sagen nicht, dass der Arbeitgeber ihre Streikteilnahme verhindert hat“, so Wriedt. Aber die Fehlzeitenregelung hätte den gleichen Effekt. „In anderen Bundesländern wird das auch vom Sana-Konzern anders gehandhabt“, so die Gewerkschafterin. Für die Regio Kliniken, an denen Sana auch zu 75 Prozent beteiligt ist, sollte das hier nicht gelten, .
Klinikchefin Regina Hein bestätigt, dass zum Beispiel in Baden-Württemberg Fehlzeiten durch Streik nicht auf die zulassungsrelevanten Zeiten der Pflegeschüler angerechnet werden würden. „In Schleswig-Holstein liegt das weder mündlich noch schriftlich vor, das heißt, wir müssen auch streikbedingte Fehlzeiten ordnungsgemäß melden.“
Nachwuchs in den Regio Kliniken soll 200 Euro mehr im Monat bekommen
Für die Nachwuchskräfte in den kommunalen Kliniken und dem öffentlichen Dienst fordert Ver.di eine Erhöhung der Ausbildungsvergütung um 200 Euro im Monat. Und nach der Ausbildung solle allen Pflegekräften ein unbefristetes Übernahmeangebot gemacht werden, sofern diese es wünschten. Angesichts der großen Fachkräftemangels gerade im Gesundheitssektor dürfte sich diese Forderung auch nach Meinung der Gewerkschaft fast von alleine erfüllen.
Bei den Regio Kliniken sind nach Angaben Heins voriges Jahr 90 Prozent der 77 Absolventen übernommen worden. „Der Betriebsrat unterstützt die Forderungen der Gewerkschaft“, sagte die Betriebsratsvorsitzende Sabine Kolberg, die aber nur als Vertrauensperson der Gewerkschaft an dem Ausstand teilnahm.
Klinik-Chefin: Versorgung der Patienten war trotz Streik sicher
„Die Versorgung der Patientinnen und Patienten war an diesem Tag sichergestellt“, betont Klinikchefin Hein. In beiden Krankenhäusern in Elmshorn und Pinneberg sollen jeweils Operationsmöglichkeiten gewährleistet gewesen sein.
Eine sogenannte Notdienstvereinbarung, wie sie Verdi gefordert hat, lehnte die Geschäftsleitung allerdings ab, so Hein. „Die Gewerkschaft muss eine Mindestbesetzung auch ohne Vereinbarung sicherstellen, damit sie den Streik rechtmäßig durchführen darf.“
Sind die Forderungen finanzierbar? Klinik-Chefin antwortet
Falls notwendig, hätten die Regio Kliniken bei geplanten und verschiebbaren OPs die betroffenen Patientinnen und Patienten kurzfristig darüber informiert, „dass wir ihnen aufgrund des Streiks einen neuen Termin anbieten müssen“, so Hein. „Wir bitten schon im Voraus um Verständnis.“
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Auf die Frage, ob die Forderungen der Gewerkschaft in dieser Höhe umsetzbar und finanzierbar seien, antwortet die Klinikchefin, dass „ein erhöhter Aufwand für Personal nicht einfach an die Krankenkassen weitergegeben werden“ könnte. Eine Ausnahme stelle der Bereich des Pflegedienstes der somatischen Fachabteilungen dar. „Hier können die tariflichen Entgelte im Rahmen des Pflegebudgets zum Ansatz gebracht werden“, erklärt Hein.
Regio Kliniken Pinneberg/Elmshorn: Mehr Lohn gehe über Mehreinnahmen hinaus
Die Krankenhäuser seien ohnehin von der Anpassung der Fallpauschalen und des Veränderungswertes abhängig, der für dieses Jahr um 4,3 Prozent gestiegen ist, so Hein. „Die Forderungen der Gewerkschaft für alle TVöD-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehen über unsere möglichen Mehreinnahmen hinaus“.
Deshalb sei es „dringend notwendig, das System der Vergütung zunächst mittels kurzfristiger Hilfen zu stabilisieren und dann zu reformieren. Wir benötigen endlich eine auskömmliche Finanzierung des Betriebs.“