Quickborn/Kreis Pinneberg. Quickborn sowie fünf Städte und Gemeinden an der A 7 vermarkten gemeinsam ihre Gewerbeflächen – mit beachtlichem Erfolg.

Neue Strategie, neue Einigkeit, neue Bürgermeister und ein neuer Wirtschaftsminister. Das Städtebündnis Nordgate, die mit 95.000 Arbeitsplätzen nach eigenen Angaben zweitgrößte Wirtschaftsregion in Schleswig-Holstein entlang der A 7 zwischen Quickborn, Norderstedt und Neumünster, präsentiert seine 100 Hektar Gewerbeflächen jetzt erstmals online im 360-Grad-Überblick aus der Vogelperspektive.

Kreis Pinneberg: Städtebündnis Nordgate ist ein Erfolgsmodell

Die sechs Oberbürgermeisterinnen und Verwaltungschefs der sechs Kommunen, darunter auch Quickborns neuer Bürgermeister Thomas Beckmann bei seiner ersten Amtshandlung außerhalb seines Hoheitsgebiets, schalteten ihr virtuelles Projekt mit interaktiver Karte jetzt gemeinsam mit Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen scharf. Dabei demonstrierte die im Jahr 2008 gegründete Wirtschafts-Vereinigung eine Geschlossenheit, wie sie sie durch die Austrittsandrohung von Bad Bramstedt im Juni lange nicht gegeben hat.

Bürgermeister Beckmann, der zum ersten Mal dabei war – sein Amtsvorgänger Thomas Köppl war der letzte amtierende Gründungsvater von Nordgate –, lobte die Allianz hinterher als „tollen Verband: Gemeinsam ist man immer besser als allein“, sei seine Devise, sagte der neue Verwaltungschef und kündigte an, dass bei ihm Wirtschaftsförderung zur „Chefsache“ erklärt und direkt an das Bürgermeisterbüro angebunden werde. „Wir müssen auch schauen, ob wir personell stark genug aufgestellt sind bei der Wirtschaftsförderung.“ Aus Krankheitsgründen laufe dort „aktuell nichts“, bedauert er.

Beckmann betonte, dass die Stadt Quickborn, die hoch verschuldet sei, dringend zusätzliche Gewerbesteuereinnahmen benötige. „Wir haben noch 20 Hektar freie Gewerbeflächen. Aber wir müssen schon jetzt weitere entwickeln.“ Wobei er nicht nur Logistik-Unternehmen an der A 7 ansiedeln möchte, die wenig Steuereinnahmen versprächen. Am liebsten sollten es mittelständische, produzierende Unternehmen sein, die aber rar gesät seien. Aber auch technologische, nachhaltige Unternehmen, zum Beispiel aus der Batterie-Recycling-Branche, könnte er sich gut in Quickborn vorstellen, sagte Beckmann, froh, mit Nordgate einen guten Partner an der Seite zu haben.

Nordgate-Projektleiter Marek Frank erläuterte die neue 360-Grad-Ansicht, die der Nord-gate-Verbund ansiedlungswilligen Unternehmen anbietet.
Nordgate-Projektleiter Marek Frank erläuterte die neue 360-Grad-Ansicht, die der Nord-gate-Verbund ansiedlungswilligen Unternehmen anbietet. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Minister Madsen ist voll des Lobes für den Mut der Bürgermeister

„Nordgate ist Gott gegeben“, sagte Minister Madsen im Gründerzentrum Neumünsters. Die 230.000 Menschen, die hier gerade wegen der Nähe zu Hamburg lebten, hätten sich quasi von allein hier angesiedelt. Die enge wirtschaftliche Kooperation, die diese sechs Kommunen seit 14 Jahren im Nordgate-Verbund betrieben, sei dagegen „von Menschen gemacht“, lobte der Minister. Er könne nur den „Hut ziehen vor dem Mut der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister“, sagte Madsen und kündigte schlipslos an: „Das nächste Mal nehme ich einen grüne Krawatte mit. Ob ich sie anziehen werde, ist eine andere Sache.“

Aber das grüne Outfit der Nordgate-Allianz stehe für Hoffnung und eine nachhaltige Strategie, die sich mit der Landesregierung decke, sagte Madsen. „Wir wollen Schleswig-Holstein zu einem grünen Industrieland machen. Dafür brauchen wir gute Wirtschaftsförderer, die den Mut haben, zu selektieren“, um die Betriebe anzusiedeln, die das Land benötige. „Wir haben mit einer 165-Prozent-Versorgung zu viel erneuerbare Energie im Land, aber zu wenige energieintensive Unternehmen.“

Kreis Pinneberg: Nordgate zukunftsfähig aufstellen

Die Grundidee der Wirtschaftsbündnisses erläuterte Marc-Mario Bertermann von der Norderstedter Entwicklungsgesellschaft (EGNO) als „einer der Ideengeber“ und neben der Quickborner Kollegin Maren Rusch der einzige, der von Anfang an dabei ist. Der damalige Slogan, „Land zwischen den Meeren“, habe die Region in der Metropolregion Hamburg nicht widergespiegelt. „Wir sind nicht maritim. Wir sind mittendrin.“

Darum hätten sich die anderen Wirtschaftsförderer und er überlegt, wie sie gemeinsam auf Messen für mehr Aufmerksamkeit für sich sorgen könnten. Daraus entwickelte sich zunächst eine reine Vermarktungsstrategie, die inzwischen eine enge Kooperation „auf Augenhöhe“ sei, in der jeder dem anderen „auch was gönne“, erklärte Bertermann. „Das ist uns gelungen.“ Wenn sich eine Firma in der Nordgate-Region ansiedeln wolle, würden alle anderen nicht eifersüchtig darauf schielen, dass dies bei ihnen zu geschehen habe, sondern unterstützen und erkennen es an es, wenn sie in der Nähe bleibe.

Zurzeit gibt es 600.000 Quadratmeter Gewerbefläche an 14 Standorten

„Wir sind eine Familie“, erklärte dazu Henstedt-Ulzburgs Bürgermeisterin Ulrike Schmidt. Wenn ein Unternehmen eine der Mitgliedskommunen verlasse, wie zum Beispiel Boeing, Link oder Rewe, die von Norderstedt nach Henstedt-Ulzburg, Bad Bramstedt oder Kaltenkirchen verlagert werden oder wurden, dann blieben zumindest die Arbeitsplätze in der Region. „Die Mitarbeitenden müssen dann nicht auch noch umziehen und ihr Lebensumfeld verlassen.“

Für die ansiedlungswilligen Unternehmen, denen aktuell an 14 Standorten fast 600.000 Quadratmeter erschlossene Gewerbeflächen angeboten werden könnten, gebe es zudem den Vorteil, nur einen Ansprechpartner zu haben. Dies werde nun nicht mehr nur mit nackten Zahlen und Fakten präsentiert. Mit dem neuen Internettool könnten Interessierte einen virtuellen Rundflug über alle sechs Kommunen und deren wichtigste Gewerbeflächen starten, der ihnen zudem einen dreidimensionalen Rundblick über das gesamte Umfeld böte, wie Nordgate-Projektleiter Marek Frank erklärte. Das Zahlenwerk mit den Kontaktdaten und Ansprechpartnern gebe es obendrein.

Kreis Pinneberg: Im Sommer gab es Streit im Bündnis

Vorbei also mit dem Streit, den Bad Bramstedts Bürgermeisterin Verena Jeske im Juni vom Zaun gebrochen hatte, als sie plötzlich den Austritt ihrer Kommune aus dem Nordgate-Verbund androhte. Damals sagte sie, die „Plätzchen-Backen-Kampagnen“ von Nordgate in den sozialen Medien seien ihr „zu wenig. Wir werden zum Jahresende austreten, wenn sich nicht grundlegend etwas an der Strategie ändert.“

Heute betonte sie im hellgrünen Nordgate-Kleid: „In jeder Beziehung gibt es Krisen. Die Welt hat sich gewandelt. Manchmal braucht es solche Winks mit dem Zaunpfahl, um etwas zu ändern.“ Die neue Strategie, die jetzt entwickelt werde und sich mehr an Qualität als an Quantität der Unternehmen ausrichte, gehe in die richtige Richtung. „Wir arbeiten sehr gut zusammen.“