Kreis Pinneberg. 160 Beschäftigte der KViP streiken bis Freitag. 21 Linien zwischen Pinneberger, Wedel und Elmshorn werden nicht bedient.

Die 80 Linienbusse der Kreisverkehrsgesellschaft in Pinneberg (KViP) werden auch in den nächsten Tagen nicht auf den 21 Linien im westlichen Teil des Kreises zwischen Pinneberg, Wedel und Elmshorn unterwegs sein. Die 160 Beschäftigten, darunter 150 Busfahrer und -fahrerinnen, befinden sich bis Freitag im Warnstreik, um ihre Kernforderung von 1,95 Euro pro Stunde Mehrverdienst im Omnibus-Verband Nord (OVN) durchzusetzen.

Kreis Pinneberg: Busfahrer im Norden streiken für mehr Lohn

Erst Sonnabendfrüh wird um 4.10 Uhr der erste Bus der Schnellbuslinie X66 am Buttermarkt in Uetersen wieder in Richtung Tornesch abfahren. Die Mitarbeitenden der KViP, die zu 100 Prozent dem Kreis Pinneberg gehört, fühlen sich von der Kreispolitik allein gelassen. „Wir bewegen den Kreis – aber der Kreis bewegt sich nicht“, ärgert sich KViP-Betriebsratsvorsitzender Peter Jahn.

Dienstagmittag kam ein Großteil der Belegschaft auf dem Betriebshof in Uetersen zusammen, um mit dem Betriebsrat und der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi das weitere Vorgehen zu besprechen. Am Tag zuvor hätte eigentlich in Kiel die nächste Verhandlungsrunde mit den Arbeitgebern des OVN sein sollen. Doch die Arbeitgeber hätten die Verhandlung kurzfristig abgesagt, da die Busgesellschaften bereits im Warnstreik seien. „Das ist eine unfassbare Vorgehensweise, um auf Zeit zu spielen“, kritisiert Verdi-Sekretär Andreas Riedl. „Wir lassen uns doch nicht vom OVN vorschreiben, wann wir unser Grundrecht auf Streik in Anspruch nehmen“, betont KViP-Betriebsratsvorsitzender Jahn.

Hohe Energiepreise machen auch den Kraftfahrern zu schaffen

Eine spontane Umfrage unter den 400 streikenden Busfahrern in Kiel habe den einstimmigen Beschluss gefasst, jetzt jeden weiteren Verhandlungstag von einem Warnstreik begleiten zu lassen, erklärt Jahn. Das könnte dazu führen, dass diesmal nicht nur 14, sondern vielleicht sogar 30 Streiktage die Tarifauseinandersetzung begleiten würden, warnt Verdi-Sekretär Riedl.

Der nächste Streik sei bereits für den Zeitraum vom 24. bis 28. Oktober geplant. Dann wird davon auch der Schulbusverkehr zwischen Elmshorn, Uetersen, Barmstedt und Pinneberg betroffen sein. „Wir hatten jetzt den Warnstreik extra in die Herbstferien gelegt, um die Zahl der Betroffenen niedrig zu halten“, erklärt Betriebsratschef Jahn.

Die Arbeitgeberseite zeige sich bislang unnachgiebig und biete den Busfahrern lediglich einen höheren Stundenlohn von 59 Cent an, was einer Lohnerhöhung von 3,5 Prozent entspräche. Die Forderung von 1,95 Euro mehr Stundenlohn würde bei zurzeit 16,80 Euro und einem Monatsverdienst von 2860 Euro 11,6 Prozent mehr entsprechen.

Kreis Pinneberg: Fachkräftemangel auch bei Verkehrsunternehmen

„Das sollten wir der Gesellschaft wert sein“, fordert Betriebsratschef Jahn. Schließlich müssten er und seine Kollegen wie die meisten Bundesbürger auch mit der Inflationsrate von durchschnittlich 8,4 Prozent klarkommen. Vor allem die hohen Energiepreise machten auch den Kraftfahrern zu schaffen. „Manche Kollegen fahren ihren Tank leer und melden sich dann krank“, sagt er.

Die Resonanz von den Fahrgästen auf den fünftägigen Warnstreik sei ausgesprochen positiv, sagt Jahn, der selbst auch am Steuer sitzt. „Die zeigen alle Verständnis für unsere Forderungen. Manche halten sie sogar noch für viel zu niedrig.“

Schon jetzt mache sich der Fachkräftemangel stark bemerkbar. Vor allem für die Werkstattarbeiten gebe es kaum noch qualifiziertes Personal, weil das woanders besser bezahlt würde. Darum fordert Verdi auch 3,90 Euro pro Stunde mehr für die Werkstatt-Beschäftigten. Aber auch bei den Busfahrern selbst werde es knapp, warnt Betriebsratschef Jahn. Die im Regionalverkehrsplan des Kreises Pinneberg bis 2026 angekündigte weitere Ausweitung des Linienbusverkehrs mit mehr Linien, mehr Bussen und dichteren Takten sei unter diesen Umständen kaum zu schaffen.

Soll die KViP in einen anderen Tarifvertrag wechseln?

Hauptärgernis der Beschäftigten ist der OVN-Tarifverband, dem nur eine Handvoll ÖPNV-Unternehmen, aber etwa 65 andere Betriebe aus dem Kurier- und Taxigewerbe angehörten. „Jeder einzelne hat eine Stimme“, erklärt Jahn die Spielregeln. Wenn es um bessere Arbeitsbedingungen für die Berufsbusfahrer gehe, stünden sie alleine, darunter die KViP und die Autokraft in Kiel als größtes Busunternehmen darin.

Darum hatten Gewerkschaft und Betriebsrat der Geschäftsleitung und dem Aufsichtsrat der kreiseigenen Gesellschaft schon vor zwei Jahren und noch mal im Mai dieses Jahres vorgeschlagen, die KViP möge sich dem tariflich besser gestellten Tarifvertrag Nahverkehrsbetriebe (TVN) anschließen, der zurzeit Stundenlohn-Tarife zwischen 17,12 und 18,51 Euro ermöglicht.

KViP-Geschäftsleitung lehnt Wechsel in anderen Tarifvertrag ab

„Das würde für den größeren Betriebshof in Uetersen für den Busverkehr montags bis freitags 46.000 Euro Mehrkosten im Jahr bedeuten“, rechnet Verdi-Sekretär Riedl vor. Für den Gesamtbetrieb der KViP mit Stadtverkehr Elmshorn und Wochenende wäre es ein Aufschlag von 150.000 Euro. Gewerkschaft und Betriebsrat hätten diesen Tarifverbandswechsel auch mit einer Friedenspflicht versehen, die den jetzigen Streik obsolet gemacht hätte. Doch Geschäftsleitung und Aufsichtsrat lehnten dies erneut im Mai ab, bedauern Riedl und Jahn

Was KViP-Geschäftsführer Thomas Becker bestätigt. Er habe ja grundsätzlich Verständnis für die Forderung seiner Beschäftigten, da sie ja irgendwie die Verteuerung der Lebensmittel und Energiekosten abfangen müssten. „Ich muss aber auch an die Wirtschaftlichkeit denken und die KViP in Zukunft wettbewerbsfähig halten.“ Aus dem Aufsichtsrat möchte sich auf Abendblatt-Nachfrage nur Grünen-Kreistagsabgeordnete Nadine Mai dazu äußern.

CDU-Abgeordnete Britta Krey lehnte dies ab. Sie persönlich würde sogar den Wechsel in den TVN-Tarif begrüßen, erklärt Nadine Mai. „Wir sind ja ein kommunales Unternehmen, und die KViP ist ein guter Arbeitgeber.“ Aber die rein betriebswirtschaftlichen Gründe sprächen eher dagegen, argumentiert die Grünen-Kreispolitikerin aus Uetersen.

Kreis Pinneberg: KViP befördert 4,6 Millionen Fahrgäste im Jahr

Dabei würden aus Sicht von Betriebsrat und Verdi auch der Kreis und die Fahrgäste davon profitieren, wenn die Busfahrer zufriedener wären und wenn vor allem weniger gestreikt würde, was bei der OVN an der Tagesordnung sei. „Unter 14 Streiktagen ist noch kein Tarifabschluss zustande gekommen“, sagt Verdi-Sekretär Riedl. Die KViP befördert 4,6 Millionen Fahrgäste im Jahr.

OVN-Geschäftsführer Joachim Schack geht auch davon aus, dass die Tarifauseinandersetzung noch länger dauern könnte. Nächsten Dienstag, 18. Oktober, soll für die 3500 betroffenen Beschäftigten im OVN in Kiel weiterverhandelt werden, kündigt er an. Die Arbeitgeberseite habe 3,5 Prozent mehr Lohn ab Oktober sowie jeweils zwei Prozent mehr Lohn ab Oktober 2023 und 2024 angeboten. „11,6 Prozent wäre ja eine Lohnsteigerung, die weit über das übliche Maß hinausginge“, sagt Schack.