Kreis Pinneberg. Kreiskulturpreis geht 2022 an Hans-Georg Kramer aus Wedel und Benedikt Zimmer aus Rellingen. Wofür sie ausgezeichnet werden.
Der Drosteipreis, die höchste Auszeichnung für kulturelles Schaffen im Kreis Pinneberg, geht in diesem Jahr an zwei Vertreter alter, klassischer Musik. Den mit 2500 Euro dotierten Jugendförderpreis erhält der 17 Jahre alte Organist Benedikt Zimmer aus Rellingen. Der Haupt-Kulturpreis wird in diesem Jahr dem Musiker und Orchesterchef Hans-Georg Kramer (70) aus Wedel verliehen. Er hat sich seit vielen Jahrzehnten dem eigentümlichen Spiel der Viola da Gamba verschrieben, einem Streichinstrument, das vor allem im 16. bis 18. Jahrhundert auf den Konzertbühnen gespielt wurde. Dieser eigentliche Drosteipreis ist mit 5000 Euro Preisgeld versehen.
Kreis Pinneberg: Drosteipreis für zwei virtuose Musiker
Beide Preisträger werden am Sonntag, 6. November, in einer Feierstunde ihre Auszeichnungen in der Landdrostei in Pinneberg überreicht bekommen. Das jetzt 255 Jahre alte, denkmalgeschützte Kreiskulturzentrum ist seit ein paar Jahren Namensgeber des Preises, der seit 1981 an herausragende Künstler und Kulturschaffende aus den Bereichen Musik, Malerei, Literatur sowie darstellende und bildende Kunst vergeben wird. Mit den diesjährigen Preisträgern sind es jetzt 64 Kulturschaffende, „die sich um das Kulturleben im Kreis Pinneberg und das Ansehen des Kreises auf kulturellem Gebiet verdient gemacht haben“, heißt es in den Ausschreibungsbedingungen.
Zwölf Vorschläge habe die Kulturpreis-Jury zur Auswahl gehabt, sagt Drostei-Leiterin Stefanie Fricke. Das 19-köpfige Gremium aus Politik und Kultur, darunter auch drei Drosteipreisträger, habe über drei Vorschläge für den Förderpreis und neun für den Anerkennungspreis beraten. Mit Hans-Georg Kramer erhalte einer der „führenden Gambisten der Gegenwart“ den Drosteipreis.
Drosteipreisträger Kramer hat schon 21 Tonträger veröffentlicht
Mit seinem 1979 gegründeten Orchester „Marais Consort“ habe er internationales Renommee erworben, würdigte Stefanie Fricke das Schaffen des Wedelers. Jahr für Jahr trete er mit seinem Streichquartett europaweit bei etwa 40 Konzerten auf und habe mit seinem Gambaspiel inzwischen 21 Tonträger veröffentlicht.
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Kramer freut sich sehr über diese Auszeichnung. Schließlich verbänden ihn und sein Streichquartett bereits 28 Konzerte mit der Drostei, sagte er. „Der Preis bedeutet mir viel.“ Er sei Ausdruck seines lebensbegleitenden Schaffens. Die Musik der Viola da Gamba, die auch Knie- oder Schoßgeige genannt wird und über sechs statt vier Saiten wie die Violine verfügt, sei auf den großen Konzertbühnen heute wieder sehr angesagt.
Warum die Gabe in der Elbphilharmonie nicht zu hören wäre
Bundesweit gebe es etwa 5000 Gambaspieler, erklärt Kramer, der ursprünglich aus Bochum stammt. Mit 16 Jahren fing er damals in der Folkwang-Hochschule in Essen an, das alte Instrument spielen zu lernen. Jahrzehntelang unterrichtete er dort später auch als Dozent für Viola da Gamba Nachwuchsmusiker. „Die alte Musik hat mich schon immer fasziniert“, sagt Kramer.
Die im Deutschen Gambe genannte Kniegeige sei „das leisere, zartere und lieblichere Instrument“ im Vergleich zur Violine, die dagegen eher „laut schreiend und aufdringlich“ daher komme, erklärt der Musikvirtuose. „Die Geige ist gut für schlechte Akustik – so wie in der Elbphilharmonie. Dort hört man die Gamba nicht.“ Für die Drostei würde das zum Glück nicht gelten, so Kramer. Die Gäste der Drostei-Preisverleihung könnten sich in einem Monat auf ein einmaliges Hörerlebnis freuen.
Nachwuchspreisträger Zimmer möchte Kirchenmusik studieren
Der Preisverleihung an Kramer sei keineswegs als Würdigung seines Lebenswerkes zu verstehen, betont Drostei-Chefin Fricke. „Auch mit inzwischen 70 Jahren ist Hans-Georg Kramer nach wie vor der Pionier, der Entdecker und immer auf der Suche nach neuen Herausforderungen, die das Konzertleben bereichern und inspirieren.“
Auch der mehr als 50 Jahre jüngere Nachwuchsmusiker Benedikt Zimmer hat sich der alten Musik verschrieben. Er möchte nach der Schule am liebsten Kirchenmusik studieren, erklärt der Abiturient von der Johannes-Brahms-Schule. „Der Jugendförderpreis des Kreises Pinneberg ist eine große Ehre für mich“, freut sich der 17-Jährige, der bereits im Alter von vier Jahren Klavierspielen lernte und mit acht Jahren seine erste Komposition verfasste.
Kreis Pinneberg: Preisträger spielte schon größte Orgel der Welt
Der mehrfache Preisträger von „Jugend-Musiziert“, der 2018 und 2021 im Bundeswettbewerb zweite Preise im Orgelspiel erreichte, sei bereits „herausragend in jungen Jahren“, lobte Kerstin Seyfert, Vorsitzende des Kulturausschusses des Pinneberger Kreistages.
Drostei-Chefin Fricke hat Benedikt Zimmers enormes Talent schon von mehreren Auftritten in der Drostei schätzen gelernt. Sie habe ihn musikalisch aufwachsen und immer besser werden gesehen, sagt sie. „Das Orgelspiel hat mich schon immer fasziniert“, sagt der Orgelvirtuose, der bereits in der Rellinger Kirche, im Hamburger Michel und in Los Angeles in der First Congregational Church an der größten Kirchenorgel der Welt sein Können zeigen konnte.
„Ich möchte aber nicht nur klassisch, sondern auch experimentell spielen“, sagt Zimmer. „Auch Filmmusik finde ich spannend.“ Mit Hans Zimmer, dem mehrfachen Oscar-, Grammy- und Golden-Globe-Gewinner (König der Löwen, Dune) hätte er da ein großes Vorbild gleichen Namens.