Kreis Pinneberg. Nach Corona-Pandemie und Mitgliederschwund ist die nächste Krise da. Wie die Clubs im Kreis Pinneberg damit umgehen.

Nach der Corona-Krise erholen sich viele Sportvereine im Kreis nur schleppend vom Mitgliederschwund durch den Lockdown. Und nun gibt es ein neues Problem: die Energiekrise. Der Kreissportverband Pinneberg schlägt ob der Kostenexplosion bereits Alarm.

Gaspreise: Sportvereine haben mit steigenden Kosten zu kämpfen

Laut Geschäftsführer Karsten Tiedemann sind bei den Mitgliedern die Vor-Corona-Zahlen noch immer nicht erreicht. Besonders bei den großen Vereinen mit eigenen Anlagen. Kleine Vereine mit weniger als 1000 Mitgliedern seien weniger betroffen. Zwar seien 2022 erstmals wieder mehr Menschen in die Vereine eingetreten, vor allem Kinder und Jugendliche. Es sei aber nicht vorhersehbar, wie sich die Corona-Situation entwickele. Zumal er sich sehr um die Energiepreise sorge.

„Die Temperaturen könnten zum Teil geregelt werden, warm anziehen können wir uns auch“, sagt Karsten Tiedemann. Die Einrichtungen zu schließen, sei sozial und gesundheitlich aber kaum vertretbar. Beim VfL Pinneberg etwa sind laut Geschäftsführer Uwe Hönke wieder mehr Kinder und Jugendliche aktiv, besonders im Ballsport. Anfang 2020 hatte der Verein noch 5038 Mitglieder, Anfang 2022 nur noch 4577 – es gab also 461 Austritte.

Im Jahr 2019 verbrauchte der VfL Pinneberg mit 323.601 Kilowattstunden (Kwh) Gas für 18.600 Euro. Der Strom war mit 145.511 Kwh für 44.157 Euro noch teurer. Es folgten zwei Jahre Corona. Und wie die Zahlen in diesem Jahr aussehen werden lässt sich nur schwer schätzen. Der VfL rechne mit erheblichen zusätzlichen Kosten und prüfe Sparmöglichkeiten. Dazu gehören gesenkte Vorheiztemperaturen beim Duschen, eine Drosselung des Wasserverbrauchs oder LED-Lampen. Bereits 2021, vor Ausbruch des Krieges, hat der Verein Fernwärme über Müllverbrennung beantragt. Die Müllverbrennungsanlage in Tornesch-Ahrenlohe liefert bereits. Langfristig werde das aber nicht reichen: „Wir brauchen dringend strukturelle Förderungen, um die Energiekrise zu überstehen“, sagt Hönke.

Gaspreise steigen: Wie die Vereine im Kreis damit umgehen wollen

Finanziell trifft das Energiewende- und Klimaschutzgesetz Schleswig-Holstein alle Vereine im Kreis. Dabei geht es vor allem um den energieeffizienten Ausbau von Dächern und Heizungen. Das kritisiert Karsten Tiedemann scharf: „Die Fristsetzungen sind zu kurz, und die gemeinnützigen Sportvereine unter dem Dach von Kreissportverband und Landessportverband sind gegenüber Unternehmen benachteiligt, die solche Kosten ganz anders geltend machen können“, schreibt er in einer Stellungnahme an das Land.

Vereine bekämen besonders schwer Kredite, erwirtschaftete Rücklagen seien aber auf Erhalt und Betrieb ausgerichtet. Schon wegen der steigenden Energiepreise hätten einige Vereine kürzlich die Mitgliedsbeiträge erhöht. Noch mal gehe das nicht, denn schon das habe zu Kündigungen geführt. Die Forderung: „Es müssen neben der normalen Sportförderung erhebliche Fördermittel in die Haushalte eingestellt werden. Die Aufnahme von Krediten muss vermieden werden.“

Steigende Energiekosten: EMTV will Mitgliedsbeiträge erhöhen

Den Elmshorner Männer-Turn-Verein (EMTV) haben die Pandemie-Maßnahmen besonders hart getroffen: Anfang 2020 hatte er noch 5175 Mitglieder, Anfang 2022 waren es nur noch 4612. Ähnlich geht es vielen Vereinen im Kreis, belegt eine Liste des Kreissportverbandes. Zu den aktuellen Mitgliederentwicklungen sind noch keine Zahlen verfügbar.

Angesichts der steigenden Energiepreise werde der EMTV den Mitgliedsbeitrag um einen Euro erhöhen, so der Geschäftsführer Arne Hirsch. Das würde aber kaum ausreichen, um die hohen Kosten zu decken. Der Verein werde an weiteren Stellen Geld und Energie sparen, etwa beim Saunabetrieb. Außerdem werde nicht mehr unter Wettkampfbedingungen trainiert, die Beleuchtung werde reduziert. Das Vereinsheim sei gut isoliert, das Heizen lasse sich steuern. Trotz allem will der Verein „für die Mitglieder die Preise so gering halten wie möglich“ sagt Jens Berendsen, Sprecher des EMTV. Denn auch ärmere Menschen sollten am Vereinsleben teilhaben können. „Integration ist bei uns eine Tradition“, betont er.

Gaspreise: Vereine rechnen mit Verdreifachung der Kosten

Auch in der Halstenbeker Turnerschaft sorgt die Energiekrise für Beunruhigung. Nachdem wieder mehr Sportler eingetreten seien, sänken die Mitgliederzahlen erneut, so Geschäftsführerin Heike Opderbeck. „Wir rechnen außerdem mit einer Verdreifachung der Gaspreise“. Dies verursache Ungewissheit. Ältere, schlecht isolierte Gebäude seien im Unterhalt teurer. Deswegen sei eine Erhöhung der Mitgliedsbeiträge wahrscheinlich.

Der Wedeler Turn- und Sportverein, Union Tornesch und die Uetersener Sportgemeinschaft haben noch keine großen Sorgen. In Wedel gibt es andere Probleme. Der Verein hat laut dem Geschäftsstellenleiter Wolfgang Kärgel zum 1. Juli 2021 das Vereinsheim in der Bekstraße 22 und die Sporthalle in der Schulauer Straße 63 an die Stadt abgetreten. Dass er die Gebäude nicht habe halten können, liege daran, dass schon in den vergangenen Jahren viele Mitglieder ausgetreten seien. Kärgel erklärt sich das damit, dass die Anlagen von Sportvereinen nicht ständig verfügbar seien, anders als Fitness-Studios. Außerdem kämen Kinder und Jugendliche wegen der Ganztagsschule seltener zum Vereinssport. Wegen der Energiekosten macht sich Kärgel noch keine Sorgen, denn die Stadt Wedel stellt dem Verein ihre Sportstätten kostenfrei zur Verfügung.

Gaspreise: Nicht alle Vereine fürchten höhere Kosten

Laut Detlev Arndt, erster Vorsitzender des Vereins Union Tornesch, hat der Verein während der Corona-Maßnahmen kaum Mitglieder verloren. Die steigenden Energiekosten hätten den Verein noch nicht getroffen. „Was auf uns zukommt, weiß noch keiner“, sagt er. Energiesparen hat der Verein schon Anfang des Jahres eingeführt. Weitere Sparmaßnahmen würden mit der Stadt und der Kommune vorbereitet.

Sonja Pingel aus der Vereinsleitung der Uetersener Sportgemeinschaft macht sich momentan weniger Gedanken um steigenden Energiepreise: „Die meisten Sorgen die man sich macht, treten gar nicht ein“, sagt sie zuversichtlich. Der etwa 300 Mitglieder starke Verein nutze vor allem kommunale Sportstätten. Das eigene Vereinshaus würde fast nur im Sommer genutzt. Außerdem biete der Verein Sportarten wie Bogensport und Radwandern an. Dafür sei man nicht so stark auf Energie angewiesen.

Gaspreise: Vereine sollen Unterstützung von Bund und Land bekommen

Da die Vereine die Probleme, die sie nicht verursacht haben, nicht allein stemmen können, scheint sich ein Umdenken abzuzeichnen: „Es ist Bewegung bei Bund und Land zu verspüren,“ sagt Karsten Tiedemann. Der Investitionspakt zur Förderung von Sportstätten stellt für kommunale Anlagen in Schleswig-Holstein 7,4 Millionen Euro zur Verfügung. Die Hälfte trägt der Bund. Vereine mit eigenen Sportanlagen profitieren nicht davon.

Am 16. August wurde bei der Sportministerkonferenz eine Beschlussvorlage verfasst, in der es um die Förderung von Vereinen mit eigenen Sportanlagen geht. Das begrüßt Karsten Tiedemann, genauso wie den Antrag der CDU-Kreistagsfraktion, das Thema bei der Sitzung des Ausschusses für Schule, Kultur und Sport am 6. September (18.30 Uhr) zu behandeln.