Quickborn. In seinem dritten Kurzfilm nähert sich der vielfach ausgezeichnete Nachwuchsregisseur Louis Bennies einem Tabuthema.

In der Woche dreht der Quickborner Louis Bennies Werbefilme in Hamburg. Am Wochenende widmet sich der 22 Jahre junge Filmemacher seinen eigenen Filmideen. Zurzeit ist der mehrfach ausgezeichnete Regisseur, Produzent und Drehbuchautor dabei, seinen dritten Kurzfilm innerhalb von zwei Jahren fertigzustellen. Nach „Signale“ von 2021 und „Gefühle“ von 2022 geht es in dem Filmprojekt „Ängste“ erneut um psychische Probleme – und welche Auswirkungen diese auf die Betroffenen und ihre Umwelt im Alltagsleben haben.

Quickborner dreht Kurzfilm über das Thema Angst

Angststörungen und der Umgang mit psychischen Erkrankungen in Freizeit und Beruf, in Familie, Schule und unter Freunden zu meistern, ist das große Thema von Louis Bennies. Da kennt er sich aus. Das weiß der Quickborner nur zu gut aus seinem eigenen Leben, auch wenn die Filmgeschichten allesamt nicht autobiografisch seien, wie er betont. Aber Bennies ist Autist und leidet am Asperger-Syndrom, einer speziellen Form des Autismus, sowie an ADHS.

Das bedeutet, dass er sich nicht lange auf eine Sache konzentrieren kann. Es falle ihm schwer, Freundschaften zu schließen, er fühle sich unwohl in großen Gruppen, habe oft im Abseits wegen seiner speziellen Interessen und Hobbys gestanden. Er sagt: „Kommunikation ist schwierig.“

Quickborn: Schulzeit des Regisseurs war von Rückschlägen geprägt

Die Schulzeit am Mühlenberg und an der Comeniusschule in Quickborn sei nicht einfach für ihn gewesen. Er musste lange starke Medikamente nehmen, sagt er. Erst am Berufsbildungszentrum in Norderstedt machte er das Abitur. Andererseits könne er sich sehr gut auf ganz spezielle Dinge fast bis zur Selbstaufgabe konzen­trieren. Und das sei das Filmen für ihn, das er nächtelang machen könnte, bis alles fertig sei.

Im neuesten Projekt „Ängste“ gehe es darum, wie ein junger Mann, Jonas (gespielt von Christian Ohngemach), versucht, mit seinen Angstzuständen klarzukommen, erklärt Filmemacher Bennies. Das sei schon schwierig genug für den Protagonisten, weil er ebenfalls Probleme damit habe, seine Freundschaften aufrecht zu erhalten.

Christian Ohngemach spielt die Hauptrolle im neuen Kurzfilm.
Christian Ohngemach spielt die Hauptrolle im neuen Kurzfilm. © Burkhard Fuchs | Louis Bennies

Jonas sei Mitte 20, gerade fertig mit seinem Studium und nach Hamburg gezogen. „Da habe er ständig mit seinen Angstzuständen zu kämpfen“, erklärt Bennies. Sein bester Freund Niklas (Pierre Philippe-Scharfals) und seine anderen Freunde Anna (Nina Beckmann) und Andreas (Björn Möller-Elsner) können ihm dabei kaum helfen. „Jonas versucht, ihnen nahe zu sein, was sich schließlich als schwieriger herausstellt als er denkt“, beschreibt Filmemacher Bennies die psychologische Ausgangslage seines dritten Kurzfilmprojektes.

Filmcrew dreht in Hamburg und dem Kreis Pinneberg

Im Laufe der Zeit aber merkt Jonas, dass es seine Symptome lindert und ihn lockerer und glücklicher macht, wenn es ihm gelingt, sich anderen zu öffnen, erklärt Bennies. „Er lernt, sich seinen Mitmenschen mitzuteilen und über seine Probleme zu reden und auf andere einzugehen. Diese Empathie hilft ihm dabei, seine Angststörungen zu überwinden. Er wächst quasi über sich und seine Krankheit hinaus.“

Bennies dreht gerade mit seiner Filmcrew in Hamburg und im Kreis Pinneberg. So wird es Filmszenen vom Rantzauer See in Barmstedt, dem Elsensee-Gymnasium in Quickborn und an der Nordakademie in Elmshorn geben. Aber auch in Hamburg-Lokstedt, wohin Bennies jetzt von Quickborn gezogen ist, habe er einige Filmszenen gedreht. Und auch die Hamburger Szenekneipe „Kir“ am Rande der Schanze ist einer seiner Drehorte.

Auch an den Landungsbrücken in Hamburg drehte das Team Einstellungen für den neuen Film.
Auch an den Landungsbrücken in Hamburg drehte das Team Einstellungen für den neuen Film. © Burkhard Fuchs | Louis Bennies

Seine Darsteller sind wieder Amateure oder halbprofessionelle Schauspieler, die er zum Teil sehr gut kennt und mit denen er schon bei seinen ersten Filmen gearbeitet hat. Mit der Elmshornerin Lina Ludwig, die dieses Mal das Mädchen Saskia spielt, und Hauptdarsteller Björn Möller-Elsner aus Kiel hatte er schon die Hauptrollen seiner vorherigen Werke „Signale“ und „Gefühle“ besetzt.

Quickborner dreht mit erfahrenem „Tatort“-Schauspieler

Der erfahrenste Darsteller ist dieses Mal Bernd Panzer, der schon beim Hamburger Tatort „Kaltstart“ von 2014 neben Kommissar Wotan Wilke Möhring mitgewirkt hat. Für Louis Bennies sind das bislang Low-Budget-Produktionen. Er könne seinen Darstellern keine Honorare oder Gagen, nur Fahrtkosten zahlen. 800 Euro habe er für die neun Drehtage einschließlich des Equipments eingeplant, erklärt der Quickborner Filmemacher. Er werde den neuen Film auch wieder bei den Kurzfilmfestivals einreichen und auf Youtube veröffentlichen.

Bei seinen Erstlingswerken hat das schon gut geklappt. So ist der Film „Signale“ auf den Festivals in Istanbul und dem Pure Magic International Film Festival in Amsterdam zum jeweils besten Kurzfilm gekürt worden. Und der zweite Film „Gefühle“ konnte gleich acht Preise einheimsen, unter anderem im kanadischen Vancouver, England, Amsterdam und New York City, wo sowohl der Film als auch seine Darsteller zu Gewinnern erklärt worden sind.

Für Louis Bennies hat sich das alles online abspielt. Er reiche die Filme dort ein, die dann von einer Jury bewertet werden. Von einem roten Teppich oder gar einem Staraufgebot an der Croisette am Mittelmeer wie bei den Filmfestspielen in Cannes könne keine Rede sein.

Filmemacher dreht auch Werbespots für Produkte

Gleichwohl träumt Louis Bennies auch von seinem ersten langen Spielfilm. Er überlege, seinen Debutfilm „Signale“ von 30 auf 80 Minuten auszuweiten. Dabei wolle er die Autismus-Erkrankung des Protagonisten noch mehr vertiefen, die im Kurzfilm oft nur an der Oberfläche geblieben sei. So seien bestimmte Reaktionen und Gefühle seiner Darsteller, die er habe ausdrücken wollen, vom Publikum nicht richtig verstanden worden, habe er festgestellt. Das möchte er in der Langversion ändern und die Auswirkungen des Autismus auf die Betroffenen und ihre Umwelt verständlicher machen.

Das gelte auch für die Reaktionen der an sich gesunden Mitmenschen, die wiederum auch nicht sofort verstünden, war­um der Betroffene so reagiert. „Auch diese Defizite habe ich im Kurzfilm nicht richtig erklärt“, weiß Bennies. Finanziert werden soll der Langfilm voraussichtlich über ein Crowdfunding-Modell, bei dem Unterstützer den Film innerhalb einer bestimmten Zeit mit ihrem Spendengeld finanzieren können.

Für Louis Bennies dreht sich alles um die Filmerei. Wenn er nicht seine eigenen Ideen verwirklicht, dreht er als Video-Editor und studierter Bachelor im Studiengang Filmproduktion digital Werbefilme. Das sei jetzt sein bezahlter Beruf, da gehe es aber weniger um psychische Erkrankungen als um Produktwerbung. So habe er bereits Filme für Staubsauer-Roboter und Komfort-Betten gemacht.