Quickborn. Zwei Filmemacher aus Quickborn und Henstedt-Ulzburg wollen mit ihrem Film „Signale“ zeigen, zu welchen Problemen die Krankheit führen kann.

Die erste Liebe ist für die meisten Jugendlichen kompliziert genug. Für einen Autisten ist sie besonders schwer und kann zu allerlei Problemen und Missverständnissen führen. Das wollen Sören Reinecke (20) aus Hen­stedt-Ulzburg und Louis Bennies (20) aus Quickborn mit ihrem halbstündigen Spielfilm „Signale“ zeigen, den sie zurzeit mit einer größtenteils professionellen Crew an Spielorten in Ulzburg, Quickborn, Hamburg und Barmstedt drehen.

„Unser Hauptdarsteller, der an Autismus leidet, kann die Signale seiner Umwelt nicht richtig deuten“, erklärt Bennies, der Autor, Regisseur und Produzent des Films ist. „Es fällt ihm schwer, Freunde zu finden, und er steht oft im Abseits wegen seiner speziellen Interessen und Hobbys“, ergänzt Sören Reinecke, der das Drehbuch geschrieben hat und ebenfalls mitproduziert.

Die beiden Filmemacher wissen, wovon sie sprechen. Sie sind selbst Autisten. Das führe dazu, dass sie schnell unter Stress gerieten, sich in der Schule oft nicht lange auf eine Sache konzentrieren konnten, obwohl sie andererseits nächtelang ihren Film drehen, schneiden und vertonen könnten, wie Bennies sagt.

Was ihnen liege und Spaß mache, könnten sie bis zur Selbstaufgabe stundenlang immer weiter vorantreiben. Was sie dagegen nicht einsähen und verstünden, daran würden sie schnell das Interesse verlieren. Das lasse sie oft unstet wirken, und darum werde diese Krankheit auch oft mit dem ADHS-Syndrom verwechselt, der Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung.

Autisten brauchten deshalb Halt im Leben, den sie mit bestimmten Handlungen versuchen zu erreichen. „Ich habe ganz bestimmte Rituale“, erklärt Louis Bennies. So esse er meist zur selben Zeit und gehe auch immer zur selben Zeit zu Bett, sagt der Quickborner, der das Filmemachen in Hamburg studiert.

Richtig kompliziert werde das Leben aber für einen Autisten im Umgang mit seinen Mitmenschen, sagt Sören Reinecke, der Wirtschaftsinformatik studiert und das Filmemachen als Autodiktat betreibt. „Als Autist hat man Probleme, Freunde zu finden“, weiß er. „Man lebt in einer komplett anderen Welt und hat oft ein sehr schwieriges Verhältnis zur Gemeinschaft und kann sich nicht in andere Menschen hineinversetzen.“ Auch spontane Berührungen würden Autisten nicht so gerne mögen.

Der an Autismus erkrankte Lukas gesteht Julia, dem beliebtesten Mädchen der ganzen Klasse, in einem Café seine Liebe.
Der an Autismus erkrankte Lukas gesteht Julia, dem beliebtesten Mädchen der ganzen Klasse, in einem Café seine Liebe. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Genau das sind die Probleme von Hauptfigur Lukas (gespielt von Björn Möller, 20), der am Asperger-Syndrom, einer speziellen Form des Autismus, leidet. Der Schüler hat sich unsterblich in Julia (gespielt von Franziska Julie Hoffrichter, 23) verliebt, eine extrovertierte und in der Klasse beliebte Mitschülerin. Lukas versucht, sich Julia zu offenbaren und ihr seine Liebe zu zeigen. Doch fällt es Lukas schwer, ihre Signale richtig zu verstehen, auch wenn sie durchaus Interesse an dem intelligenten Jungen zeigt.

Und so dreht es sich in dem Film immer wieder darum, wie leicht Missverständnisse entstehen können, nur weil wir die Signale unserer Mitmenschen falsch wahrnehmen und missdeuten. Lukas holt sich dabei Rat von seinen Mitschülern im Fitnessstudio, die ihm genau erklären, wie er bei seinem ersten Date mit seiner großen Liebe vorgehen sollte.

Die beiden Hauptdarsteller sind erfahrene Schauspieler und standen bereits für mehrere andere Filmprojekte vor der Kamera. Die Hamburgerin Franziska Julie Hoffrichter ist ausgebildete Musical-Schauspielerin und stand schon für Musicalproduktionen auf der Bühne. Auch in Fernsehfilmen spielte sie bereits mit. Film-Autist Björn Möller hat für seine Hauptrolle in seinem 48-Stunden-Film „487513“ bei einem Filmfest sogar den Publikumspreis gewonnen.

Beide wurden wegen der Corona-Krise für ihre anspruchsvollen Rollen online gecastet. Auch für die Aufgaben hinter der Kamera haben die beiden Filmemacher erfahrene Kollegen finden können. Ihre Gage bestehe aber vorwiegend aus der Erstattung der Fahrtkosten zu den rund 20 Drehtagen und aus der kostenlosen Verpflegung. Auch die Kostüme werden gestellt. Mehr könnten sich die Jungfilmer für ihr Debüt (noch) nicht leisten.

Ihren fertigen Digitalfilm wollen sie auf unterschiedlichen Kurzfilmfestivals präsentieren. Mit ihrem Anspruch, dem Insiderwissen sowie dem aktuellen Weltgeschehen – mit der Fridays-for-Future-Galionsfigur Greta Thunberg hat eine Asperger-Autistin immerhin in kürzester Zeit Weltruhm erlangt – dürften sich die Filmemacher aus Hen­stedt-Ulzburg und Quickborn durchaus ausrechnen, einen Nerv beim Publikum zu treffen. Zumindest greift der Streifen den Zeitgeist aus.

Das Ende ihres Films lassen sie allerdings offen. Ein Happy End würde wohl auch dem Thema und ihren eigenen Erfahrungen nicht gerecht werden. „Wir wollen den Film schließlich so authentisch wie möglich machen“, sagen Sören Reinecke und Louis Bennies.