Schenefeld. Vorreiter für Elektromobilität: Ladestation für E-Busse in Schenefeld geht in den Probebetrieb. Wie das VHH-Projekt läuft.
Die größte E-Bus-Ladestation in Schleswig-Holstein beginnt im August den Probebetrieb. Die zwölf Millionen Euro teure Anlage, die seit Frühjahr 2021 gegenüber dem Betriebshof der Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH) am Osterbrooksweg gebaut wird, startet in Kürze mit 20 Elektrobussen.
Diese werden vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) finanziell gefördert. „Wir freuen uns sehr, mit unseren umfangreichen Erfahrungen im Feld der E-Mobilität, die Umstellung in Schleswig-Holstein weiter voranbringen zu können. Möglich ist dies durch die Förderung, die den von uns eingeschlagenen Weg unterstützt“, so VHH-Geschäftsführer Toralf Müller, der kürzlich mit dem E-Bus-Award ausgezeichnet worden ist.
Schenefeld: Nahverkehr soll auf Elektromobilität umgestellt werden
Die VHH erhalten vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr insgesamt 59,7 Millionen Euro für die Umstellung des öffentlichen Nahverkehrs auf Elektromobilität. Damit können 70 E-Busse beschafft werden, die in den Kreisen Pinneberg, Herzogtum Lauenburg, Segeberg und Stormarn zum Einsatz kommen werden. Lauenburg, Pinneberg und Stormarn erhalten bis Ende 2024 je 20 E-Busse, Segeberg wird seine bestehende Flotte auf 20 emissionsfreie Fahrzeuge verdoppeln.
Weitere Fördermittel entfallen auf die für den Betrieb notwendige Infrastruktur. Die Betriebshöfe der VHH in den vier Kreisen müssen für den E-Bus-Betrieb mit Ladestationen ausgebaut werden. Auch die Werkstätten werden umgebaut. Neben Gruben und Hubbühnen werden nun vermehrt Dacharbeitsstände errichtet, damit die auf den Dächern der E-Fahrzeuge untergebrachten Komponenten sicher instandgehalten werden können.
Größte Ladestation für Elektrobusse in Schleswig-Holstein
Einer der Vorreiter ist der Betriebshof in Schenefeld, wo die Bauarbeiten für die größte Ladestation in Schleswig-Holstein sich ihrem Ende nähern. Sehr zur Freude von Elfi Heesch, der Landrätin des Kreises Pinneberg. Sie sagt: „Die Energiewende zum Zweck des Klimaschutzes ist neben der Mobilitätswende das Zukunftsthema im ÖPNV. Dies gehen wir mit aller Entschlossenheit an.“ Die VHH verfügen bereits über umfangreiche Erfahrungen mit der Umrüstung ihrer Flotte auf E-Mobilität. Das Unternehmen setzt inzwischen 88 E-Busse ein.
Technisch haben sich in den vergangenen beiden Jahren deutliche Verbesserungen ergeben: Die Reichweite einer Ladung reicht heute schon für über 200 Kilometer bei Gelenkbussen und bis zu 270 Kilometer für normalen Fahrzeuge, die als Solobusse bezeichnet werden. Damit können die allermeisten Busumläufe bei der VHH mit einer Ladung abgedeckt werden. Gleichzeitig gehen die Hersteller davon aus, dass sie auf absehbare Zeit noch höhere Reichweiten garantieren können
In Schenefeld können bald 80 Elektrobusse ihre Akkus laden
In Schenefeld wird gegenüber dem Betriebshof am Osterbrooksweg auf einem 7700 Quadratmeter großen Grundstück seit Frühjahr 2021 eine Ladestation gebaut, die im Endzustand 80 Elektrobusse gleichzeitig mit Ladestrom versorgen kann. Wenn im August der Probebetrieb mit 20 E-Bussen beginnt, werden diese testweise auf verschiedenen Linien im Hamburger Westen und dem Kreis Pinneberg eingesetzt. Für September ist auch eine offizielle Einweihung der neuen Ladestation geplant.
Die VHH hat bereits ihre Betriebshöfe in Bergedorf sowie in Norderstedt mit Ladeinfrastruktur für Elektrobusse ausgestattet. Anders als in beiden Orten werden in Schenefeld die Busse an Ladestecker angeschlossen, die von oben herabhängen. In der Mitte des Geländes befindet sich ein 81 Meter langes und nur vier Meter schmales Infrastrukturgebäude, in dem zunächst der 10.000 Volt Wechselstrom aus der ebenfalls auf dem Grundstück befindlichen Übergabestation der SH Netz in 400 Volt Gleichstrom umgewandelt wird.
Schenefeld: Probebetrieb für die E-Bus-Ladestation beginnt
Während im Erdgeschoss die dazu benötigten Transformatoren untergebracht sind, stehen im Obergeschoss die Ladegleichrichter für die Ladepunkte, deren Kapazität bis zu 150 KB umfasst. Beidseitig überspannt ein nicht durch Stützen unterbrochenes Stahltragwerk, das vom Obergeschoss des Gebäudes ausgeht, die gepflasterte Fläche. Sie umfasst auf der einen Seite sechs, auf der anderen acht Spuren. Von diesem Tragwerk hängen die Ladekabel herunter, die dann von den Busfahrern in die Fahrzeuge gesteckt werden. Bis zu acht Busse können in einer Reihe stehen und gleichzeitig geladen werden.
Die Betriebsaufnahme erfolgt in zwei, eventuell sogar drei in Phasen. In Phase eins wird nach der Einweihung im September die Ost-Seite in Betrieb gehen. Hier erhalten 32 Gelenkbusse Strom, die Leistung beträgt drei Megawatt.
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VHH-Betriebshof in Schenefeld soll auf Elektromobilität umgestellt werden
Die zweite Phase betrifft die Westseite, sie könnte ebenfalls im September starten. Hier können 32 weitere Busse aufgeladen werden, die zusätzliche Stromleistung beträgt dann vier Megawatt. 17 weitere Busse könnten dann eventuell in einer dritten Phase zu einem späteren Zeitpunkt auf dem Gelände eine Heimat finden.
Dank intelligenter Ladetechnik kann der Ladestromverbrauch halbiert werden. Die VHH verfügt über ein System, in dem permanent der Ladezustand der Fahrzeuge abrufbar ist. Auf diese Weise können Fahrzeuge aus dem Linienbetrieb herausgelöst und wiederaufgeladen werden, ohne dass dies dem Fahrgast auffällt. Und dank der im voraus planbaren Umläufe erhält das Fahrzeug immer nur so viel Strom zugeteilt, wie es auch benötigt.
Bis 2030, wenn die VHH den vom Senat der Hansestadt vorgegebenen Hamburg-Takt erfüllen und gleichzeitig nur noch umweltfreundliche E-Busse einsetzen muss, wird der Fuhrpark des Unternehmens etwa 1000 Busse umfassen. Das entspricht einer Verdoppelung des Bestandes. Dann muss auch der übrige Teil des Betriebshofes in Schenefeld komplett auf E-Mobilität umgestellt werden.
Schenefeld: VHH-Geschäftsführer für Pionierarbeit bei Elektromobilität ausgezeichnet
Unterdessen hat VHH-Geschäftsführer Müller den E-Bus-Award erhalten, mit dem Unternehmen und Einzelpersonen geehrt werden, die sich um die Förderung von Elektrobussen im ÖPNV verdient gemacht haben. Die Auszeichnung geht an den VHH-Chef, weil er laut der Laudatio zu den „Eisbrechern beim Thema E-Mobilität im ÖPNV“ gehört. Er sei einer der ersten gewesen, der das Wagnis der Transformation eingegangen sei, Prototypen beschafft und die damit gemachten Erfahrungen wieder in den Markt offen und transparent zurückgespielt habe.
„Wir freuen uns sehr über diese Auszeichnung, die ich stellvertretend für das gesamte Team entgegengenommen habe“, so Müller. Er sei wahnsinnig stolz auf seine Mitarbeiter, die mit „großem Einsatz und viel Herzblut tagtäglich die Förderung eines nachhaltigen ÖPNV voranbringen“. Die zügige Umstellung der Busflotte auf elektrische Antriebe, die Umrüstung der Infrastruktur und die Qualifizierung des gesamten Personals erfordere viel Kraft, „die wir bei der VHH gerne aufbringen. Der E-Bus-Award ist eine tolle Wertschätzung dafür.“