Kreis Pinneberg. Für das Neubauprojekt soll ein Förderantrag beim Land gestellt werden. Doch bestimmte Voraussetzungen müssen erfüllt sein.
Kurz vor der endgültigen Entscheidung, ob die beiden Krankenhäuser der Regio Kliniken in Elmshorn und Pinneberg geschlossen und für eine 500 Millionen Euro teure zentrale Großklinik zusammengelegt werden sollen, melden sich erneut Befürworter und Skeptiker dieses Vorhabens zu Wort. So spricht sich der Betriebsrat erneut dafür aus. Während der ehemalige DGB-Kreisvorsitzende Peter Brandt bemängelt, das überhaupt kein „belastbares Erst-Konzept“ vorliege.
Die SPD-Fraktion will deshalb die Zustimmung des Kreises auf der Hauptausschusssitzung des Kreistages am Mittwoch, 9. März, an mehrere Vorbedingungen geknüpft wissen und ihre Zustimmung davon abhängig machen. So fordert sie von der Regio-Geschäftsführung vorab ein Grobkonzept für ein Modellprojekt vorzulegen, das im Kreis Pinneberg „eine vernetzte, kooperative und sektorenübergreifende Gesundheitsversorgung im Kreis Pinneberg“ sicherstellt.
Neue Großklinik in Pinneberg? Förderantrag soll gestellt werden
Zudem müsse die Auswahl des künftigen Standortes dieser Zentralklinik „im gegenseitigen Einvernehmen“ geschehen, so Fraktionschef Hans-Peter Stahl: „Das heißt: mit ausdrücklicher Zustimmung des Kreises Pinneberg.“ Das Votum des Hauptausschusses ist wichtig, da sich der Kreis Pinneberg beim Verkauf von 74,9 Prozent der Gesellschaftsanteile 2009 an die Sana AG bis 2029 ein Veto-Recht bei der Aufgabe von Krankenhaus-Standorten vertraglich ausbedungen hatte.
Ohne die Zustimmung des Kreises ist der Neubau einer 630-Betten-Klinik nicht wie von der Regio-Geschäftsführung geplant bis 2032 zu realisieren. Für dieses 500 Millionen Euro-Vorhaben soll jetzt ein entsprechender Förderantrag beim Land gestellt werden, um in den Krankenhausplan des Landes aufgenommen zu werden. Sozialminister Heiner Garg (FDP) hatte sich im November in Elmshorn vor dem Kreistag für dieses Vorhaben ausgesprochen und sich dabei auf ein entsprechendes Landesgutachten berufen. Der Kreis müsse sich aber bald, – spätestens im Frühjahr – entscheiden, drängte er zur Eile.
Offenbar soll die Entscheidung zwischen den beiden Gesellschaftern Kreis und Sana so zeitnah fallen, dass sich dafür nicht einmal mehr Landrätin Elfi Heesch mit den Sana-Vertretern trifft. „Es findet in diesem Fall keine Gesellschafterversammlung statt, die Beschlussfassung erfolgt im schriftlichen Verfahren“, teilt Kliniksprecherin Birga Berndsen auf Nachfrage mit.
Sanierung der Kliniken in Pinneberg und Elmshorn wäre günstiger
Sollte der Beschluss für den Neubau einer Großklinik an einem neuen Standort so getroffen werden, würde das für den Kreis Pinneberg bedeuten, dass innerhalb von 25 Jahren alle vier ehemaligen Krankenhäuser in Uetersen (2005), Wedel (2020) sowie Elmshorn und Pinneberg geschlossen wären.
Das Abendblatt hatte am Sonnabend erstmals und exklusiv berichtet, dass die Sanierung der beiden vorhandenen Krankenhäuser in Pinneberg und Elmshorn möglich ist und mit 320 Millionen Euro auch um 180 Millionen Euro günstiger als ein Neubau wäre. Bis zum Jahr 2039 wären damit bei laufendem Betrieb alle baulichen Mängel in den Kliniken in Elmshorn und Pinneberg zu beheben und sie auch für die Zukunft gut aufzustellen, heißt es in der Begründung der Regio-Geschäftsführung zum Förderantrag.
Die Betriebsratsvorsitzende Herta Laages spricht sich aber entschieden gegen eine Modernisierung der alten Kliniken aus. Eine Baustelle für eine Dauer von 15 bis 17 Jahren hält sie für „unvorstellbar, da laufen uns die Patienten und Beschäftigen weg“. Darum stehe der Betriebsrat der Regio Kliniken weiterhin uneingeschränkt hinter den Plänen eines zentralen Klinikneubaus.
Bündnis Klinikrettung prophezeit Arbeitsplatzabbau
„Wir appellieren an die Vertreterinnen und Vertreter im Kreistag sowohl im Sinne einer hochwertigen medizinischen Versorgung der Bevölkerung als auch von attraktiven Arbeitsplätzen für die Beschäftigten diese Entscheidung nicht zu verzögern und die Weichen jetzt zu stellen“, so Herta Laages. „Vertrauen Sie denjenigen, die in der Sache Experten sind, und das sind nun mal diejenigen, die täglich 24 Stunden Krankenhaus leben.“
Dagegen warnt der ehemalige DGB-Chef Peter Brandt davor, dass mit der Absicht, mit der neuen Klinik für Synergieeffekte zu sorgen, weil lange Wege zwischen den Häusern unnötig würden, „Arbeitsplätze bedroht und wegfallen“ werden. Da auch keine befriedigenden Standards zur Personalbemessung existierten, bestehe „die Gefahr, dass die unerträgliche Arbeitsverdichtung zumindest nicht abnehmen wird“.
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Wohlklingende Äußerungen, man wolle mehr „Work-Life-Balance“ schaffen, wie sie Regio mit dem Neubau propagiere, würden durch nichts belegt. „Wir fragen uns, auf welcher Basis sollen Politik und Verwaltungen Entscheidungen treffen – aufgrund von mündlichen Zusagen und Versprechungen?“, wundert sich der Gewerkschafter, der sich der Initiativgruppe im bundesweiten Bündnis Klinikrettung angeschlossen hat, das kleinere Krankenhäuser vor der Schließung bewahren will.
Das grundsätzliche Problem, dass immer eine klinische Rund-um-die Uhr-Versorgung an sieben Wochentagen mit ärztlicher Anwesenheit sichergestellt sein muss, könnte sich aus seiner Sicht sogar verschärfen, so Brandt. Weil die Standortfrage nicht geklärt sei und es für Mitarbeiter und Patienten zu längeren Fahrtzeiten mit Pkw und ÖPNV kommen könnte als heute. Brandt: „Auch die vorgesehene Schließung einer Notfallaufnahme kann die Kapazität und Qualität der Daseinsvorsorge mindern. Hier bleiben die Aussagen von Sana viel zu unpräzise.“
Großklinik in Pinneberg: Landrätin will zum klaren Votum beitragen
Genau das will die SPD verhindern und fordert deshalb, „die Standortauswahl einer Zentralklinik transparent und öffentlich im gegenseitigen Einvernehmen“ zu klären. Ebenso müsse das zukünftige medizinische Leistungsspektrum der einzelnen Fachabteilungen in der neuen Klinik mit dem Mitgesellschafter Kreis Pinneberg gemeinsam erarbeitet und beschlossen werden, fordert Fraktionschef Stahl. Um noch ausreichend Zeit für eine intensive Beratung und Ausarbeitung der Forderungen seitens der Regio Kliniken zu ermöglichen, soll Landrätin Heesch beim Mehrheitseigner Sana um „Vertagung der Entscheidung“ bitten, so Stahl.
Landrätin Elfi Heesch selbst sagt zu dem Thema Neubau eines Großkrankenhauses oder Sanierung der bisherigen Altstandorte: „Das Ziel des Kreises Pinneberg ist es, für eine umfassende bedarfsgerechte und regional vernetzte Gesundheitsversorgung im Kreis Pinneberg zu sorgen und in diesem Rahmen eine zukunftsfähige Krankenhausversorgung sicherzustellen. Deshalb ist die Aufgabe für uns als Verwaltung jetzt, die Sachlage bestmöglich aufzubereiten und die Fragen der Politik zu beantworten, damit diese eine klare Entscheidung treffen kann.“