Quickborn/Itzehoe. Weil Irmgard F. nicht zum Prozess erschienen war, kam sie in U-Haft. 96-Jährigen wird Beihilfe zum Mord in 11.000 Fällen vorgeworfen.

Nach fünf Tagen in der Untersuchungshaftanstalt ist Irmgard F. vorerst wieder frei. Der Haftbefehl gegen die 96 Jahre alte Angeklagte, die sich vorigen Donnerstag dem KZ-Prozess vor dem Landgericht Itzehoe durch Flucht entzog, ist heute Vormittag gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt worden. Vorausgegangen war eine Haftbeschwerde ihres Verteidigers Wolf Molkentin, dem die Itzehoer Richter teilweise stattgaben. Zu diesem Termin war Irmgard F. erneut dem Gericht vorgeführt worden.

Die in einem Altenheim in Quickborn-Heide lebende Seniorin war zwischen 1943 und 1945 als Schreibkraft im Konzentrationslager Stutthof bei Danzig tätig und muss sich vor der Jugendkammer des Landgerichts Itzehoe wegen Beihilfe zum Mord in mehr als 11.000 Fällen verantworten.

Stutthof-Prozess: 96-Jährige in Hamburg verhaftet

Den Prozessauftakt vorigen Donnerstag schwänzte sie. Statt zum Gericht ließ sich die 96-Jährige mit einem Taxi zum U-Bahnhof Norderstedt-Mitte fahren und verschwand. Erst am Nachmittag wurde die auf einen Rollator angewiesene Frau von der Polizei an der Langenhorner Chaussee entdeckt und zum Gericht gebracht.

Zwischenzeitlich hatten die Richter einen Haftbefehl gegen die 96-Jährige wegen Fluchtgefahr erlassen, der auch vollzogen wurde. Am Donnerstagabend kam die älteste Untersuchungsgefangene Schleswig-Holsteins in die JVA Lübeck. Die konnte Irmgard F. nun wieder verlassen, nachdem die Haftbeschwerde ihres Verteidigers Erfolg hatte.

Nachdem Irmgard F. am Donnerstag nicht zum Prozess vor dem Landgericht Itzehoe erschienen war, erließ ein Richter umgehend einen Haftbefehl.
Nachdem Irmgard F. am Donnerstag nicht zum Prozess vor dem Landgericht Itzehoe erschienen war, erließ ein Richter umgehend einen Haftbefehl. © dpa

Die Dritte Große Jugendkammer setzte den Haftbefehl gegen Auflagen außer Vollzug. Die Auflagen betreffen Sicherungsmaßnahmen, die sicherstellen sollen, dass Irmgard F. zum nächsten Prozesstag am 19. Oktober erscheint. Dann soll die Anklage verlesen werden. Der Prozess selbst ist bis zum Juni 2022 angesetzt. Ob die 96-Jährige nun in ihr Altenheim zurückkehrt oder zunächst woanders untergebracht wird, ist nicht bekannt.